Das Wunder des Seins und seine Zerstörung. Holger Strohm
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Unsere Erde besteht aus einer flüssigen Kugel, auf der eine feste Kruste schwimmt. Die auf der Erde schwimmenden Platten stoßen aneinander, stauchen sich und bilden so Schluchten und Berge. Wäre die Erde völlig glatt, so läge ihre Oberfläche vier Kilometer unter Wasser. Und gäbe es nicht so viel Wasser, so wären die Landflächen der Erde mit einer 150 Meter hohen Salzschicht bedeckt, die kaum Leben zugelassen hätte.
Der Erdkern besteht aus einer glühenden, flüssigen Masse von der Temperatur der Sonnenoberfläche, die hauptsächlich aus Nickel und Eisen besteht. Da der Druck im Erdmittelpunkt ungefähr drei Millionen Mal höher ist als an der Erdoberfläche, wird der flüssige Kern zu einem festen Metallblock zusammengedrückt. Dieser rotierende, feste Metallkern wird wiederum von einer rotierenden, wirbelnden, flüssigen Metallmasse umschlossen. Dieses Prinzip gleicht einem gewaltigen Dynamo. So entsteht mit Hilfe der Erdrotation das elektromagnetische Feld, das unseren Planeten wie ein unsichtbarer Abwehrschirm vor dem kosmischen Strahlenbeschuss aus dem All und von unserer Sonne schützt. Der Großteil der radioaktiven Sonnenwinde mit ihren Temperaturen von 1200 bis 1500 Grad, die in rund 200 Kilometer Höhe auf den Magnetschirm prallen, werden an der Erde vorbei in den Weltenraum abgelenkt. Ohne diesen Schutz würden wir auf der Erde gegrillt.
Zur Urzeit war die Erde heiß und voller aktiver Vulkane, die ständig ihr Magma ausstießen. Mit ihm wurden große Mengen Wasserdampf, Wasserstoff, Stickstoff, Kohlendioxid, Methan, Schwefeldioxid und Ammoniak ausgespien. Die Vulkane spuckten die in der Erdkruste festgehaltenen leichten Elemente aus. So bekam die Erde zunächst eine Atmosphäre aus leichten, gasförmigen Substanzen, die jedoch für den Menschen absolut lebensfeindlich und tödlich gewesen wären. Der Wasserdampf und auch einige schwere Elemente schlugen sich in den Senken nieder. Jegliches Leben, das später folgte, passte sich an diese Gegebenheiten an. Die Toleranz allen Lebens für einzelne Elemente deckt sich unmittelbar mit ihrer Häufigkeit auf der Erdkruste. Ja, wir benötigen sogar einige giftige Substanzen in kleinen Mengen zum Leben. Alles Leben auf dieser Erde wurde unter den hiesigen Bedingungen erschaffen. Zur Urzeit bestand das Land aus erkalteten vulkanischen Ausbruchsmassen und aus nacktem Felsen von Granit und Basalt. Wind und Regen zerkleinerten durch Erosion die Felsen und bildeten eine Oberfläche aus Sand und Staub.
In der Urzeit, als es noch keine Lufthülle aus Sauerstoff gab, war die energiereiche Strahlung der Sonne, die normalerweise alles Leben vernichtet, als Energiequelle zum Aufbau der ersten organischen Lebensbausteine notwendig. Die in der Atmosphäre enthaltenen Kohlenstoff-, Stickstoff- und wasserstoffhaltigen Moleküle, Methan, Kohlendioxid, Ammoniak und weitere einfache Verbindungen, wurden ständig durch starke Wolkenbrüche aus der Atmosphäre gewaschen. Durch Wind und Wellen wurden sie in der obersten Wasserschicht ständig durchmischt. Dadurch fügten sich Moleküle zu größeren Bausteinen zusammen und wurden wiederum durch die harte UV-Strahlung der Sonne in ihre Ausgangsbestandteile zerlegt. Einige der Großmoleküle sanken in tiefere Wasserschichten ab, in denen sie von der energiereichen Strahlung geschützt waren, während an der Oberfläche ständig neue Verbindungen entstanden und wieder aufgespalten wurden. Dadurch bildete sich freier Sauerstoff in der Atmosphäre. Dieser bildete einen Filter gegen die schädliche Sonnenstrahlung, so dass sich neue Moleküle wie Nukleinsäuren und Eiweiße bilden konnten.
Im Laufe der Zeit bildeten sich Pflanzen, die zur Photosynthese fähig waren und somit weiteren Sauerstoff erzeugten. In höheren Zellen befinden sich Mitochondrien. Sie sind die Kraftwerke der Zellen. Durch die Atmung und durch aufgenommene Nahrungsmittel wird durch den Sauerstoff Energie gewonnen und gespeichert, die die Zellen zur Aufrechterhaltung zahlloser Funktionen benötigen. Fast alle irdischen Lebewesen, mal abgesehen von einigen seltenen Bakterienarten, sind auf den Sauerstoff als Energieproduzent für ihren Stoffwechsel angewiesen. Durch den erhöhten Sauerstoffgehalt konnten sich neue Lebensformen bilden. Zudem ergab sich, dass in höheren Luftschichten Sauerstoff von der Sonnenstrahlung aufgespalten wurde und Ozon bildete. Die Ozonschicht wiederum schützte die Erde zusätzlich vor der energiereichen Strahlung der Sonne, so dass sich erneut neue Lebensformen bilden konnten. So erzeugte sich das Leben die Bedingungen, die es für ein weiteres Wachstum benötigte. In allen Abschnitten der Evolution passten sich die Lebewesen ständig neu an die bestehenden Konditionen an. Schritt für Schritt wurden die Ausgangsbedingungen verändert, so dass sich das Leben optimieren konnte.
