Hoof wie es früher einmal war. Dieter Kremp
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Unsere Heimat gehört zur mitteldeutschen Sprachlandschaft. In dem Zeitraum dieses Umbruchs war sie von den Alemannen besetzt. Der größte Teil unseres mundartlichen Wortschatzes und die charakteristischen a- und o-Laute stammen aus jener Zeit. Neben einigen anderen sind uns besonders in den Flurnamen Reste von althochdeutschem Sprachgut erhalten geblieben: z. B. Brühl = sumpfige Wiese, Kaul – mhd. Kule = Vertiefung, Hunsbuckel – ahd. „Hag“ = lichter Wald mit Hagebutten auf Bergvorsprung, Puhl = Quellloch an Abhängen, Dell oder Delle = vertiefte Wiesenaue, Aacht = Ache = Bereich in der Nähe von Bächen, Besch = Böschung (siehe „Behmbesch“), Borresch = Born = Brunnen, Seiters = Sei = seicht (seichte, feuchte Wiesenau).
In den Zeiten der Merowinger kam das alte Keltenland an der Saar – Berg-, Fluss-, Siedlungs-, Orts- und Flurnamen sind ehrwürdige Zeugen dieser Zeit – dauernd in die Hände germanischer Landsmänner wesentlich fränkischen Stammes und bildete seitdem einen zwar viel umstrittenen, aber schließlich immer wieder behaupteten Teil der deutschen Westmark, des alten Westrichs. Wechselvoll wie seine Geschichte, vielgestaltig wie seine Topographie ist auch seine Mundart. Sie gehört mit den Nachbarmundarten ähnlichen Schicksals dem sogenannten mitteldeutschen Mischgebiete an. Sprachteile mehr oberdeutschen und solche mehr niederdeutschen Charakters berühren und vermischen sich vielfach auf unserem Gebiet. Es gibt z. B. sogar Nachbarorte mit Abweichungen ihrer Mundart. Bisweilen bestehen für dasselbe Wort beide Formen nebeneinander, z. B. „schläfe“ und „schläbbe“ = schleifen (schleppen), schlubbe und schlibbe = schlüpfen, Hoose und Bokse (Bukse) = Hosen, Kneisje, Knubbe, Knibbche = Auswuchs, Knoten.
Die deutschen Mundarten wurden ihrer geographischen Verbreitung entsprechend in drei Gruppen eingeteilt: Die oberdeutsche Gruppe umfasst das Bayrische und Schwäbische = Alemannische (auch Alemannische im Elsass). Die mitteldeutsche Gruppe umfasst die fränkischen Mundarten, die sich von Nordlothringen, Luxemburg und dem Mittelrheingebiet über das ganze mittlere Deutschland verteilen bis nach Sachsen und Schlesien. In der niederdeutschen Gruppe sind die Mundarten der Norddeutschen Tiefebene enthalten.
Die Mundart unserer engeren Heimat gehört der zweiten Gruppe, den fränkischen Mundarten an und zwar den westfränkischen.
Die westfränkischen Mundarten werden nun gewöhnlich, wenn man das Niederfränkische ausschließt, weiter eingeteilt in drei von Norden nach Süden ineinander übergehende Untergruppen, nämlich das Ripuarische, das Moselfränkische und das Rheinfränkische.
Diese drei Mundarten sind folgendermaßen verbreitet: Ripuarisch sind der größte Teil der Eifel, die Rheinufer von etwa Düsseldorf bis Königswinter und das Land um die untere Sieg. Moselfränkisch sind Luxemburg mit einem Teil von Lothringen, die südliche Eifel, das Moselland, der größte Teil des Hunsrücks, die nordwestliche Ecke von Nassau, der größte Teil des Westerwaldes und das westfälische Siegerland. Zum Rheinfränkischen gehören der südliche Teil von Lothringen, wo jedoch die Sprache stark alemannisch gemischt ist, der südliche Teil der Rheinprovinz, die Pfalz, Hessen und das mittlere und östliche Saargebiet. Das mittlere Ostertal hat also eine rheinfränkische Mundart.
