Dienstanweisung für einen Unterteufel. C. S. Lewis

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Dienstanweisung für einen Unterteufel - C. S. Lewis

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      VI

      Mein lieber Wormwood, zu meiner großen Freude höre ich, dass das Alter und der Beruf deines Patienten es möglich, aber keineswegs gewiss erscheinen lassen, dass er zum Militärdienst einberufen wird. Halten wir ihn in der größtmöglichen Ungewissheit, sodass seine Gedanken voller widersprüchlicher Bilder von der Zukunft sind, von denen jedes entweder Hoffnung oder Furcht erweckt. Durch nichts lässt sich der Geist eines Menschen so gut gegen den Feind verbarrikadieren wie durch Spannung und Angst. Er möchte, dass die Menschen sich darüber Gedanken machen, was sie tun; unsere Aufgabe ist es, sie über das nachdenken zu lassen, was ihnen passieren wird.

      Natürlich wird dein Patient bereits den Gedanken aufgeschnappt haben, dass er sich geduldig unter den Willen des Feindes beugen muss. Was der Feind damit meint, ist in erster Linie, dass er geduldig die Trübsal annehmen soll, die ihm tatsächlich auferlegt ist – nämlich die gegenwärtige Angst und Spannung. Davon soll er sagen: »Dein Wille geschehe«, und für die tägliche Aufgabe, das zu erdulden, wird ihm das tägliche Brot zuteil werden.

      Deine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass der Patient niemals diese gegenwärtige Furcht als das Kreuz betrachtet, das ihm auferlegt ist, sondern immer nur die Dinge, vor denen er sich fürchtet. Darin lass ihn seine Kreuze sehen. Lass ihn vergessen, dass sie einander widersprechen und ihm darum nicht alle widerfahren können. Lass ihn versuchen, sich ihnen allen gegenüber im Voraus in Tapferkeit und Geduld zu üben. Denn sich wirklich gleichzeitig in ein Dutzend verschiedener und hypothetischer Geschicke zu fügen ist beinahe unmöglich, und der Feind gibt denen, die es versuchen, nicht viel Hilfestellung: Die Fügung in gegenwärtiges und tatsächliches Leiden ist viel leichter und wird meist von ihm unmittelbar unterstützt.

      Hier zeigt sich ein wichtiges geistliches Gesetz. Ich habe dir bereits erklärt, wie du seine Gebete schwächen kannst, indem du seine Aufmerksamkeit vom Feind selbst weg auf seine eigenen Vorstellungen vom Feind lenkst.

      Andererseits ist die Furcht leichter zu meistern, wenn der Patient sich statt auf die gefürchtete Sache auf die Furcht selbst konzentriert, sie als gegenwärtigen und unerwünschten Geisteszustand betrachtet. Wenn er die Furcht als sein auferlegtes Kreuz ansieht, wird er sie unweigerlich als einen Geisteszustand auffassen.

      Darum lässt sich die allgemeine Regel formulieren: Bei allen Aktivitäten, die unserer Sache dienlich sind, halte den Patienten dazu an, sich selbst zu vergessen und sich auf das Objekt zu konzentrieren. Bei allen Aktivitäten dagegen, die dem Feind dienlich sind, lenke seine Gedanken zurück auf sich selbst.

      Lass seine Aufmerksamkeit durch eine Beleidigung oder den Körper einer Frau so gefesselt werden, dass er nicht dazu kommt, zu denken: »Ich gerate jetzt in den Zustand, den man Zorn nennt – oder in den Zustand, den man Begierde nennt.« Umgekehrt, lass seine Aufmerksamkeit durch den Gedanken »Meine Empfindungen werden jetzt andächtiger oder liebevoller« so sehr an sein Inneres gefesselt werden, dass er nicht mehr dazu kommt, über sich selbst hinauszublicken und unseren Feind oder seine Nächsten wahrzunehmen.

      Was seine allgemeine Einstellung zum Krieg angeht, so darfst du dich nicht zu sehr auf jene Gefühle des Hasses verlassen, über die die Menschen so gerne in ihren christlichen oder antichristlichen Zeitschriften diskutieren. Natürlich kann der Patient in seiner Not dazu angehalten werden, sich durch Hassgefühle gegenüber den deutschen Führern zu rächen, und das ist soweit auch schön und gut. Aber dahinter verbirgt sich meist nur ein melodramatischer oder mythischer Hass gegenüber imaginären Sündenböcken.

      Im wirklichen Leben ist er diesen Leuten nie begegnet – es sind nur Pappkameraden, die er aus dem Material modelliert, das ihm die Zeitungen liefern. Die Resultate eines solchen eingebildeten Hasses sind oft höchst enttäuschend, und von allen Menschen sind die Engländer in dieser Hinsicht die beklagenswertesten Jammerlappen. Sie sind Geschöpfe von jener erbärmlichen Sorte, die lauthals verkündet, die Folter sei noch zu gut für ihre Feinde, und dann dem ersten verwundeten deutschen Piloten, der an ihrem Hintereingang auftaucht, Tee und Zigaretten anbietet.

