Das Wunder des Seins und seine Zerstörung. Holger Strohm

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Das Wunder des Seins und seine Zerstörung - Holger Strohm

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besitzen, organische Verbindungen einzugehen. Viele solcher Vorstufen sind auch in den Weiten des Alls in Meteoriten gefunden worden. Es wird argumentiert, diese Moleküle des Lebens gäbe es überall, und somit kann Leben überall im Universum entstehen. 2008 entdeckten amerikanische Astronomen, dass sich in den Gas- und Staubscheiben um junge Sterne, aus denen Planeten entstehen, Vorstufen des Lebens befinden. Bei ihnen handelte es sich um Tholine, komplexe Moleküle aus Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff. Sie werden als Vorläufer noch komplexerer Moleküle gesehen, aus denen das Leben hervorging. Diese Moleküle wurden u.a. auf Kometen und dem Saturnmond Titan nachgewiesen. Astronomen gehen davon aus, dass auch auf der jungen Erde das Leben mit den Tholinen begann.

      An der kalifornischen Universität Berkeley wurden Kollisionsexperimente erfolgreich durchgeführt, die bewiesen, dass Leben aus dem All durch einen Kometeneinschlag auf die Erde gekommen sein könnte. Trotz der Heftigkeit des Einschlags überlebte ein großer Teil der Aminosäuren, die als erste Bausteine des Lebens gelten. Einige polymerisierten dabei sogar zu Peptiden. Wissenschaftlern der NASA gelang es auch, künstlich Vorstufen des Lebens zu erzeugen. Sie verbanden Partikel von chemischen Stoffen wie Methanol, Stickstoff, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Ammoniak, also Substanzen wie sie sich auf der Ur-Erde befunden haben, mit Wasser bei extrem niedrigen Temperaturen. Zu ihrem Erstaunen entwickelten sich Zellwände; eine erste Voraussetzung, damit sich Leben bilden kann. Bei anderen Versuchen wurden chemische Vorstufen des Chlorophylls und Polymere erzeugt – Zusammenschlüsse aus Eiweißen und Nukleinsäuren. In allen Fällen entstanden komplizierte Moleküle als Bausteine des Lebens.

      Bereits Anfang der fünfziger Jahre unternahm Stanley Miller Versuche mit Methan und Ammoniak, vermischte sie mit Wasser und setzte die Mischung unter Hochspannung. Nach wenigen Tagen und bei weiteren Versuchen bildeten sich unterschiedliche Aminosäuren. Aminosäuren sind bestimmte Anordnungen von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Sauerstoff- und Stickstoffatomen, die sich zu langen komplexen, dreidimensionalen Gebilden wie Fasern, Scheiben, Röhrchen, Kügelchen drehen und zusammenfalten. Sie gelten als Bausteine des Lebens. Aus nur 20 von ihnen lassen sich abertausende verschiedene Peptide und lange Molekülketten, auch Proteine genannt, kombinieren, die wiederum alle biologischen Eiweißarten bilden, die es auf der Erde gibt. Im menschlichen Körper gibt es hunderttausende von verschiedenen Proteinen. Nur eine durchschnittliche Zelle enthält bereits tausende von ihnen. Der menschliche Körper besteht also, abgesehen vom Wasser, hauptsächlich aus Proteinen, und sie sind so ziemlich an jedem Aspekt des Lebens beteiligt. Dabei weiß keiner, warum aus den vielen Millionen Eiweißarten, die bei Pflanzen, Tieren und Menschen vorkommen, alle aus dem gleichen Satz von 20 Aminosäuren aufgebaut sind.

      Doch selbst diese Vorstufe von 20 Aminosäuren dürfte es nach der statistischen Wahrscheinlichkeit gar nicht geben. Hoimer von Ditfurth fragt in seinem Buch „Am Anfang war Wasserstoff“: „Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich 20 verschiedene Aminosäuren durch bloßen Zufall zu einer Kette aus 104 Gliedern in exakt der Reihenfolge zusammenfügen, wie sie beim Cytochrom C vorliegt? Die Antwort lautet: 1 zu 20 hoch 104. In die Sprache des Alltags übersetzt heißt das: Es ist unmöglich!“ Doch Leben gestaltet sich noch undenkbarer. Der Mensch besteht vermutlich aus einer Million Proteinen. Und jedes von ihnen ist ein unglaubliches Wunder. Um z.B. ein Kollagen zu erzeugen, benötigen wir 1055 Aminosäuren, die exakt in der richtigen Sequenz angeordnet sein müssen. Die statistische Wahrscheinlichkeit hierfür beträgt 1 zu 10 hoch 260 – ist also eine Eins mit 260 Nullen. Dies scheint völlig unmöglich, aber die Natur erzeugt über eine Million Proteine – gleichsam aus dem Nichts!

      Auf der Erde befinden sich auch Bakterien, die sich unter extremen Bedingungen gebildet haben. Hunderte Meter unter dem Meeresgrund, in kochenden Geysiren, heißen Ölquellen und Vulkanschloten überleben spezialisierte Lebensformen. Fast alle dieser Einzeller kommen ohne Licht und Luft aus. Nicht die Sonne, sondern der radioaktive Zerfall im Erdinneren wärmt sie. Statt Sauerstoff atmen sie Schwefel und leben von Erdgas. Sogar Kilometer unter der Erdoberfläche fanden sich Mikroben, die sich nur von Wasser und Felsen nährten. Das Leben vermag sich auch an die extremsten Bedingungen anzupassen.

