Die Weisheit der Götter. Rupert Schöttle
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Weisheit der Götter - Rupert Schöttle страница 4
Was war Ihr bewegendstes Musikerlebnis?
Ich habe so viele gehabt … Klavierabende von Rubinstein, Konzerte mit Kubelik …
Womit verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit?
Lesen, Theater, Kino.
Was hören Sie in Ihrer Freizeit?
Nichts.
Sind Interpretationsschemata dem Zeitgeist unterworfen?
Ja und Nein. Nein, weil der Text ja gleich bleibt. Was in den Noten steht, und damit meine ich auch, was zwischen den Zeilen steht, ergibt allerdings mehr Möglichkeiten, als in einer Aufführung realisierbar sind. Ein Kunstwerk ist wie ein Berg. Man sieht nur einen Teil, wenn man vor ihm steht, der andere bleibt verborgen, es beinhaltet also viel mehr, als der Mensch auf einmal erkennen kann. Und jeder Zeitgeist legt einen anderen Akzent auf die Sichtweise.
Welche Art von wissenschaftlicher Forschung würden Sie unterstützen?
Die musikalische Erziehung.
Würden Sie noch einmal geboren, was würden Sie anders machen?
Zuerst einmal würde ich versuchen, ein paar falsche Töne weniger zu spielen. Ansonsten bin ich zufrieden, weil ich meinen Frieden mit meinen Grenzen geschlossen habe. Ich versuche, stets mein bestes Niveau zu erreichen. Niemand spielt zufällig besser, als er ist, er spielt zufällig schlechter, weil er aus irgendeinem Grund nicht in idealer Form ist. Unser Bestes ist unser Niveau, und danach müssen wir streben.
Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Mein Gedächtnis, mein Gehirn, meine Vitamine. Mein Gedächtnis, um nichts von meinem Wissen zu vergessen, mein Gehirn, dass ich dies immer wieder neu erarbeiten kann, und meine Vitamine, dass ich die Kraft dafür habe.
Welches Motto steht über Ihrem Leben?
Kein Motto.
DER KOMPROMISSLOSE
BERTRAND DE BILLY
* 11. Jänner 1965, Paris
Der Beruf eines Dirigenten wurde Bertrand de Billy nicht in die Wiege gelegt.
Obwohl er sich bereits als Fünfjähriger vor dem heimischen Plattenspieler in Pose warf und das unsichtbare Orchester dirigierte, mit einem Buch in der Hand, das ihm als „Partitur“ diente. Allerdings nahmen seine Eltern, beide nicht eben musikbegeistert, dies nicht allzu ernst und taten es als Kinderei ab. Doch so leicht ließ sich der Filius nicht entmutigen. Er trat einem Chor bei, was er heute als die „beste musikalische Erfahrung“ seiner Kinderzeit bezeichnet. Als Instrument hatte er die Violine gewählt. Glücklicherweise hatte er eine ambitionierte Lehrerin gefunden, die ihn so weit ausbildete, dass er am „Conservatoire national“ in Paris studieren konnte. Zum Entsetzen seines Vaters, der ihm nach dem ersten Gespräch mit seiner Professorin beschied: „Es ist eine Katastrophe, du bist begabt!“ Doch dieser Schock hielt glücklicherweise nur kurz an – sein Talent wurde nun auch von zu Hause aus gefördert.
Nach dem Studium begann er seine professionelle Musikerkarriere als Geiger und Bratschist bei zwei kleineren Orchestern der französischen Hauptstadt. Doch schon nach kurzer Zeit genügte es ihm nicht mehr, seine musikalischen Vorstellungen innerhalb eines Kollektivs auszuleben. Kurzerhand stand er also auf und stellte sich 1986 vor sein Orchestre symphonique des Jeunes d’Île-de-France, wo er für die nächsten vier Jahre als Chefdirigent die gesamte symphonische Bandbreite von der Barockmusik bis zur Moderne durchmessen konnte. Die fehlende Erfahrung der jugendlichen Musiker wurde durch ihre Begeisterung aufgewogen. Die Erfolge, die de Billy mit seinem ambitionierten Ensemble feiern konnte, riefen schließlich sogar das Kulturministerium auf den Plan, das ihn vorlud und zur Zurückhaltung ermahnte, da er mit seinen Studenten so manchem professionellen Orchester den Rang ablaufe. Seine Reaktion auf diese Zurechtweisung war eindeutig: In einer Pariser Kirche führte er mit seinem Orchester triumphal das Verdi-Requiem auf.
