Zwei gegen Ragnarøk. Hans-Jürgen Hennig
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Читать онлайн книгу Zwei gegen Ragnarøk - Hans-Jürgen Hennig страница 32
Links von ihr saß Sölvi und rechts Falki. Die beiden schauten sich plötzlich an und wussten, dass einer von ihnen nun Platz für Alfger machen musste. Falki sah in Sölvis Gesicht, das plötzlich einen traurigen und bittenden Ausdruck annahm, und ganz leise flüsterte er zu Sölvi: „Ich mach schon Platz, bleib sitzen.“
Falki ahnte, was in Sölvi vorging, wenn er in Hildas Nähe war, aber er wusste auch, dass Sölvi keine Chance hatte, weil es einfach Alfger gab.
„Na, hast du endlich deinen Platz gefunden?“, kam Alviturs kräftige Stimme vom Feuer.
Alviturs einziges Auge schaute streng zu dem jungen Mann herüber und Alfger beeilte sich ganz schnell, auf seinem Platz, unsichtbar zu werden, aber nicht ohne Hilda ein gewinnendes Lächeln zu schenken.
Hildas Gesicht wurde ganz sanft und mit einem gehauchten: „Na endlich“, rutschte sie ganz dich an Alfger heran.
Das, durch die kleine Störung hervorgerufene Getuschel verebbte und alle schauten wieder erwartungsvoll auf den Mann am Feuer.
Alvitur verdeckte immer sein fehlendes Auge mit einem farbigen Band. Heute hatte er ein oranges Band gewählt, das einen schönen Kontrast zu seinem weißen Haar und seiner blauen Tunika darstellte. Trotz eines strengen Zuges, der sein edles Gesicht zeichnete, wusste jeder, dass Alvitur ein sehr gütiger Mann, mit feinsinnigem Humor war, der auch seine Freude daran hatte, wenn ihn die Kinder, hinter vorgehaltener Hand, mit Odin verglichen.
Alvitur nahm einen Schluck von dem dampfenden Gebräu, das Fifilla ihm hingestellt hatte und machte ein genießerisches Gesicht.
Was sich in dem Krug befand, wussten nur er und sie und es war ihr Geheimnis.
Bedächtig stellte Alvitur den Becher wieder ab und schaute mit ernstem Blick in die Runde. Bei den Kindern verharrte er etwas und musterte die Kleinen mit seinem Auge, Kind für Kind.
Die Erwachsenen lächelten in sich hinein und die Halbwüchsigen feixten, wenn sie das sahen. Alle wussten, das gehörte zu Alviturs Zeremonie des Erzählens.
Hilda hatte diesmal das Gefühl, als ob Alviturs Auge länger auf ihr ruhte, als üblich. Wie gut, dass Alfger jetzt neben ihr saß und sie hatte auch nichts dagegen, dass er seinen Arm um sie gelegt hatte.
Alvitur legte seinen Kopf etwas zurück und schloss sein Auge für einen Moment und Stille trat ein. Man meinte, die Mäuse zu hören, die hier auf flinken Füßen Krümel vom Boden sammelten. Das Feuer knisterte und sein flackerndes Licht tauchte alles in eine goldene Stimmung, in der selbst die Atemzüge der Leute zu hören waren. Unvermittelt fragte Alvitur in die Runde: „Sagt mal Leute, leben wir hier in Björkendal, in unserer Gemeinschaft, gut? Leben wir nach unseren Gesetzten, nach unseren Bräuchen, wie es schon seit langen Zeiten hier Sitte ist?“
Zustimmendes Gemurmel setzte ein und ein paar Kinderstimmen riefen laut: „Ja!“
Alviturs Stimme wurde eindringlicher: „Diejenigen unter euch, die mich schon lange kennen, wissen, dass ich viel von dieser Welt gesehen habe, so viel, dass es bestimmt für zwei Leben reichen würde. Wir feiern unsere Feste, wir opfern Odin und Freyja, wir machen alles so, wie es für unser Volk, seit langen Zeiten richtig war und trotzdem verändert sich die Welt.“ Alviturs machte eine kleine Pause und sein Blick wanderte wieder von einem zum anderen. Dann fuhr er fort: „Sie verändert sich so, wie wir es eigentlich nicht wollen und in einem Tempo, das mir manchmal Angst macht. Die unter euch, die gelegentlich auf Handelsreisen sind, wissen sehr gut, was ich meine. Unsere Götter scheinen gegen diesen Wandel machtlos zu sein. Werden sie streben? Ist das der Beginn von Ragnarök? Können wir überhaupt etwas dagegen tun?“ Etwas leiser, fast flüsternd, fuhr er fort: „Vielleicht, doch wenn, dann können das aber nur wenige, von den Göttern ausgewählte Leute sein.“
Als Reaktion, auf Alviturs Gedanken, hörte man wieder ein paar gemurmelte Worte, und Hilda merkte instinktiv, dass da etwas in ihrem Kopf war, das sie noch nicht greifen konnte und sie spürte ein heftiges Kribbeln, als Alviturs Blick wieder auf ihr ruhte. Einen Schauer lief ihr über den Rücken und sie drückte sich fester an Alfger. Hilda kam sich plötzlich ganz klein vor, aber wiederum auch wach und von Alvitur angezogen.
