Upps!!?. Michael Schlinck

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Upps!!? - Michael Schlinck

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als Juchtenleder. In unserer gesamten Ehe hatte er nicht einmal einen Schnupfen. Von diesem Dach da“, sie zeigt dabei zum Giebel des Wohnhauses, „ist er schon zwei Mal gefallen, ohne auch nur einen Kratzer davongetragen zu haben. Nein Dieter Schlempert und Kollegin Yasmin Kalt, da muss ich Sie enttäuschen. Meinen Mann müssen Sie schon in die Luft jagen, damit Sie ihm ein Ende setzen können.“

      Der letzte Satz lässt Yasi und mir das Blut in den Adern gefrieren. Sollte diese schlaue und gewitzte Dame tatsächlich eine eiskalte Mörderin sein?

      „Frau Brechtel, dass die Leiche, die wir gefunden haben, tatsächlich durch eine Sprengung gestorben ist, macht Sie nun verdächtig“, sag ich deshalb so dahin. Ob das ein cleverer Schachzug ist, weiß ich nicht. Dass sie nun ihr Hühnerfutter fallen lässt und ihre Gesichtszüge entgleisen, macht sie allerdings wieder weniger verdächtig, aber die Hühner satt.

      „Jetzt machen Sie mir aber Angst“, sagt sie mit zittriger, fast schon weinerlicher Stimme, „schon als verliebter Teenager sagte ich, dass ihn nur Dynamit umbringen kann und jetzt kommen Sie daher und sagen so etwas, Dieter Schlempert vom Kommissariat in Neustadt an der Weinstraße.“

      „Ich sagte, dass wir Grund zur Annahme haben, was bedeutet, dass wir es nicht wissen. Können Sie uns sagen, wo sich Herr Brechtel zu Zeit aufhält?“

      „Der ist auf Tour“, sagt sie nun und scheint sich wieder etwas gefangen zu haben, „wenn er beruflich harte Wochen hinter sich hat, schnappt er sich freitags gerne mal ein paar Dosen Bier und verbringt die Nacht im Wald am Lagerfeuer. Therapie nennt er das. Nach dem Stress auf der Arbeit will er vermeiden, dass er seine Laune auf die Familie überträgt.“

      Eine lobenswerte Einstellung, da muss ich auch mal darüber nachdenken.

      „Kann es sein, dass er die Nacht auf einem Trekkingplatz verbringen wollte?“, schaltet sich nun Yasi ein, die sich sofort wie ein vorlautes Kind die Hand auf die Lippen presst.

      Mit einem Lächeln nicke ich ihr zustimmend zu, um zu signalisieren, dass sie nichts Falsches getan hat.

      „Ja, das hat er in letzter Zeit immer so gemacht“, antwortet die siebenfache Mutter, „früher blieb er einfach dort, wo es ihm gefallen hat. Dann wurde er von so einem fanatischen Umweltschützer einmal angezeigt wegen wildem Campierens. So hat er sich inzwischen entschieden, seine Touren an solchen Plätzen enden zu lassen.“

      „Sie sagten, dass er angezeigt wurde?“, frag ich nach, „hat Ihr Mann Feinde?“

      „Aber wo denken Sie hin, mein Peter ist der hilfsbereiteste und umgänglichste Mensch, den ich je getroffen habe. Klar hat er nicht nur Freunde, aber sicher niemand, der ihn aus dem Weg haben will. Schon gar nicht jemand, der ihm etwas antun würde.“

      Ob meine Frau auch solche Worte für mich findet, wenn jemand nach mir fragt?

      „Frau Brechtel“, wechsle ich nun mal das Thema, „auf solch einem Trekkingplatz ist heute ein Mensch durch eine Explosion ums Leben gekommen. Dabei kann es sich um Ihren Mann handeln. Um das festzustellen, müssten wie einen Genabgleich machen. Haare würden sich dazu gut eignen. Würden Sie uns bitte die Haarbürste Ihres Mannes zur Verfügung stellen?“

      „Klar gebe ich Ihnen unsere Haarbürste, Kommissar Dieter Schlempert und Yasmin Kalt, aber ich bitte Sie, uns die Bürste wiederzubringen, damit sich meine Familie wieder die Haare bürsten kann.“

      „Haben Sie nur diese eine?“, platzt es aus Yasi heraus.

