Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4. Группа авторов

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Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4 - Группа авторов

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der Christuskirche und des Staatlichen Gymnasiums sowie die Neubauten des Gesundheitsamtes und des Europahauses. Hinzu kam 1958 die Fertigstellung des Friedensplatzes mit seinen Bäumen und Wasserspielen und der Baubeginn am Litopalast als Rahmen für die Lichtburg.8 Nur knapp außerhalb des genannten Kreises lag das alte Geschäftszentrum Marktstraße, wo auch fieberhaft gebaut wurde, wo z. B. C&A Brenninkmeyer gerade ein neues Groß-Kaufhaus hochzog. Die bis 1956 getätigten Bauinvestitionen allein für Behörden- und Geschäftsgebäude im Stadtkern summierten sich auf mindestens 30 Millionen DM, trieben in diesem Bereich die Grundstückspreise nach oben, hatten aber, wie man hoffte, weite „Ausstrahlungen in das Oberhausener Geschäfts- und Wirtschaftsleben“.9 Mit der stürmischen Bautätigkeit einher ging das rasante Wachstum der Stadtsparkasse, die im Januar 1957 ihr neues, drei Millionen DM teures Gebäude an der Marktstraße eröffnete.10

       Abb. 2: Das wieder aufgebaute Theater, 1949

      Parkplatzprobleme waren die zwangsläufige Folge der vielen neuen Gebäude, die in der Innenstadt hochgezogen wurden, ebenso wie des stark ansteigenden PKW-Verkehrs: „‚Ruhender Verkehr‘ quillt über“, titelte der „Generalanzeiger“ 1957. Die Photos, die das Problem mit dem „ruhenden Verkehr“ illustrieren sollten, nimmt der heutige Leser eher mit Schmunzeln zur Kenntnis: Auf der Nohlstraße zählt man um die Mittagszeit etwa zehn geparkte Autos, auf der Gewerkschaftsstraße sechs, auf der Saarstraße neun und auf der Gutenbergstraße acht Fahrzeuge.11

      Anders als im Umkreis der „Verkehrsspinne“ an der Schwartzstraße funktionierte im Oberhausener Norden die Bebauung nicht plangemäß. Zwar widersprach niemand den Parolen: „Unsere Zukunft liegt im Norden“ oder „Stadt wandert zum Wald“.12 Mancher träumte auch von einer Straßenbahnlinie bis zum Forsthaus Specht im Norden von Bottrop. Aber die Realisierung des am Buchenweg, im Sterkrader Norden, geplanten „Villenviertels“ kam nicht so recht voran. Dort sollte eigentlich attraktives Baugelände bereitgestellt werden, um Oberhausener Bürger, die viel Einkommenssteuer zahlten, in der Stadt zu halten. Die Erschließung dieses Geländes stagnierte aber, was den SPD-Fraktionsvorsitzenden Meinicke zu der bissigen Kritik veranlasste, Oberhausen sei in dieser Hinsicht noch „ein Dorf geblieben“. Wohlhabende bauwillige Einwohner neigten dazu, nach Mülheim, Kettwig oder Essen abzuwandern; diese Städte hätten „das Rennen gegen den Oberhausener Norden bisher klar gewonnen“. Der Kritiker Wilhelm Meinicke setzte in der Bauausschusssitzung durch, dass 40.000 DM für den Ausbau der Hagenstraße in Buschhausen verwendet wurden. Wohl nicht ganz zufällig lag dieses Projekt in seinem Wahlbezirk, was im „Straßenkampf“ um städtische Investitionen auch von den Genossen seiner eigenen Fraktion süffisant vermerkt wurde.13

       Abb. 3: Das Europahaus, 1956

      Bauland wurde in dieser Zeit bereits so knapp, dass im Bauamt damit begonnen wurde, die letzten Trümmergrundstücke und generell alle erschlossenen Flächen systematisch zu erfassen. Selbst über Enteignungen für den Fall, dass Grundstückseigentümer nicht selbst bauen wollten, wurde nachgedacht. Ob dies rechtlich überhaupt möglich war und ernsthaft erwogen oder nur als Drohung in den Raum gestellt wurde – allein die Erwähnung dieses Instruments mag die Grundstücksspekulation gebremst haben. Mit Erstaunen registrierten die Zeitgenossen in diesen stürmischen Aufbaujahren, mit wie wenig Eigenkapital man zum stolzen Besitzer eines Eigenheims werden konnte: Tausende bauten mit weniger als zehn Prozent eigenem Geld. Ein ganz besonders raffinierter Bauherr hatte es sogar mit nur 31,40 DM geschafft, sich ein Haus im Wert von 100.000 DM hinzusetzen. Das war der Stadtverwaltung aufgefallen, als dieser Herr die Ämter mit Beschwerden bombardierte.14

