Auslaufgebiet. Lotte Bromberg

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Auslaufgebiet - Lotte Bromberg

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Sie denn Zeit?«

      »Das hängt davon ab, worum es geht.«

      »Einen Mord.«

      Dao zog eine Augenbraue hoch.

      »Sie sind uns von der Londoner Anwaltskanzlei Noble & Timber empfohlen worden.«

      Eine Erbschaft war geringer ausgefallen als gedacht und der Berliner Kunde vermutete einen langfingrigen Treuhänder. Dao hatte recherchiert, ein Anwesen in Cornwall, rassige Gäule und Nobelkarossen auf Erbschaftskosten entdeckt. Erfolglos hatte Noble & Timber versucht, den Treuhänder rauszuwinden.

      »Ihr Auftraggeber ist kein Deutscher?«

      »Der Mord wurde hier verübt.«

      »Die Berliner Kriminalpolizei hat eine exorbitant hohe Aufklärungsquote. Sparen Sie sich das Geld für teure Ermittlungen.«

      »Mein Auftraggeber ist es nicht gewohnt, passiv zu sein. Er bestimmt gern selbst über die Qualität der Abläufe.«

      Dao setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl. »Ich soll also der Kripo auf die Finger sehen?«

      »Sie sollen vor allem schneller ermitteln.« Der Mann öffnete seinen Aktenkoffer und entnahm ihm einen großen und einen kleinen Umschlag. »Mein Auftraggeber wartet ungern.« Er legte eine behaarte und manikürte Hand flach auf den kleinen Umschlag. »Das hier sind zehntausend Dollar zu ihrer freien Verfügung. Zusätzlich sind soeben fünfzigtausend Dollar auf ihrem Konto eingegangen.«

      »Und wenn ich den Auftrag ablehne?«

      Der Mann lächelte, öffnete den zweiten Umschlag und schob ihn auf den Schreibtisch. »Unsere Juristen haben einen Vertrag aufgesetzt. Sie müßten auf der letzten Zeile unterschreiben.« Er zog einen Kugelschreiber aus dem Jackett und legte ihn auf den Umschlag.

      Dao schob beides zurück. »Sind Sie fertig?«

      Er zog einen wattierten Umschlag aus der Innentasche seiner Jacke. »Im Erfolgsfall erhalten Sie einen Bonus. Das heißt, wenn Sie den Täter vor der Polizei finden und meinem Auftraggeber seinen Namen nennen.«

      »Und dann? Will er selbst die Gerechtigkeit wiederherstellen, bevor das Recht dazwischenfunkt? Kann es sein, daß Ihr Auftraggeber Russe ist?«

      Der Mann lachte knarrend. »Er ist Kanadier und Philanthrop.«

      »Reich und ein guter Mensch? Das gibt es nicht«, antwortete Dao.

      »In der Reihenfolge schon. Erst kommt das Geld …«

      »Und dann die Moral. Altes vietnamesisches Sprichwort.« Dao lehnte sich zurück. »Warum habe ich das Gefühl, daß das alles nicht ganz koscher ist?«

      »Seien Sie unbesorgt. Mein Auftraggeber geht nur den direkten Weg und bleibt dabei selbst verborgen.«

      »Er will mich mit Geld zunebeln.«

      Der Mann schwieg.

      »Ich will wissen, auf wen ich mich einlasse und warum er so viel Geld in etwas Vorsprung zu investieren bereit ist.«

      »Ich erhöhe auf 100.000 Dollar.«

      Dao wies auf die Tür.

      Der Mann zog sein Handy hervor, tippte und wischte geduldig und wandte sich schließlich wieder Dao zu. »Wenn Sie ein paar Sachen packen könnten. Unser Chauffeur fährt sie dann zum Flughafen.«

      »Wie lange werde ich fort sein?«

      »Achtundvierzig Stunden. Es sei denn, Sie möchten den Aufenthalt verlängern. Der Ort, an dem mein Auftraggeber lebt, ist beeindruckend. Wildnis, so weit das Auge reicht. Können Sie reiten?«

      »Mit Natur bin ich nicht zu bestechen. Sagen Sie dem Chauffeur, ich erwarte ihn in zwei Stunden.«

      Jakob saß in einem Schlachtenseer Biergarten und sah fasziniert auf das schuftende Gebiß von Marie, die einem Berg von Spare rips, nachdem sie sie in farbenfrohe Soßen getunkt hatte, den Garaus machte. Ihre Finger trieften vor Fett, sie schmatzte. Zu ihrer Linken dösten ein hünenhafter Ridgeback, ein bulliger Rottweiler und ein putziger Terrier in der sich senkenden Vorfrühlingssonne.