Dabei erwies sich der Aufbau der Lufthülle als äußerst wichtig. Denn ohne Atmosphäre wäre die Erde für uns unbewohnbar. Durch den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid wurde das pflanzliche und tierische Leben erst ermöglicht. Die Atmosphäre bildet auch einen wirksamen Schutz gegen kleine Meteoriten. Durch ihre hohe Eintrittsgeschwindigkeit werden sie durch die Luftreibung so stark erhitzt, dass sie oberhalb der Erdoberfläche verglühen. Unsere Atmosphäre dient auch als eine wirksame Klimaanlage. Die tagsüber einstrahlende Sonnenwärme wird gespeichert und mildert die nächtliche Abkühlung. Ohne Lufthülle hätte die Erde eine Durchschnittstemperatur von minus 50 Grad und wäre eine leblose Eiskugel. Winde sorgen für den Austausch des Luftdruckes und der Temperaturunterschiede. Sie bewegen die Wolken und verursachen Regen und sind somit auch für die Erosion der Felsen und Gesteine verantwortlich, die wiederum Staub und Erde produzieren, die so wichtig für die Pflanzen sind. Ohne eine Atmosphäre gäbe es kein Wetter und die Temperaturen wären extrem und lebensfeindlich – ähnlich wie auf dem Mond.
Doch gelegentlich kam es durch sich verändernde Abstände zur Sonne, durch gewaltige Vulkanausbrüche, Veränderungen ozeanischer Strömungen oder großen Methanfreisetzungen aus Permafrostböden zu einschneidenden Klimaveränderungen. So gab es vor etwa 2,2 Milliarden Jahren eine all umfassende Vereisungsperiode. Auch vor 850-635 Millionen Jahren erfolgte eine Super-Eiszeit (Cryogenium) mit einem Temperatursturz um 45 Grad. Vermutlich war die gesamte Erdoberfläche mit einer 800 Meter dicken Eisschicht bedeckt. Dadurch wurden die Sonnenstrahlen reflektiert, so dass der Planet auf ewig vereist geblieben wäre. Doch riesige Vulkanausbrüche sorgten für den Umschwung. Ihm folgte das Kambrium mit einer Explosion des Lebens. Andererseits war die Erde in gewissen Zeiträumen völlig eisfrei, so dass der Meeresspiegel stark anstieg. Selbst in der Antarktis herrschten für 20 Millionen Jahre tropische Temperaturen, so dass durch ihre Wälder Dinosaurier streiften.
Dabei sorgen bestimmte Eigenschaften des Wassers dafür, dass das Leben auf der Erde überhaupt möglich ist. Wasser zieht sich bei sinkenden Temperaturen zusammen. Knapp oberhalb des Gefrierpunktes dehnt es sich wieder aus. Deshalb schwimmt Eis auf dem Wasser und hält die Wärme zurück. Wenn das Eis nach unten sinken würde, würde die Wärme aus dem Wasser entweichen und Gewässer würden schnell zufrieren.
Unser blauer Planet sorgt fast gesetzmäßig immer wieder für optimale Lebensbedingungen und ermöglichte so, dass organische Moleküle und aus ihnen Organe und immer komplizierteres Leben entstanden. Die Energie, die die Sonne lieferte, diente als Motor und verband alles Lebendige in einem alles umfassenden Kreislauf. Sie sorgte dafür, dass das Leben aus dem Meer das Festland eroberte und die Welt von immer mehr Pflanzen überwuchert wurde. Das Leben explodierte, immer neue Molekülgruppen bildeten sich und probierten alle Möglichkeiten des Lebens aus. Für jeden Versuch, der überlebte, starben Tausende Fehler. Sie waren nicht effektiv genug, um eine weitere Fortpflanzung zu rechtfertigen.
Leben ruht nie, immerfort versucht es, sich anzupassen, wirkungsvoller und widerstandsfähiger zu werden. Mit jedem Meteoriteneinschlag oder anderen Naturkatastrophen wurde das Leben durcheinander gewirbelt. Arten starben aus, neue entstanden und mussten im ständigen Wettbewerb mit anderen Spezies und sich ständig verändernden Umweltbedingungen immer wieder aufs Neue ihre Existenz verteidigen. So hat das Leben im Laufe von vielen Millionen Jahren alles ausprobiert und jeden Fehler ausgemerzt. Was übrig blieb, war der Umwelt optimal angepasst. Es war Leben in angenäherter Perfektion entstanden.
Vor 440 Millonen Jahren erreichte es, unter optimalen Bedingungen, seinen Höhepunkt. Es entstanden pfeilschnelle Fische und riesige Meeresreptilien, die wiederum die Vorläufer von Arten waren, die dann das Land besiedelten.