Maria Theresia. Katrin Unterreiner

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Maria Theresia - Katrin Unterreiner

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Fragen wurden mir nicht nur während meiner Tätigkeit als Fremdenführerin in Wien, sondern auch später als wissenschaftliche Leiterin der Schloss Schönbrunn Kultur- und BetriebsgesmbH immer wieder gestellt. Um die gängigsten Klischees und Legenden rund um die Habsburger der historischen Realität gegenüberzustellen, hatte ich vor ein paar Jahren die Idee zum Buch Die Habsburger – Mythos und Wahrheit, dessen großer Erfolg mich inspirierte, anlässlich des 200. Geburtstages Kaiserin Maria Theresias einen neuen Band zu schreiben. In diesem Buch drehen sich die Fragen ausschließlich rund um die populäre Habsburgerin und ihre große Familie, die schon zu ihren Lebzeiten für viel Aufregung, Verwirrung und zahlreiche Anekdoten sorgten. Um dem historischen Kern der vielen Legenden auf die Spur zu kommen bzw. um sie als populäre Erfindungen zu entlarven, sind die historischen Quellen nötig: Briefe, Tagebücher, Denkschriften und Memoiren vertrauter Zeitgenossen. Zu den spannendsten Quellen zählen neben dem regen Schriftverkehr Maria Theresias mit ihren Kindern und Vertrauten bis heute die Tagebücher ihres Obersthofmeisters Fürst Khevenhüller sowie Berichte der nach Wien gesandten Botschafter. Am ergiebigsten sind jene des Grafen Podewils, der detaillierte Berichte an Friedrich verfasste und dabei auch auf alle schon damals verbreiteten Gerüchte einging – auch wenn seine Einschätzung nicht immer den Tatsachen entsprach, da es dem Wiener Hof in vielen Fragen geschickt gelang, den preußischen „Spion“ zu täuschen und in die Irre zu führen. Aber auch die zahlreichen noch erhaltenen Briefe von und an die Kaiserin – vor allem an enge Vertraute wie Rosalia „Salerl“ Edling, Sophie Enzenberg und Maria Antonia von Sachsen – erlauben einen unmittelbaren Einblick in ihre Gedankenwelt, ihre Sorgen und Alltagsprobleme. Ein besonderes Vergnügen stellen die Briefe ihres Mannes Franz Stephan dar, die in lautmalerischem Französisch geschrieben sind und damit für äußerst unterhaltsame Stunden im Staatsarchiv sorgten. An dieser Stelle möchte ich mich ein weiteres Mal ganz herzlich beim Team des Haus-, Hof- und Staatsarchivs bedanken, das mir stets hilfreich zur Seite stand – allen voran bei Direktor Thomas Just, der mir wieder wertvolle Tipps und Hinweise für meine Recherchen gab und entscheidend dazu beigetragen hat, dass ich auch neue, bislang unbeachtete Quellen sichten konnte.

       Der Vater: Kaiser Karl VI. Porträt nach einem Stich von Christoph Weigel.

      Pragmatische Sanktion für Maria Theresia?

