Maria Theresia. Katrin Unterreiner

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Maria Theresia - Katrin Unterreiner

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dafür aus, die Ruhe aufrechtzuerhalten. Maria Theresia wurde schlagartig klar, dass sie sich nicht auf diese Berater verlassen konnte, die sich an die neue Situation weder anpassen konnten noch wollten, zuerst so taten, als wäre nichts, und danach mutlos resignierend Maria Theresia erst recht im Stich ließen und in ihren Augen völlig nutzlose Vorschläge machten. An den böhmischen Kanzler Philipp Graf Kinsky schrieb sie verärgert: „Was vor (für) Grillen (närrische, schrullige Ideen), warumb solche Gesichter, reden ist notwendig und nicht die arme Königin noch mehr zu decouragieren (entmutigen), sondern ihr helfen und raten. Morgen früh komme er zu mir.“14 Daher sparte sie später auch nicht mit Kritik an ihrem Vater, den sie zwar sehr geliebt, der sie jedoch so völlig unvorbereitet gelassen hatte: „Da sich der unvermuthete betrübliche Todes-Fall meines Herrn Vatters Höchstseeligster Gedächtnis ereignet und vor mich umb so viel mehr schmertzlich ware, weilen nicht allein selben verehret und geliebet als einen Vattern, sondern als wie die mindeste Vasallin als meinen Herrn angesehen und also doppelten Verlust und Schmertzen empfunden und damalhen die zu Beherrschung so weitschichtiger und vertheilter Länder erforderliche Erfahr- und Känntnüss umb so weniger besitzen können, als meinem Herrn Vattern niehmals gefällig ware, mich zur Erledigung weder der auswärtigen noch inneren Geschäfte beyzuziehen noch zu informieren; So sahe mich auf einmal zusammen von Geld, Trouppen und Rat entblößet. Keine Erfahrung in Ansehung derer Räte wohnete mir bey und eben darumben die natürliche Weise damahls gehabte grosse Timiditaet (Ängstlichkeit) und Diffidenz (Mißtrauen), welche gedachte Unerfahrenheit zur Ursach hatte, die Auswahl deren so sehr benöthigten Ratschlägen und Informationen sehr erschwerete.“15

       Der Krönungszug Maria Theresias führte vom Platz Am Hof zum Stephansdom. Zeitgenössischer Kupferstich.

      Europas Mächte sahen ihre Chance gegen die mächtigen Habsburger gekommen. Preußen marschierte in Schlesien ein und Bayern, das die Pragmatische Sanktion nie anerkannt hatte, schloss sofort mit Preußen, Frankreich und Spanien ein Bündnis gegen Österreich, womit sich Maria Theresia nicht nur mit einem Krieg gegen Preußen um Schlesien, sondern mit einem Krieg gegen Europa um ihr gesamtes Erbe konfrontiert sah. In Ungarn wurde sie zwar zur Königin gekrönt, aber erst dank einer flammenden Rede, in der sie den ungarischen Reichstag um militärische Unterstützung bat, erreichte sie die Stellung eines ungarischen Aufgebots, ohne das sie im Erbfolgekrieg chancenlos gewesen wäre. Dennoch blieb die Situation im Land mehr als prekär und der Ausgang der Kriege und ihr Schicksal waren absolut ungewiss. Als Prag vom bayerischen Kurfürsten Karl I. erobert wurde und sich dieser am 19. Dezember 1741 zum böhmischen König krönen ließ, verloren sogar Maria Theresias Minister die Hoffnung und einige fielen ihr sogar – um ihre privaten Interessen zu schützen – in den Rücken: „Gesamte meine Ministri anstatt Muth Mir zuzusprechen, ließen solchen gänzlich sinken, und liessen nicht undeutlich sich verlautten, als ob sie alles für nicht viel weniger als desperat anseheten, ja es sucheten so gar einige sich zu retirieren (zurückzuziehen) und verlohren sich letztlich so weit, dass einige davon sich nicht gescheuet, die Erlaubnis von mir anzusuchen, dem Curfüsten nach seiner zu Prag vor sich gegangenen Crönung wegen ihrer in Böhmen liegenden Gütern schriftlich zu huldigen. Ich allein, ohne eytlen Ruhm zu melden, ware etwa die jenige, die unter allen diesen Drangsalen den meisten Mut annoch beybehielt …“16

      Als Karl kurz darauf sogar als Karl VII. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewählt wurde, huldigten ihm zahlreiche österreichische Städte und selbst in Wien schlug die Stimmung in der Bevölkerung zugunsten des neuen Wittelsbacherkaisers um, wie auch folgender Maueranschlag aus Wien belegt:

       Vivat!

       Der Kaiser ist tot,

       Wir bekommen jetzt großes Brot.

