Auslaufgebiet. Lotte Bromberg
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Читать онлайн книгу Auslaufgebiet - Lotte Bromberg страница 16
»Den Weiberkram hast Du exklusiv. Apropos, was machen eigentlich Deine Mädchen in der Ferne?« Oskar beugte sich vor. »Die meiden doch unsere Heimatstadt nicht etwa deinetwegen?«
Jakob zeigte seinem Freund einen Vogel. »Tanja hat sich ihre Fortbildung wirklich verdient.«
Die junge Kollegin war im letzten Jahr nach Berlin gekommen, um mit Jakob, ihrem Vorbild in Sachen Anstand, zusammenzuarbeiten. Sie hatte Jakobs Absturz, Krankheit, Suspendierung und Anklage miterlebt und trotzdem auf seiner Seite gestanden. Zwar bestand sie darauf, Städterin zu sein, aber Jakob vermutete bei solch rührend sturer Treue große Brocken moorige Scholle in der Sozialisation.
Zur Zeit war sie in Amerika auf einer Fortbildung und hatte Urlaub angehängt. Die Weite dort paßte besser zu ihr, Berlin war für ihre Füße zu vollgestopft. Dreieinhalb Millionen Artgenossen und dazu unzählige Haustiere, die nicht einmal geschlachtet wurden.
»Stell Dir unser freilaufendes Landküken unter all den bekloppten Hundeleuten vor.« Oskar lachte.
»Den Hacke würde sie erschießen.«
»Blattschuß. Keine toten Amseln mehr.« Oskar beugte sich vor. »Und wo bleibt Hanna?«
»Klappert ihre weitverstreuten Schwestern ab.«
»Muß das Einzelkind Hagedorn allein ins kalte Bettchen klettern.«
»Ich habe ja mein Telefon.«
Oskar legte den Kopf schief. »Muß Liebe schön sein.«
»Bist Du neidisch?«
Er hob abwehrend die Arme. »Bloß keine Ärztin.«
Jakob lachte. »Psychologin wäre noch schlimmer.«
»Und was macht ihr Verhandlungstermin?«
»Läßt auf sich warten. Die Approbation ruht, sie haben erreicht, was sie wollten. Aber zurück zu Waldarbeiter Hacke. Der ist mir zu aggressiv. Du mußt ihn überprüfen. Gerhard heißt er vorne.«
»Wieso ich?«, fragte Oskar, »das Waldding ist Deins.«
Jakob schwieg.
Oskar lachte. »Traust Du Dich nicht in die Keithstraße?«
»Ich war schon da.« Jakob pulte das Weiche aus einer Scheibe Weißbrot und quetschte es zu kleinen Kügelchen. »Wollte mal wieder reinschnuppern. Und Hacke überprüfen, zusammen mit Dir.«
»Stinkt wie immer, nach ollem Schweiß und Frust. Sag nicht, daß Dir das fehlt.« Oskar suchte seine Augen. »Das glaube ich jetzt nicht. Schau mich an, Alter.« Er beugte sich vor. »Arbeiten wir zusammen, oder nicht?«
Jakob schaute auf seine Weißbrotarbeit.
»Sind wir das beste Team der Stadt, oder nicht?«
Jakob reihte die Weißbrotkügelchen nach Größe auf.
»Du wirst mir doch nicht in die Knie gehen, nur weil Fockemeyer, das Arschloch, Dich fertigmachen will?«
Jakob legte die Kügelchen im Kreis. Ihre unterschiedliche Größe fiel gar nicht mehr auf. Die Mitte blieb frei. »Ein Kollege hat mich vor Deiner Tür gesehen.«
»Und?«
»Als ich rauskam, waren es sechse.«
Oskar zog die Augenbrauen zusammen. »Wer? Die Namen.«
»Es hätten auch sechs andere sein können.«
»Was haben sie gemacht?«
»Mich, nun ja, rausgebracht.«
»Haben Sie Dich angefaßt?« Oskar wurde laut, am Nachbartisch drehte sich eine Frau nach ihm um.
»Beruhige Dich, ich bin ja noch am Leben.«
Oskar schlug mit der Faust auf den Tisch. Die Weißbrotkügelchen kollerten auf den Boden und verteilten sich kreuz und quer. Und kein Spatz weit und breit, der sich hätte freuen können. Oskar schwieg lange, seine Kiefer mahlten. »Und Deine Verhandlung?«, fragte er schließlich.
»Samuel wäre gern unter den sechs.« Jakob erstach zielgenau mit einem Zahnstocher eine Olive. Warum nur konnte Hektors Frauchen, die wundervolle MM, Kiezkönigin mit offenem Ohr für jede gedetschte Seele, zupackend wie ein Kumpel, nicht einen besseren Sohn als Staatsanwalt Samuel Herzl haben.
Er war eifersüchtig auf Jakob und schämte sich für Mamas Friseursalon, die Bar seines in Auschwitz tätowierten Vaters und die überparfümierten Paten in der rosa Corvette, aber das hieß ja nicht, daß er MM nicht liebte. Zumindest hoffte Jakob, daß da etwas wäre, tief drinnen, unter der Arschlochspeckschicht.
»Und wenn schon«, sagte Oskar. »Hauptsache, der Richter läßt sich nicht in die Intrige reinziehen. Wer ist es denn?«
»Schneiderhahn.«
»Ach Du Scheiße, hat der nicht auch ein Problem mit seinem Hirn?«
»Danke, sehr nett.«
»Man erzählt sich, er verliert die Übersicht über die Tassen in seinem Schrank.«
»Zwischenzeitlich kommt ihm der ganze Schrank abhanden.«
»Jugendsünden und ihre Spätfolgen, der war mal Straßenkämpfer. Öfter was auf die Rübe, Tränengas und Joints.« Oskar hob sein Glas.
»Ich weiß. Hat früher große Reden geschwungen. Onkel Alzheimer beeindruckt das aber wenig. Er verliert die leitende Strippe in jedem zweiten Absatz.«
Oskar tätschelte ihm den Oberarm. »Wenn ich kommen und helfen soll, sag Bescheid.«
Jakob stieg die Rührung hoch. Er vertrug kein Bier mehr. Zeit für einen Themenwechsel. »Und was sagt Cumloosen?«
»Daß Du ein verwaistes Eichenblatt nach Hause bringst.«
Jakob lachte. Schon wieder jemand, den er vermißte aus seinem alten, dem kriminalen, richtigen Leben.
»Wird dauern, bis er was über Todesort, -art und -zeitpunkt sagen kann. Ist wohl ein Spurenfiasko. Und sie war auch noch gefroren.«
»Die arme Frau. Ihre Leiche erscheint mir schon im Schlaf.« Den Hundekram verschwieg Jakob lieber.
»Tatsächlich? Ich wüßte nachts Besseres zum Träumen, aber Du bist ja auch ein sensibler Akademiker.«
»Wenn er sie gleich nach der Tat eingefroren hat, wird es schwer, den Zeitpunkt des Todes festzulegen. Und die Medien können weiter behaupten, Hunde hätten sie getötet.«
»Das glaubt doch kein Mensch«, sagte Oskar.
»MM hat ständig Ärger wegen Hektor.«
»Ich bitte Dich, das ist ein Mops!«
»Die