Bis ich dich endlich lieben darf. Denise Hunter
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„Das tu ich doch gar nicht! Ich rufe nur an, um dich zu fragen, ob ich dir heute Abend etwas aus dem Roadhouse zu essen mitbringen soll.“
„Nein. Du wolltest dich nur vergewissern, ob ich mich vielleicht mit den Gardinenschnüren erdrosselt habe oder so.“
„Jetzt werd mal nicht albern. Ich habe ja nicht mal Gardinen.“
„Paige!“
Okay, also gut, sie wich ihm – zumindest in Gedanken – nicht von der Seite. Aber was war, wenn in ihrer Abwesenheit tatsächlich etwas passierte? Was, wenn er stürzte und nicht wieder aufstehen konnte?
„Tut mir leid. Ich will dich wirklich nicht mit meiner Fürsorge erdrücken, aber ich mache mir eben Sorgen um dich. Ich wünschte, ich könnte es mir leisten, mir eine Weile frei zu nehmen.“
„Um was zu tun? Hier bei mir zu sitzen und mir zuzuschauen, wie ich meine Übungen mache? Ich kann mich gut selbst versorgen und komme prima allein zurecht. Außerdem habe ich immer mein Handy bei mir, und wenn ich etwas brauche, dann rufe ich dich an.“
Bei dem Gedanken, mehr loslassen zu müssen, spürte sie ein heftiges Ziehen im Bauch. Aber wahrscheinlich würde sie ihn in den Wahnsinn treiben, wenn sie ihn nicht losließ. „Versprochen?“
„Großes Ehrenwort.“
In dem Moment klingelte das Glöckchen über der Tür, und weil Lauren gerade Mittagspause hatte, musste Paige sich kurzfassen. Außerdem machte sie sich eine innere Notiz, nach der Arbeit auf dem Heimweg im Roadhouse vorbeizufahren.
Als Paige nach vorne zum Empfang ging, stand Margaret LeFebvre dort am Tresen.
Sie sah frisch aus wie immer. Ihr modischer Kleidungsstil und ihre elegante Figur erinnerten Paige immer an Diane Keaton. Margaret war die Besitzerin des Primrose Inn und außerdem im Vorstand des Tierheims.
Obwohl die Frau sie freundlich anlächelte, hatte Paige ein mulmiges Gefühl, als sie sie sah.
„Margaret. Das ist ja eine Überraschung. Wie geht es Ihnen denn?“
Margaret nahm ihre Brille ab, sodass sie an einer Kette um ihren Hals baumelte, und antwortete: „Gut, meine Liebe. Das Hotel läuft gut, und meine Tochter hat gerade ihr Baby bekommen.“
„Ach, da gratuliere ich herzlich! Das ist Ihr viertes Enkelkind, oder?“
„Ja. Aber es ist das erste Mädchen.“ Sie holte ihr Handy aus der Tasche, zeigte Paige ein Foto von dem schlafenden Baby und dann noch zwölf weitere unterschiedliche Aufnahmen.
„Ach, ist die niedlich“, sagte Paige immer wieder.
„Sie heißt Sophia Grace, nach meiner Mutter. Das hätte ihr bestimmt gefallen.“
„Was für ein schöner Name. Sie freuen sich doch bestimmt auch darüber, oder?“
„Ja, wirklich. Ich wünschte nur, sie würde in der Nähe wohnen, aber ich fahre demnächst hin, um sie zu besuchen. Allerdings nur für ein paar Tage. Durch das Hotel bin ich ziemlich angebunden, aber ich liebe meine Arbeit nun mal.“
Jetzt legte sie den Kopf ein wenig auf die Seite und sagte: „Als ich gerade in der Stadt war, habe ich erfahren, dass der Callahan-Junge wieder zurück ist.“
„Ja, das stimmt. Es ist schön, ihn wieder da zu haben.“
„Er hat es ja anscheinend ziemlich schwer gehabt.“
„Ja, aber er hat einen hervorragenden Physiotherapeuten und wird sicher bald wieder auf den Beinen sein. Im Moment wohnt er bei mir.“
„Ja, das habe ich auch gehört. Seien Sie bloß vorsichtig. Solche Traumata können viel anrichten bei einem Menschen. Der Sohn einer Freundin von mir war ein völlig anderer Mensch, als er aus dem Irak zurückkam. In sich gekehrt, depressiv, wütend und gewalttätig. Er ist mit dem Gesetz in Konflikt geraten und sitzt jetzt im Gefängnis. Es ist wirklich ein Jammer.“
Paige richtete sich bewusst etwas auf, während sie sich gleichzeitig daran erinnerte, wie sie quer durch den Raum geschleudert worden war. Aber das war etwas anderes. Riley hatte geschlafen und nicht gewusst, was er tat.