      Ausdruck des neuen Wohlstandes war auch schon der Massentourismus, der Mitte des Jahrzehnts mit voller Wucht einsetzte. Tausende Oberhausener entflohen „der sommerlichstickigen Dunstglocke des Kohlenpotts“, die meisten noch ins Sauerland, an die Nord- oder Ostsee, in den Schwarzwald oder ins Allgäu. Zunehmend verkauften die Reisebüros aber schon Pauschalreisen nach Mallorca und zu anderen Zielen am Mittelmeer, insbesondere in Italien. Selbst Flugreisen kamen schon in Mode.15

       Abb. 4: „Die Flucht ins Nasse!“ Bericht über das Freibad am Stadion Niederrhein, GA vom 27./​28. Juni 1959

      Die meisten Dunstglocken-Flüchtlinge fanden während der allsommerlichen Hitzewellen jedoch immer noch ganz in der Nähe Zuflucht in den Freibädern. „Die Flucht ins Nasse!“ titelte der Generalanzeiger seinen Bericht über das Freibad am Stadion Niederrhein. „Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die wasserlechzend hier zusammenkamen.“ Ein Luftbild diente als Beleg für die Notwendigkeit großer Freibäder: „Wir müssten sie heute bauen, wenn sie nicht bereits da wären.“16

       Frauen in neuen Berufen

      Noch rumpelten die alten Straßenbahnwagen, in denen der Fahrer stand und der Schaffner mit seinem Bauchladen Fahrscheine verkaufte und mit einem Seilzug die Glocke zur Abfahrt läutete, durch Oberhausens Straßen. Nicht nur Personen wurden mit diesen immer offenen Wagen transportiert, auch tonnenschwere Güterwaggons mit Kohle für die Stadtwerke zogen die guten alten Straßenbahntriebwagen durch die Mülheimer Straße.17 Im Personenverkehr brach im Herbst 1957 jedoch eine neue Zeit an: „Hundert Schaffnerinnen knipsen vom 1. Oktober an Ihren Fahrschein.“ Offenbar eine Sensation: Die Einstellung der Frauen als Schaffnerinnen. Die Photographen waren dabei, als sich ihre männlichen Kollegen an ihre Seite drängten, um ihnen zu zeigen, wie die Fahrscheine „geknipst“ wurden. Für die Oberhausener Schaffnerinnen deutete sich 1958 das Ende der alten, offenen Straßenbahnwagen an, mit ihren starren Achsen, die deshalb in den Kurven furchtbar quietschten. Die neuen Großraumwagen wurden vorgestellt mit bequemen Sitzen für den Fahrer und seinen Schaffner, der die Haltestellen jetzt über Lautsprecher ansagte, mit automatischen Türen, so dass niemand mehr auf- oder abspringen konnte, und mit einem gelenkigen Fahrwerk, damit es in den Kurven nicht mehr quietschte. 1959 nahmen die Stadtwerke die drei ersten hochmodernen Großraumwagen vom „Oberhausener Typ“ in Empfang.18 Doch dazu später!

      Die Einstellung der Frauen war durch die Arbeitszeitverkürzung auf 45 Stunden pro Woche notwendig geworden.19 Die 45-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst verstärkte aber nur einen Trend, der – ausgelöst durch den Wirtschaftsboom – seit längerem erkennbar war. Die Männer in den Redaktionsstuben der Zeitungen registrierten es mit Erstaunen: „Frauen erobern neue Berufe.“ In der Berufswelt angekommen, wiesen ihnen aber schon noch die Männer ihre Rolle zu, so z. B. der Krankengymnastin:

      „Von manchen Ärzten mit einem gewissen Misstrauen betrachtet, hat sich die Krankengymnastin inzwischen zu einer Helferin des Arztes entwickelt. Nicht nur in der Chirurgie und der Orthopädie, sondern auch in der inneren Medizin, der Nerven- und vor allem der Kinderheilkunde wird sie heute bereits als Helferin des Arztes herangezogen.“

      Großen Seltenheitswert hatte noch der Beruf der Bildmixerin für das Fernsehen: „Sie sitzen am Schaltbrett neben dem Regisseur und haben die Aufnahmen jeder Kamera vor sich.“ Häufiger war da schon der Beruf der Milchmixerin für die 370 deutschen Milchbars. Bei den Schneidern hatten die Frauen die Männer schon fast vollständig verdrängt. Neu war der aus den US. importierte Beruf der Zugsekretärin, die in Schnellzügen „von eiligen Geschäftsleuten“ Diktate aufnahm. „Übrigens haben diese Damen sehr große Heiratschancen, sehr viel größere als zum Beispiel die Damen, die berufsmäßig bei Schönheitskonkurrenzen aufkreuzen.“ Diese Anmerkung schien dem – natürlich männlichen – Journalisten nun doch wichtig zu sein.20 Der Weg zur Gleichberechtigung

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