      Karl VI. stand vor einem Dilemma. Der überraschende frühe Tod seines älteren Bruders Joseph I. im Jahre 1711, der bei seinem Tod „nur“ zwei Töchter hinterließ, hatte ihm vor Augen geführt, dass die Erbfolge schnell auf eine andere Linie wechseln konnte. Er selbst hatte bei seiner Thronbesteigung noch keine Kinder und mit der Rückkehr seiner Gemahlin Elisabeth Christine aus Spanien nach Wien – die in der Hoffnung, Spanien für die Habsburger retten zu können, als Statthalterin ihres Mannes bis 1713 in Barcelona zurückgeblieben war – hatten sich Rangstreitigkeiten mit der Witwe Josephs sowie deren Töchtern ergeben. Denn seine Nichten ließen langsam, aber sicher Erbansprüche für sich und ihre Nachkommen anklingen – war doch die Ehe des Kaisers bis dahin nach wie vor kinderlos geblieben. Karl sah sich daher gezwungen, die Erbfolge der gegebenen Situation anzupassen, und erließ vor diesem Hintergrund 1713 die sogenannte Pragmatische Sanktion, in der die Erbfolge in allen habsburgischen Ländern erstmals einheitlich geregelt wurde. Zwei Punkte waren dabei entscheidend: Der habsburgische Besitz wurde als unteilbar und untrennbar erklärt, womit eine Erbteilung verhindert werden sollte, und die Erbfolge wurde zwar nach dem Gesetz der Primogenitur in männlicher Linie, bei Aussterben im Mannesstamm jedoch auch in weiblicher Linie bestimmt. Damit wurde nicht nur die weibliche Erbfolge möglich, sondern auch insofern umgekehrt, als Karls potentielle Töchter vor jenen seines älteren Bruders erbberechtigt waren und die Töchter Josephs I. ausschließlich im Fall einer gänzlich kinderlosen Ehe Karls das Erbe antreten können sollten. Da Karl bei der Bekanntmachung der Pragmatischen Sanktion gerade einmal 28 Jahre alt war, war allerdings noch mit zahlreichen Kindern und damit Erben zu rechnen – dass die weibliche Erbfolge tatsächlich einmal zum Tragen kommen sollte, erwartete der junge Kaiser damals wahrscheinlich nicht wirklich. Erst als das erste Kind erst 1716 geboren wurde – ein Sohn, der jedoch ein paar Monate nach seiner Geburt verstarb – und danach drei Töchter, Maria Theresia 1717, Maria Anna 1718 und Maria Amalia 1724, folgten und die Kaiserin nicht mehr schwanger wurde, wurde die Situation immer heikler. Die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion durch die europäischen Fürsten wurde für Karl immer wichtiger und der Kaiser begann, seine gesamte Politik darauf zu fokussieren. In seinem verbissenen Bemühen um ihre Sicherung machte er sich allerdings zunehmend erpressbar und war in seiner Politik äußerst eingeschränkt. Den Ratschlag des Prinzen Eugen, seines wichtigsten Feldherrn und Beraters, die Kräfte lieber auf ein schlagkräftiges Heer und finanzielle Reserven zu konzentrieren, schlug er in den Wind und erkaufte sich in mühevollen jahrzehntelangen Verhandlungen die Zustimmung der europäischen Mächte um den Preis zahlreicher territorialer Verzichte. Neapel-Sizilien wurde an Spanien abgetreten, Sardinien erhielt einen Teil der Lombardei, Lothringen ging an Frankreich. Auch handelspolitische Verzichte blieben nicht aus. So erfolgte auf Druck Englands und Frankreichs die Liquidierung der wirtschaftlich erfolgreichen, 1722 gegründeten Ostendischen Kompanie (Ostender Kompanie), die den Kaufleuten und Schiffsbesitzern der Österreichischen Niederlande den uneingeschränkten Handel mit Ostindien zugesichert hatte. Gleichzeitig war er von diesen Machtkämpfen so abgelenkt, dass er eine Modernisierung des Staates, der Verwaltung und innenpolitische Reformen verabsäumte. Prinz Eugen sollte Recht behalten. Die teuer erkauften Anerkennungen der Pragmatischen Sanktion waren 1740 das Papier nicht wert, denn die europäischen Mächte dachten nicht daran, sich an ihre Zusagen zu halten, und sahen ihre große Chance gekommen, das mächtige Habsburgerreich, dessen Schicksal nun in den Händen einer 23-jährigen Frau lag, endlich zu besiegen und unter sich aufzuteilen. Doch mit einem hatten sie nicht gerechnet: mit dem Mut, der Energie, dem guten Auftreten in der Öffentlichkeit und vor allem dem politischen Geschick der jungen Erzherzogin.

       Das lange Ringen um die Pragmatische Sanktion: Im „Pactum mutuae successionis“ zwischen den Erzherzögen Joseph und Karl vom 12. September 1703 wurde für den Fall eines Aussterbens der männlichen Nachkommenschaft erstmals auch die Erbfolge der Frauen vorgesehen. (Haus-, Hof- und Staatsarchiv)

      Die Heirat war eine glückliche Fügung des Schicksals in einer Zeit, in der Hochzeiten in aristokratischen Kreisen nichts mit Liebe zu tun hatten.

      Franz Stephans Vater Herzog Leopold von Lothringen bemühte sich als Sohn der habsburgischen Erzherzogin Eleonora und Karls von Lothringen, der seit der Besetzung Lothringens durch die Franzosen am Wiener Hof im Exil lebte, zeit seines Lebens, die verwandtschaftlichen Verhältnisse zu den Habsburgern zu pflegen. Er selbst war bei seiner Mutter in Innsbruck aufgewachsen und später an den Hof seines Onkels und Paten Kaiser Leopold I. geschickt worden, um sowohl eine höfische Bildung zu erhalten als auch seine „Karrierechancen“ zu verbessern – war doch sein Herzogtum nach wie vor von Frankreich besetzt und seine Zukunft ungewiss. So wuchs er gemeinsam mit seinen Cousins Joseph und Karl – den späteren Kaisern Joseph I. und Karl VI. – auf und festigte damit die familiäre Verbundenheit. 1697 schlug schließlich seine Stunde, als Frankreich nach einigen militärischen Niederlagen Lothringen räumen und Leopold als Herzog von Lothringen anerkennen musste. Er übersiedelte nach Nancy und heiratete eine Nichte Ludwigs XIV., Prinzessin Elisabeth Charlotte von Bourbon-Orléans. Doch das Glück währte nur kurz, mit Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges besetzten die Franzosen erneut Nancy und der Herzog musste sich mit seiner Familie nach Lunéville zurückziehen. Dennoch residierte er feudal in seinem neu errichteten prächtigen Schloss und galt als äußerst kunstsinniger und populärer Herzog. Im Hinblick auf die unsichere und unbefriedigende Situation seines Herzogtums ist es nachvollziehbar, dass er die Allianz mit dem Wiener Hof festigen wollte und daher konsequent seinen Plan verfolgte,

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