„Ihr wisst alle, was Ragnarök bedeutet“, nahm Alvitur seine Erzählung wieder auf. „Ja, das ist der Untergang unserer Welt, so wie wir sie heute kennen und auch der Untergang unserer Götter, die Ragnarök deshalb auch fürchten. Es gibt selbst unter ihnen auch solche, die die Ihrigen verraten haben und die Welt in ein Chaos stürzen wollen.“ Seine Stimme wurde wieder leiser, aber fast beschwörend. „Ihr kennt bestimmt auch seinen Namen. Es ist der, den Odin als Sohn annahm, der aber die Ursache vieler Übel wurde.“
Wieder tuschelten einige ganz leise und ein Kinderstimmchen piepste fragend: „Loki?“
„Was hat er getan, dieser Loki, der Wahlsohn von Odin?“, drang nun Alviturs Stimme auffordernd an die gespannt lauschenden Zuhörer.
Alvitur beugte sich vor und sein Gesicht lag nun voll im Schein des Feuers. Sein Auge schaute so eindringlich in die Menge, dass die Kinder unter seinem Blick förmlich schrumpften.
Die Bedrohung, die aus Alviturs Worten sprach, empfand Hilda plötzlich ganz deutlich. Ihr war mit einem Male so, als ob Alviturs Worte nur an sie gerichtet waren. Sie begann nervös Alfgers Hand zu drücken und lauschte aber weiter Alviturs Worten.
„Obwohl Loki von Odin als Sohn erwählt wurde und mit einer Asin verheiratet war, verriet er die Asen und zeugte mit einer Riesin zusammen drei Kinder.“
Alvitur hob seine Hände leicht an, wie um seine Worte zu unterstreichen und sprach dann mit eindringlicher Stimme weiter: „Lokis Kinder, das waren der Wolf Fenrir, eine riesige Schlange und ein Mädchen, in den Farben halb blau und halb wie ein Mensch gefärbt. Odin und die anderen Asen erfuhren natürlich von Lokis Frevel und Odin befragte seine Runen nach der Bedeutung dieser Wesen.“
Alvitur machte eine kleine Pause und angespanntes Atmen war von den Kindern zu hören. Manche hörte man auch ängstlich die Erwachsenen fragen.
Das Feuer knisterte mit einem male viel stärker und plötzlich flogen, laut knallend, Funken durch den Raum, dass alle zusammenzuckten.
Alvitur hob, Achtung gebietend, eine Hand und lehnte sich dann aber mit einem geheimnisvollen Lächeln zurück. Er trank einen Schluck von seinem Gebräu, wobei sein Blick weiterhin über den Becherrand auf den Zuhörern weilte. Er fuhr fort: „Alle Antworten, die Odin erhielt, bedeuteten nichts Gutes. Großes Unheil war die Botschaft der Runen und so beschlossen die Asen Lokis Nachkommen einzufangen und nach Asgard19 zu bringen, um das Schlimmste zu verhindern. Alle Asen verurteilten Loki und meinten, dass er ein Verderber der Welt sei. Nur Odin selbst nahm seinen Wahlsohn noch in Schutz, denn er glaubte immer noch an Lokis guten Kern.“ Alvitur hielt inne und zeigte auf das Feuer, in der Mitte der Runde. „Odin verglich Loki mit der Kraft des Feuers, das zwar zerstören kann, das aber auch allen Wärme gibt.“ Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, hielt Alvitur seine Hände mit den Handflächen zum Feuer und schloss kurz die Augen. Leises Getuschel war zu hören und dann aus der Menge die Worte: „Stimmt ja auch!“ Alviturs einäugiger Blick ging suchend dorthin, woher eben die Worte kamen, dann fuhr er fort: „Ja, was wären wir ohne das Feuer, aber Loki ist nicht das Feuer und das erkannten die Asen. Sie berieten weiter, was sie mit Lokis Kindern machen sollten, ob sie diese vielleicht wie das Feuer zähmen und sie nutzbar machen könnten. Sie fanden aber keine wirklich kluge Lösung und so nahm Odin die inzwischen schon riesig gewachsene Schlange und warf sie ins Meer, wo sie aber noch beträchtlich weiter wuchs und letztendlich die ganze Welt der