       Der Lothringer ist uns zu schlecht,

       Der Bayer ist uns eben recht.17

      Doch Maria Theresia zeigte gerade in dieser beinahe aussichtslosen Situation ihre Stärke. Unermüdlich und mit großem Zorn, als Frau nicht selbst ins Feld ziehen zu können, versuchte sie dafür „wenigstens“ ihre weiblichen Vorteile zu nutzen, um zumindest die Stimmung im Land zu bessern, und startete eine wohldurchdachte PR-Offensive: Sie zeigte sich strahlend schön, charmant und optimistisch in der Öffentlichkeit, pflegte ihr Image als unglückliches Opfer der europäischen Aggressoren, gab sich volksnah und aufgeschlossen, ließ jedermann zur Audienz vor und sorgte mit populären Sofortmaßnahmen für Stimmung. Grundnahrungsmittel wurden verbilligt und die Maßnahmen öffentlichkeitswirksam in den Zeitungen verlautbart: „Brot, Wein und Fleisch ist auf einen billigeren Preis gesetzt worden, welches bei den gegenwärtigen Zeiten starken Eindruck hat. Ferner haben Ihro Majestät den Schluß gefaßt, viel Wildpret fällen zu lassen … Die Klerisei (Kirche) und die weltlichen Herrschaften ist anbefohlen worden, ihre Kornspeicher zu öffnen und den Vorrat um einen billigen Preis abzustehen. Das Brot wird viel größer gebacken … zur Erleichterung des gemeinen Mannes (ist) die königliche Verfügung ergangen, daß das Rindfleisch, welches sonst in den Wintermonaten teurer geworden, um zwei Pfenninge unter dem bisherigen Preis … ausgehauen werden soll.“18 Der preußische Gesandte schilderte ihre Charmeoffensive folgendermaßen: „Bei ihrer Thronbesteigung fand sie das Geheimnis, sich die Liebe und Bewunderung aller Welt zu erringen. Ihr Geschlecht, ihre Schönheit, ihr Unglück trugen nicht wenig dazu bei, daß die Lobeserhebungen, an denen die vom Hofe besoldeten Journalisten nicht sparten, günstig aufgenommen wurden. Sie nahm sich in Acht und zeigte sich nur von der guten Seite, leutselig, fromm, freigebig, wohltätig, volkstümlich, mutig, hochherzig, gewann sie sich bald die Herzen der Untertanen, die sich die Regung der Zuneigung, welche sie anfangs für den verstorbenen Kaiser Karl VII., den ehemaligen Kurfürsten von Bayern, empfunden hatten, als Verbrechen vorwarfen … Sie gab jedem Audienz und las selbst die Bittschriften, kümmerte sich um die Rechtspflege, ließ sich die Regierungsgeschäfte angelegen sein, bedachte den einen mit guten Worten, den anderen mit einem Lächeln oder einer verbindlichen Wendung, machte ihre abschlägigen Antworten erträglich, gab großartige Versprechungen, trug äußerste Frömmigkeit zur Schau … liebte den Prunk, ließ Schauspiele aufführen … und beklagte sich über das Unglück, in das ihre Feinde sie gestürzt hätten, nannte sich untröstlich, wider ihren Willen gezwungen zu sein, ihre Widerwärtigkeiten mit ihren treuen Untertanen teilen zu müssen, versprach, bei Gelegenheit den Eifer eines jeden zu belohnen, versicherte Ungarn, ihre alten Vorrechte wiederherstellen und bestätigen und ihren alten Beschwerden abhelfen zu wollen, trug Geistesstärke zur Schau, bot ihrem Unglück Trotz und versuchte, durch ihren Mut ihren Untertaten solchen einzuflößen.“19

      Und tatsächlich: Die Stimmung schlug um, Zuversicht machte sich breit und die junge Königin festigte nicht nur im Land ihre Position, sondern gewann immer mehr Rückhalt und damit finanzielle Unterstützung, die für eine erfolgreiche Verteidigung ihres Reiches unerlässlich war. Podewils schilderte: „Man hörte Lobeserhebungen über diese Fürstin. Jeder erhob sie in die Wolken … Das Volk ertrug die Steuern, ohne zu murren. Die Großen schossen Geld vor, oft ohne darauf zu warten, daß man sie bat. Die Ungarn drängten sich, für sie zu kämpfen. Die Offiziere dienten mit Freuden zum halben Sold, da sie sie überzeugte, es sei nicht ihre Schuld, daß sie ihnen jetzt nicht mehr gebe. Jeder stand ihr voll Eifer bei und beeilte sich, sich für die beste aller Fürstinnen aufzuopfern. Man vergötterte sie. Alle Welt wollte ihr Bild haben. Niemals erschien sie in der Öffentlichkeit, ohne daß das Volk sie umdrängte.“20

       Neue Zuversicht machte sich breit: Maria Theresias Ritt auf den Pressburger Krönungshügel. Ölgemälde von Philipp Ferdinand von Hamilton.

      Maria Theresia überzeugte aber nicht nur mit Charme, Schönheit und guter Laune. Im Gegenteil, sie imponierte (vor allem auch den Männern) dadurch, dass sie sich selbst

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