      Er hatte Hektor zwischen Hauben abgeliefert, der tat MMs Untersuchungen auf körperliche Unversehrtheit als unmännlich ab, stieg auf seinen Leopardenimitatsessel und fiel nach Sekunden ins Koma. Bei Jakobs Verabschiedung bellte und zuckte er im Schlaf.

      »Kenn ick«, sagte Marie mit vollem Mund, als Jakob ihr das Photo von Iris Gerber zeigte. »Joggt in den teuersten Markenklamotten, die gerade auf dem Markt sind, durch mein Rudel und als der eine oder andere sie beschnuppern will, keift sie los wie ein Waschweib. Hundehasserin Marke Ost. Streit gesucht hat sie.« Sie leckte die Finger geduldig einzeln ab. »Konnte froh sein, daß keiner sie angegriffen hat. Mittendurch, manche Leute haben wirklich eine Vollmeise.« Sie tippte sich eine Fettspur auf die Stirn.

      »Und was hast Du gemacht?«, fragte Jakob.

      Stirnrunzelnd sah sie ihn an. »Zurückgekeift natürlich, was denkst Du. Grober Klotz, grober Keil. Ich persönlich bin ja hinterhofgeschult. Kindheitsmäßig gesehen. Aber die Zehlendorfer Pfeifen versuchen es. Triebabfuhr, sagt ein Kunde immer. Sieht die Ein-Euro-Jobber-Hundetussi aus wie ein ungewaschenes Opfer und dann wehrt die sich.« Sie lachte mit entblößten Zähnen, ebenmäßig weiß mit Fleischresten garniert. »Die Welt war früher einfacher.«

      »Hat sie klein beigegeben?«

      »Mit ’nem Anwalt gedroht.« Sie winkte ab. »Aber ich pöbele nicht justinabel. Habe ich von einem Kunden. Schneckchen und Hohlwand kost nix, Schlampe ist teuer.«

      »Vorderhaus hilft Hinterhof.«

      »Bei gemeinsamen Interessen.« Der Ridgeback stand auf und kratzte sich umständlich. Seine Hoden baumelten im Takt. Er riskierte einen Blick auf den Rippenteller, unauffällig.

      »Und gab es ein Nachspiel mit der Frau?«, fragte Jakob.

      »Jede Woche haben wir uns getroffen. Wollte keine andere Strecke laufen, und so weit kommt’s noch, daß ich mein Revier aufgebe.«

      »Finstere Blicke, böse Worte, oder mehr?«

      »Nee, Meister, abgemurkst habe ich sie nicht. Brust raus und den längeren Atem, sonst nüscht. Diese neureichen Tussen halten nicht durch. Aber den Förster hat sie mir auf den Hals gehetzt. Und der hat das Hacke übergeben, seinem Pitbull. Schlimme Sitten, statt ’ne Niederlage hinzunehmen, klimpert man mit den teuren Wimpern und ruft nach männlichem Schutz. Den Pitbull solltet Ihr Euch übrigens mal angucken.«

      Waldarbeiter Hacke hatte ihn angelogen, sieh an. Von wegen, kenn’ ich nich’. »Habe schon erlebt, daß der etwas speziell ist.«

      Sie lachte wieder und tunkte die letzte Rippe in den Ketchup. »Besonders für knackige Frauenärsche im Auslaufgebiet.«

      »Und für pazifistische Amseln.«

      Dao haßte es zu fliegen. Aber es ging um einhunderttausend Dollar. Also schob sie das unendliche Meer unter sich in die Obhut von zwei Valium. Daß sie nach fünf Stunden

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