Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4. Группа авторов

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       Tabelle 2: Herkunftsländer der ausländischen Wohnbevölkerung 1960 bis 1970

       Quelle: Stadt Oberhausen, Bereich Statistik und Wahlen, Zuwanderung in Oberhausen 1850 bis 2000, S. 52.

      Die Bevölkerungsentwicklung in Oberhausen kann als durchaus typisch angesehen werden für die Bundesrepublik insgesamt. Die BRD wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Einwanderungsland. „Aufs Ganze gesehen ist die zweite Republik mit den schier zahllosen Problemen, die durch diese Bevölkerungsbewegungen aufgeworfen wurden, auf eindrucksvolle Weise umgegangen, doch noch ist völlig offen, wann sie sich endlich der Herausforderung durch Schrumpfung, Alterung und Migration stellen wird.“32 In Oberhausen, wie in der Bundesrepublik insgesamt, haben viele Gruppen bei der Eingliederung der Migranten ins „Ruhrvolk“ mitgeholfen: In erster Linie die Einwanderer selbst, die Kollegen am Arbeitsplatz, die Gewerkschaften, die Schulen und Kindergärten, Kirchengemeinden und in vielen Wohnbezirken die Nachbarn. Nach dem Ende der Vollbeschäftigungsphase, d. h. seit der ersten Ölkrise von 1973, stellten sich die Probleme der Integration der Einwanderer allerdings neu, häufig schwieriger dar.

       Die Werke der GHH nach dem Krieg – nach wie vor Grundlage der Wirtschaft in Oberhausen

      Zwar war das Wirtschaftsleben der Stadt wie vor dem Krieg unverändert von „der Großindustrie“ geprägt. Durch die „Entflechtung“ unter der britischen Besatzung hatten sich aber die Strukturen grundlegend geändert. Schon im Dezember 1945 wurden alle Zechen des Ruhrgebiets der North German Coal Control (NGCC) unterstellt, das bedeutete für die GHH die Herauslösung aller Zechen aus dem Konzern. Im August 1946 wurde der GHH-Aktienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb und die GHH Oberhausen AG der Treuhandverwaltung der North German Iron and Steel Control (NGISC) unterstellt. Hermann Reusch, der Sohn des Firmenpatriarchen Paul Reusch, übernahm also schon einen gestutzten Konzern, als er am 23. Januar 1947 Vorstandsvorsitzender wurde. In seinem kompromisslosen Kampf gegen Entflechtung, Entnazifizierung, Sozialisierung und Montan-Mitbestimmung gebärdete er sich noch einige Zeit als Sprecher der ganzen Ruhrindustrie, steigerte sich aber im Verlauf der 1950er Jahre in eine „Wagenburgmentalität“ hinein – in Frontstellung auch gegen die Regierung Adenauer – und wurde später, als er z. B. die Hauptversammlung des GHH Aktienvereins immer auf „Kaisers Geburtstag“, den 27. Januar legte, zu einer eher „skurrilen“ Figur.33 Hermann Reusch konnte nicht verhindern, dass am 8. Februar 1947 durch die Treuhandverwaltung der NGIS. die „Hüttenwerke Oberhausen AG (HOAG)“ gegründet, die alte GHH dadurch in drei Teile aufgespalten wurde: Südlich des Rhein-Herne-Kanals lagen die Eisen- und Stahlwerke der HOAG, überwiegend nördlich davon die Zechen und in Sterkrade das einzige Werk der Weiterverarbeitung, das zugleich noch den Namen GHH trug. Als 1949 die Bundesrepublik gegründet wurde, war die HOAG der größte Stahlerzeuger der neuen Republik. Maßgeblich geleitet wurde die HOAG in den Anfangsjahren vom Arbeitsdirektor Karl Strohmenger, der auf Vorschlag der IG Metall in den Vorstand berufen worden war. Unter seiner Leitung wurde die paritätische Mitbestimmung eingeführt: Im Aufsichtsrat der HOAG saßen ab 1951 fünf Vertretern der Arbeitgeber fünf Arbeitnehmervertreter gegenüber. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich eine intime persönliche Feindschaft zwischen Karl Strohmenger und Hermann Reusch.