      „Haarbürste, Zahnbürste, Toilettenbürste, alles nur einmal vorhanden. Peter ist der Meinung, was mehrfach da ist, verliert an Wertschätzung und wird auch leichter verschlampt.“

      Nachdem wir die Bürste eingetütet haben, fahren wir zurück in Richtung Neustadt zur Wache. Yasi informiert Martin Schneider telefonisch über die sichergestellte Haarprobe und redet die ganze Fahrt über wie ein Wasserfall. Ich bin am Überlegen, ob ich wieder aufs Gas treten sollte, um diesen Redefluss zu stoppen.

      Ich lasse es sein und beende lieber in Harmonie den ersten Tag in meinem neuen Leben als Oberkommissar und Dienststellenleiter.

       Bekomme ich den denn nie los?

      „Hör mal Dieter, heute ist Samstag und der Garten sollte winterfest gemacht werden. Außerdem muss der Pool zur Hälfte abgesaugt und abgedeckt, die Pumpe und der Filter abmontiert und in den Keller gebracht werden, um das Zeug vor Frost zu schützen.“

      Mit diesen herzlichen Worten möchte meine Frau Natalie mich am Verlassen des Hauses hindern.

      „Natalie, ich bin nun eben einmal Dienststellenleiter und streiche auch ein entsprechendes Gehalt ein“, setze ich mich zur Wehr, „da bleibt es eben auch nicht aus, dass ich samstags nach Neustadt muss. Immerhin hast du dich ja am meisten gefreut, als ich befördert wurde“, und nach diesen Worten drücke ich ihr noch einen Kuss auf die Wange und gehe zur Tür hinaus. Wie ich so vom Hof fahre, winke ich noch meinem Freund, dem Richter Eberhard Palanowski, zu, der mit meinem Nachbarn Reiner Buttermilch vor dessen Haus sitzt und am Frühstücken ist.

      Ich freue mich, dass Eberhard sich hier in Waldrohrbach so wohl fühlt und nehme mir vor, am Abend mit ihm einen Feierabendtee zu genießen.

      Als ich in Neustadt bei der Wache vorfahre, fall ich dann aus allen Wolken. Hier ist ein Menschenauflauf wie bei Aldi vor den Feiertagen.

      Schnell biege ich in den Hof ab und beschließe, den Hintereingang zu benutzen. Auf dem Hof treffe ich dann auch gleich Klaus Reuter, unsern Technikexperten, der auch meinen Mini ordentlich aufgepimmt hat.

      „Hast du ein Glück, dass die dich noch nicht kennen“, sagt er zur Begrüßung, weshalb ich ihm mit meinem breitesten Grinsen ein: „Dir auch einen wunderschönen guten Morgen lieber Klaus“, entgegen trällere.

      „Sag mal“, werde ich nun ernst, „wer sind denn die vielen Leute? Und vor allem, was wollen die alle hier?“

      „Ja, Dieter, das sind die hiesigen Pressevertreter. Dein Vorgänger hat immer sehr gerne sein Wissen mit ihnen geteilt.“

      „Und somit für reichlich Zeitungsenten gesorgt“, vervollständige ich den Satz.

      „Das ist denen ziemlich Wurst, die stürzen sich auf alles, was eine Schlagzeile bringen könnte“, klärt mich unser Daniel Düsentrieb auf.

      „Und was soll ich nun mit denen machen?“

      „Entweder wirfst du ihnen etwas zum Fraß vor oder du ignorierst sie.“

      Schön, eine Wahl zu haben. So gehe ich in mein Büro und ignoriere. Praktisch, das Ignorieren. Also ich könnte mich ans Ignorieren gewöhnen. Ich rufe die Berichte von unserem gestrigen Leichenfund auf, lese sie durch und ignoriere dabei angestrengt. Nachdem die aufgebrachte Menge vor der Tür mit Chorgesang die Wache beschallt, fällt es mir zunehmend schwerer, sie zu ignorieren.

      „Wir wolln, wir wolln Infos“, tönt es da draußen zur Melodie von »We will rock you« von Queen.

      Um das Ignorieren zu erleichtern, schalte ich das Radio ein, aus dem auch tatsächlich gerade der Megahit der englischen Band, mit dem leider viel zu früh verstorbenen, charismatischen Sänger Freddie Mercury, tönt. Nun kann ich mich endlich auf die Berichte konzentrieren. Mit der richtigen Musik auf den Ohren ist das Ignorieren ein Kinderspiel.

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