„So etwas würde Riley niemals tun. Er ist stark und sehr selbstständig. Er wird es schaffen.“
„Ja, sicher, meine Liebe“, sagte Margaret und ließ ihr Handy wieder in ihre Handtasche gleiten. „Haben Sie vielleicht ein paar Minuten Zeit zum Reden?“
Paiges Brustkorb fühlte sich an, als würde gerade eine Zentnerlast darauf gepackt. „Ja, klar. Lauren ist gleich aus der Pause zurück. Kommen Sie doch mit nach hinten“, sagte sie und ging voraus in ihr Büro.
Der holzvertäfelte Raum war klein, und in der Mitte stand ein alter Eichenschreibtisch. Paige sorgte immer dafür, dass ihr Arbeitsplatz sauber und aufgeräumt war, und ob es nach Hund roch, konnte sie schon lange nicht mehr sagen, weil sie sich so sehr an den Geruch gewöhnt hatte. Die einzige Dekoration in dem Büro war ihr Riesenfarn in der einen Ecke und ein Foto mit allen Callahans auf dem Schreibtisch, das vor ein paar Jahren am Nationalfeiertag aufgenommen worden war. Unmittelbar bevor der Auslöser betätigt worden war, war sie auf Rileys Rücken gesprungen, und der Schnappschuss zeigte deutlich, wie überrascht er gewesen war.
„Setzen Sie sich doch“, sagte Paige und deutete auf den einzigen weiteren Stuhl im Raum. „Kann ic’h Ihnen etwas anbieten? Wasser oder Kaffee?“
„Nein, danke. Ich habe gerade im Frumpy Joe’s zu Mittag gegessen, und mein Magen hat sich noch nicht wieder ganz davon erholt.“ Margaret rutschte auf dem Stuhl hin und her, sodass ihre Basthandtasche knisterte.
Paige legte ihre verschränkten Hände vor sich auf die Schreibtischplatte, versuchte, die aufsteigende Angst zu beschwichtigen, und sagte: „Ich merke ja, dass etwas nicht stimmt, Margaret, also wieso sprechen wir nicht einfach offen darüber?“
Daraufhin schaute Margaret sie mitfühlend an und sagte: „Also es fällt mir wirklich schwer, denn ich weiß ja, wie viel Ihnen das Tierheim bedeutet, Paige, und wie hart Sie hier arbeiten, aber ich habe leider schlechte Nachrichten.“
Paige wappnete sich, und ihr Herz pochte jetzt heftig. Das Tierheim wurde schon seit einer ganzen Weile mit einem Minimalbudget betrieben, daher kamen jetzt alle möglichen Befürchtungen in ihr hoch. Vielleicht war noch ein weiterer Sponsor abgesprungen, oder sie mussten für die bisher kostenlosen Serviceleistungen etwas berechnen? Davor scheute sie jedoch immer noch zurück, denn es gab so viele Leute, die sich eine Impfung oder Sterilisation einfach nicht leisten konnten, und beides war ungemein wichtig.
„Sagen Sie mir doch bitte einfach, was los ist. Ich verkrafte es schon.“
Daraufhin lächelte Margaret sie sichtlich angestrengt an und sagte: „Wir müssen das Tierheim leider schließen.“
Das verschlug Paige erst einmal die Sprache. „Was? Nein!“
„Ich verstehe ja, dass Sie das erschüttert …“
„Wir können nicht schließen, Margaret. Die Stadt braucht uns, und