Nach einer einjährigen Assistenz bei Philippe Entremont wurde er 1990 zum stellvertretenden Generalmusikdirektor des Pariser Orchestre Colonne ernannt. Weil ihn dies offensichtlich nicht ausfüllte, das Geigenspiel hatte er unterdessen gänzlich aufgegeben, gründete er in demselben Jahr mit der Académie de l’Île Saint-Louis sein eigenes Orchester, dem er bis 1994 vorstand.
Für viele überraschend zog de Billy 1993 in die deutsche Provinz um, wo er für die nächsten zwei Jahre als stellvertretender Generalmusikdirektor an das Anhaltinische Theater in Dessau ging, um sich intensiver mit der Oper auseinandersetzen zu können. Offensichtlich mit Erfolg, denn seine nun dynamisch ansteigende Karriere machte er vorerst an verschiedenen Opernbühnen. Nach seinem Debüt an der Wiener Volksoper im Jahre 1994 wurde de Billy 1996 für zwei Jahre als Erster Kapellmeister an dieses Haus berufen.
Zu diesem Zeitpunkt war er schon ein gefragter Dirigent, der an den größten Opernhäusern wirkte. Ob Londons Covent Garden, wo er 1995 debütierte, an der Pariser Opéra Bastille (Debüt 1996), den Staatsopern in Berlin (1996), Hamburg (1997) und München (1997) oder dem Théâtre de la Monnaie in Brüssel: Überall war de Billy ein gern gesehener Gast.
Ein weiterer Karriereschub setzte 1997 ein, als Placido Domingo einer Vorstellung von Ambroise Thomas’ Hamlet an der Wiener Volksoper beiwohnte. Denn der große Sänger, Leiter der Opernhäuser in Washington und Los Angeles, war von der Leistung des Dirigenten so angetan, dass er ihn spontan dazu einlud, Charles Gounods Roméo et Juliette in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten einzustudieren. Was offensichtlich zu Domingos größter Zufriedenheit verlief, denn nach seinem beachtlichen Erfolg in Washington bat er den jungen Dirigenten, im darauffolgenden Jahr auch in Los Angeles zu dirigieren. Und zwar eine Carmen, in der er selbst den Don José singen sollte. Als weiteres Zeichen seines uneingeschränkten Vertrauens in die Fähigkeiten de Billys empfahl ihn der Tenor gleich noch an die Metropolitan Opera in New York, wo er, wiederum mit Roméo et Juliette, einen solchen Erfolg feierte, dass er seitdem regelmäßig an Amerikas berühmtestem Opernhaus gastiert.
Eine weitere Bewährungsprobe stand de Billy im Jahre 1999 bevor. Gerade war das Gran Teatro del Liceu in Barcelona nach einem Brand wiedereröffnet worden, als er dort zum Generalmusikdirektor ernannt wurde. Dafür hatte er sich viel vorgenommen. Innerhalb von fünf Jahren wollte er dem herabgewirtschafteten Opernhaus wieder zu altem Glanz verhelfen und vor allem das Orchester einer weitreichenden Reform unterziehen.
Als Grundlage für seine ehrgeizigen Pläne sollten die Werke Wagners und Mozarts dienen. Nach seiner Meinung bildet Mozart die Grundlage der Spielkultur, während Wagners Opern die technischen Herausforderungen beinhalten, die die Musiker zu ihrer Perfektionierung benötigen. Folgerichtig beinhalteten seine 16 Premieren, die er in fünf Jahren dirigierte, sämtliche große Mozart-Opern sowie einen viel beachteten Tristan und die Ring-Tetralogie.
Sein Ruf als außerordentlicher Operndirigent war inzwischen so weit gediehen, dass er im Jahr 2002 erstmals bei den Salzburger Festspielen mit gleich zwei Produktionen betraut wurde. Mit den