      Wie du es auch anstellst, es werden sowohl Güte als auch Bosheit in der Seele deines Patienten vorhanden sein. Der große Trick besteht darin, die Bosheit auf seine unmittelbaren Nächsten auszurichten, denen er jeden Tag begegnet, und ihn die Güte in weite Ferne schleudern zu lassen, zu Leuten, die er nicht kennt. Auf diese Weise wird die Bosheit völlig real, während die Güte weitgehend imaginär bleibt.

      Es nützt nicht das Geringste, seinen Hass gegen die Deutschen zu entfachen, wenn sich gleichzeitig zwischen ihm und seiner Mutter, seinem Vorgesetzten und dem Mann, dem er im Zug begegnet, eine unheilvolle Gewohnheit der Nächstenliebe ausbildet.

      Stell dir deinen Mann als ein System konzentrischer Kreise vor, deren innerster sein Wille ist, danach sein Verstand, schließlich seine Fantasie. Du kannst wohl kaum erhoffen, mit einem Schlag aus allen Kreisen alles auszumerzen, was nach dem Feind riecht. Aber du musst beharrlich alle Tugenden nach außen schieben, bis sie schließlich im Kreis der Fantasie angesiedelt sind, während du alle wünschenswerten Eigenschaften nach innen in den Kreis des Willens verlagerst.

      Nur wenn sie den Willen erreichen und dort in Form von Gewohnheiten Gestalt gewinnen, sind die Tugenden wirklich fatal für uns. (Natürlich meine ich damit nicht das, was der Patient irrtümlich für seinen Willen hält, nämlich seine ständigen schaumschlägerisch verbissenen Vorsätze und Entschlüsse, sondern das wahre Zentrum, das Herz, wie es der Feind nennt.) Auch die höchsten Tugenden, die er sich in der Fantasie ausmalt, mit dem Verstand befürwortet oder gar liebt und bewundert, werden einen Mann nicht vor dem Haus Unseres Vaters bewahren: Sie könnten ihn sogar noch unterhaltsamer machen, wenn er dort ankommt.

      Herzlichst,

      Dein Onkel Screwtape

      VII

      Mein lieber Wormwood, ich bin erstaunt, dass du mich fragst, ob es wichtig sei, den Patienten über deine Existenz im Dunkeln zu lassen. Diese Frage ist uns, zumindest für die gegenwärtige Phase des Kampfes, vom Oberkommando bereits beantwortet worden. Im Augenblick besteht unsere Strategie darin, uns zu tarnen. Natürlich ist das nicht immer so gewesen. Wir stehen wirklich vor einem grausamen Dilemma.

      Wenn die Menschen nicht an unsere Existenz glauben, gehen uns all die Annehmlichkeiten des unmittelbaren Schreckens verloren, und wir gewinnen keine Zauberer und Geisterbeschwörer. Glauben sie andererseits an uns, können wir keine Materialisten und Skeptiker aus ihnen machen. Zumindest noch nicht.

      Ich hege große Hoffnung, dass wir mit der Zeit lernen werden, wie wir ihre Wissenschaft so sehr emotionalisieren und mythologisieren können, dass sich praktisch ein Glaube an uns (wenn auch nicht als solcher bezeichnet) einschleichen kann, während der menschliche Verstand gleichzeitig für den Glauben an den Feind verschlossen bleibt.

      Die »Lebenskraft«-Theorie, die Verherrlichung des Sex und manche Aspekte der Psychoanalyse könnten sich hier als nützlich erweisen. Haben wir erst einmal unser vollkommenes Meisterwerk hervorgebracht – den materialistischen Magier, den Menschen, der das, was er »Kräfte« nennt, nicht nur gebraucht, sondern geradezu anbetet, doch gleichzeitig die Existenz von »Geistern« leugnet –, dann wird das Ende des Krieges in Sicht sein. Doch in der Zwischenzeit müssen wir unseren Befehlen gehorchen.

      Ich glaube nicht, dass es dir sehr schwer fallen wird, den Patienten im Dunkeln zu halten. Die Tatsache, dass »Teufel« nach moderner Vorstellung vorwiegend komische Figuren sind, wird dir eine Hilfe sein. Sollte sich auch nur ein leiser Verdacht, dass du existierst, in seinem Geist regen, gaukele ihm ein Bild von irgendeiner Figur in roten Strumpfhosen vor und rede ihm ein, da er daran nicht glauben könne (eine alte Lehrbuch-Methode, sie

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