      Die Tatsache, dass alles irdische Leben miteinander verwandt ist und sich in gegenseitigen Abhängigkeiten entwickelte, lässt darauf schließen, dass sich vor vier Milliarden Jahren ein heftiger Konkurrenzkampf der Bio-Moleküle abspielte. Dabei basiert letztendlich alles Leben auf der Basis von Kohlenstoffen, aus denen sich Aminosäuren entwickelten. In der Urzeit formten sich daraus zahllose Lebensentwürfe. Aber nur einer, nämlich der lebensfähigste, entwickelte sich und formte im Laufe der Evolution aus Einzellern Wale und Menschen.

      Der Weg zum Leben ist weit und benötigt lange Zeitspannen von Milliarden Jahren. Die Zahl der Faktoren und die der glücklichen Zufälle, die zusammen wirken müssen, um Leben hervorbringen zu können, ist enorm groß. Als erstes muss eine Sonne vorhanden sein, die nicht zu groß ist, da sie sonst ihren Heliumvorrat zu schnell abbrennen würde. Wäre sie beispielsweise zehn Mal größer als unsere Sonne, so hätte sie ihren Brennstoff nicht in zehn Milliarden, sondern bereits nach zehn Millionen Jahren aufgebraucht. Die Sonne muss für Jahrmilliarden stabil sein und über eine Größe verfügen, die den Planeten zwar wärmt, aber nicht überhitzt. Denn sonst hätte das den Verlust der meisten leichten Elemente zur Folge. Die Umlaufbahn des Planeten um die Sonne muss kreisförmig sein und im richtigen Abstand zur Sonne liegen. Nur eine kleine Verschiebung, und wir hätten Temperaturen wie auf der Venus (470 Grad) oder auf dem Mars, der in Eis erstarrt ist. Außerdem muss der Planet über genügend flüssiges Wasser verfügen, um die Entstehung von Leben zu ermöglichen.

      Die Zahl der notwendigen Faktoren, die ermöglichten, dass wir Menschen uns heute auf dieser Erde befinden, ist so schwindelerregend hoch, dass sie für uns unvorstellbar ist. Wir Menschen existieren, weil unsere Abstammungslinie nie unterbrochen wurde. Fast vier Milliarden Jahre ist es unseren Vorfahren gelungen, allen großen Artensterben und Massenvernichtungen zu trotzen. Denn von den Abermilliarden biologische Arten, die seit der Entstehung unseres Planeten existiert haben, sind 99,999 Prozent ausgerottet. Doch keiner unserer unmittelbaren Vorfahren unserer eigenen Gattung wurde erschlagen, gefressen, ist verhungert oder verunglückt. Und sie haben sich für Millionen Jahre immer zur rechten Zeit mit einem Fortpflanzungspartner gepaart. Eine Stunde später oder früher, und es würde uns vielleicht nicht geben.

      Dass sich menschliches Leben entwickeln konnte, verdanken wir unzähligen Zufällen, die sich immer zur rechten Zeit abspielten. Der Meteoriteneinschlag, der die Saurier vernichtete, hat erst unsere Entwicklung ermöglicht. Verheerende Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Naturkatastrophen, Seuchen usw. stellten eine ständige Herausforderung dar, die uns nicht nur verschonten, sondern für uns gerade zum rechten Zeitpunkt erfolgten.

      Wenn man all diese Unwägbarkeiten kalkuliert, fällt es schwer, an Leben auf fernen Planeten zu glauben. Obgleich es im Kosmos von erdähnlichen Planeten nur so wimmeln muss (über zehn Milliarden Billionen) und sich Bausteine zum Leben zusammenschließen, werden sich wohl kaum die gleichen Lebewesen entwickeln wie auf unserer Erde. Selbst wenn heute und hier das gleiche Experiment wie vor vier Milliarden Jahren erneut ablaufen würde, käme dabei etwas völlig Anderes heraus. Nach dieser Logik ist unser Planet ein absoluter Glücksfall, und wir müssen damit rechnen, dass selbst auf identischen Erdplaneten sich kein menschliches Leben bilden würde. Denn das Leben ist immer einmalig in seiner Form. Daisaku Ikeda teilt diese Meinung und schreibt, dass eine weitere Entstehung der Menschheit und ihrer Intelligenz auf Grund der außerordentlich hohen Komplexität höchst unwahrscheinlich sei, wenn nicht sogar unmöglich. Die Menschheit auf unserer Erde sei etwas ganz untypisches, ein historisch einmaliger Fall.

      Aber selbst wenn es Leben auf anderen Planeten gäbe, würden wir vermutlich nie etwas davon erfahren. Die Entfernung zu unserer nächsten Nachbarsonne ist 100 Millionen Mal weiter als die Entfernung zum Mond. Wir würden zehntausende von Jahren benötigen, um dort hin zu gelangen. Auf der ganzen Welt gäbe es nicht annähernd genügend Treibstoff für solch eine Reise. Hinzu kommt, kein Mensch würde auf Grund der hohen Strahlung im All lebend zurückkommen. Wir haben nur diesen einen wunderschönen blauen Planeten, der uns alles bietet. Das sollte uns vor Ehrfurcht überwältigen.

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