      Alle Versuche, die Entflechtung des GHH-Konzerns rückgängig zu machen, scheiterten. Am 28. Mai 1952 wurden die ehemaligen GHH-Zechen in eine neue Einheitsgesellschaft überführt, die den Namen „Bergbau-AG Neue Hoffnung“ erhielt, nachdem die GHH gegen den Namen „Bergbau-AG Gute Hoffnung“ ihr Veto eingelegt hatte. Konsequenterweise wurden auch die Namen des alten Konzerns geändert: Ab Juli 1953 gab es nur noch den „Gutehoffnungshütte Aktienverein“, und aus der „Gutehoffnungshütte Oberhausen AG“ wurde gleichzeitig die „Gutehoffnungshütte Sterkrade AG“. Die alte Eigentümerfamilie Haniel besaß zwar in den Nachfolgegesellschaften weiterhin die Aktienmehrheit, ihre Stimmrechte unterlagen jedoch Beschränkungen. 1959 übernahm die im Nachkriegsboom höchst erfolgreiche HOAG die schon kriselnden Zechen der Bergbau-AG „Neue Hoffnung“. Diese Fusion war aber nicht die Rückverflechtung des „vertikal“, von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Produkt durchorganisierten Konzerns, wie er Hermann Reusch vorschwebte. Nachdem alle Bemühungen um eine „Wiedervereinigung“ des Vorkriegskonzerns endgültig gescheitert waren, richtete sich der ganze Zorn von Hermann Reusch auf die Montanmitbestimmung. Als er sie im Januar 1955 bei der Hauptversammlung in Nürnberg als „das Ergebnis einer brutalen Erpressung durch die Gewerkschaften“ bezeichnete, folgten 800.000 Metallarbeiter und Bergleute im Revier aus Protest gegen diese verbale Entgleisung dem Aufruf zu einem eintägigen Warnstreik.34 Im verschneiten Oberhausen traten am 14. Januar 12.000 HOAG-Mitarbeiter, einen Tag später 16.000 Bergleute der „Neuen-Hoffnung“-Zechen in den Streik.35 Diese selbstbewusste Machtdemonstration der Gewerkschaften zeigte besser als alles andere, dass der GHH-Chef in der Mitte der 1950er Jahre längst nicht mehr der unumschränkte Herrscher „der Großindustrie“ in Oberhausen war – wie vor dem Krieg zu Zeiten seines Vaters Paul Reusch.

      Das gewachsene Selbstbewusstsein der Gewerkschaften war ohne Vollbeschäftigung in einer fast schon überhitzten Konjunktur nicht denkbar. Im Sommer 1955 waren in Oberhausen „nur noch 447 Männer ohne Arbeit“.36 Bei den Frauen waren noch 1.232 arbeitslos gemeldet, aber diese Zahl schaffte es nicht in die Schlagzeilen. Besonders spürbar war der Arbeitskräftemangel im Bergbau: „Aber woher weitere 1500 Bergleute nehmen?“ titelte der „Generalanzeiger“ Ende Juli.37 Die Bergbau-AG „Neue Hoffnung“ schüttete in diesem Sommer vier Prozent Dividende aus. Im Herbst wurde auch die Zeche „Franz Haniel“ als „Oberhausens nördlichste Industriebastion“ vereinnahmt. Zwar auf Bottroper Gebiet gelegen, sei diese Zeche „in allem doch unzweifelhaft unserer Stadt zugehörig“. Seit drei Jahren sei das Zechengelände eine riesige Baustelle. Vor allem ein modernes Kraftwerk wurde 1954 fertiggestellt. „Die Haniel-Schächte werden, auf allerdings weitere Sicht beurteilt, in die erste Reihe der Oberhausener Großbetriebe gehören.“38 Mit dieser Prognose lag der Journalist gewaltig daneben, aber 1955/​56, auf der Welle des historisch letzten Steinkohlebooms reitend, vernebelte ein grenzenloser Optimismus vielen den Blick. Die Concordia AG warb im Januar 1956 junge Bergleute mit besonderen Schichtprämien an.39 Gegenüber Ausländern war aber selbst der DGB anfangs noch misstrauisch: Man befürchtete, dass Kommunisten, z. B. aus Italien, in die Betriebe eingeschleust werden könnten.40 Ab Sommer 1956 wurden für den Ruhrbergbau Tausende von Italienern angeworben.41 Ein Jahr später wurden sogar 500 Japaner für den Bergbau ins Ruhrgebiet geholt.42 Modernisierung und Rationalisierung im Bergbau fanden ihren sinnfälligsten Ausdruck, als „Bubi“, Oberhausens letztes Grubenpferd, auf der Zeche Alstaden in Rente ging. Seit 1943 malochte der braune Wallach auf der Zeche Alstaden und legte dabei unter Tage angeblich eine Strecke zurück, die dem doppelten Erdumfang entsprach – so jedenfalls stand es in der Zeitung.43 Ein halbes Jahr später, an Pfingsten 1958, zwang der Absatzmangel die Oberhausener Zechen, die ersten Feierschichten einzulegen, erst bei Concordia, wo 13 Tagesförderungen auf Halde lagen, dann auch auf den Zechen der „Neuen Hoffnung“ und auf Alstaden.44 Erstmals wurde die Konkurrenz des Erdöls als preiswertem Brennstoff spürbar. Es würde nie mehr so sein wie früher. Dass dies der Anfang vom Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus war, machte sich allerdings noch niemand klar.

      Ein gewaltiger Boom, gerade auch in der „alten“ Schwerindustrie, Vollbeschäftigung, Mitbestimmung in den Aufsichtsräten der großen Konzerne und Massenstreiks zur Verteidigung dieser Errungenschaften gehörten jetzt ganz selbstverständlich zur Arbeitswelt der Industriestadt Oberhausen. Das war eine neue Erfahrung für die meisten Flüchtlinge, die nach 1945 in Oberhausen gelandet waren, aber auch für die Heimkehrer aus der Gefangenschaft, die überwiegend in den 1920er Jahren ja noch Kinder gewesen waren. Gleichzeitig blieben die menschlichen Kriegsfolgen noch lange präsent, auch als der beginnende Wirtschaftsaufschwung sie langsam aus dem Bewusstsein verdrängte.

       Wachablösung im Oberhausener Rathaus

      Bei

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