Danach ist die gesamte Mundart unserer Heimat wesentlich Mitteldeutsch und zwar genauer gesagt westmitteldeutsch. Den mitteldeutschen Charakter erkennt man an Formen wie Zibbel= Zipfel, Zabbe = Zapfen, Abbel= Apfel, Gibbel = Gipfel, robbe = rupfen, hebbele = hüpfen, schlabb= schlaff, Schnubbe = Schnupfen, schlubbe = schlüpfe, stambe = stampfen u.s.w., die inlautendes „p“ in der Verdoppelung, jedoch zum weichen Verschlusslaut gemildert, erhalten haben. Westmitteldeutsch ist das unverschobene, verhauchte „p“ im Anlaut und im Endlaut, z. B. Poschde = Pfosten, Damp = Dampf, Stromp = Strumpf, stomp = stumpf, Parre = Pfarrer, Perch = Pferch, Peif = Pfeife, Poot = Pfote, Pool = Pfahl u. s. w. Mit den Pfälzern (Pälzer) dürfen wir also sagen: „Enn de Palz geht de Parre medd de Peif enn die Kerch!“
Im Saarland haben wir zwei Einzelmundarten zu unterscheiden. Die Grenze zwischen dem moselfränkischen „dat-wat-Gebiet“ und dem rheinfränkischen „das- was – Gebiet“ verläuft mitten durch das Saarland. Diese Grenze, die von Differten-Völklingen herkommt und über den Köllertaler Wald (Holz, Merchweiler, Wemmetsweiler, Hüttigweiler, Wustweiler, Urexweiler, Marpingen, Winterbach) nach St. Wendel verläuft, wobei die angegebenen Orte oft schon ein Gemisch von mosel- und rheinfränkisch haben.
Der Name Westrich erscheint zuerst in den karolingischen Urkunden. Er begriff damals jene Gebiete, welche durch den Vertrag zu Mersen als neue Erwerbungen Ludwigs im Westen an Deutschland gefallen waren. Später erstarrte der einstige politische Begriff zu einer Territorialbezeichnung des Saarflussgebietes. In unserer Zeit ist der alte Name fast verklungen und wie so mancher andere schöne Hausrat unserer Altvorderen dem Bauernmuseum zur Obhut überantwortet wurden, welcher unter Westrich den diesseits der Haardt gelegenen Teil der Pfalz, die Kreise Ottweiler-St. Wendel und ein Bruchstück des Meisenheimischen Bezirkes versteht.
Der Westrich war in vorgeschichtlicher Zeit bereits stark besiedelt. Die untrüglichsten Beweise dieser Tatsachen bilden nicht nur zahlreiche Steingeräte, welche allenthalben gefunden wurden, sondern vor allem auch die häufigen Grabeinschlüsse aus der Hallstatt – und La Täne – Zeit. Unter diesen legen wertvolle Gebrauchsgegenstände etruskischen Ursprungs ein breites Zeugnis für den fortgeschrittenen Kulturzustand unserer Heimat in jener frühen Zeit ab.
Die Anlagen unserer vorgeschichtlichen Hügelgräber längs der Höhenstraßen und die Übereinstimmung der aus ihnen erhobenen Totengaben mit denen aus Frankreich und dem Mittelrheingelände weisen mit aller Bestimmtheit darauf hin, dass schon damals das Volksleben sich an die Verkehrsbahnen zwischen Frankreich und Mitteldeutschland, die naturgemäß den Westrich kreuzen, angelehnt hat, eine Erscheinung, welche die geschichtliche und kulturelle Entwicklung unserer Heimat bis zur Gegenwart herab bedingte.
Als Träger der eben genannten beiden vorgeschichtlichen Kulturkreise müssen hier wie überhaupt in Süd- und Südwestdeutschland keltische Völker angesprochen werden.
Vor dem Erscheinen der Römer in den Nordwestländern befand sich unsere Gegend im Besitz der keltischen Mediomatriker und Treverer. Beide Völker waren bei Cäsars Ankunft durch germanische Wanderzüge arg in Bedrängnis geraten, und die Mediomatriker hatten das linke Rheinufer von Worms bis zur Nahe und Blies an die germanischen Vangionen verloren. Cäsar besiegte die Kelten und verleibte das ganze Gebiet der römischen Republik ein.
Zahlreiche mit dem Sonnenspross oder dem Eber gezierte Münzen, verhältnismäßig viele „Vorzeitburgen“, vor allem aber Fluss-, Flur- und Siedlungsnamen sind Erinnerungszeichen aus jener Zeit und an ein wichtiges Volk, das heute bis in die unwirtlichsten und unzugänglichsten Zipfel unseres Erdteiles zurückgedrängt ist.
Insbesondere haben die Flussnamen ihr keltisches Gepräge bewahrt:
Alb = weiß, glänzend (Dorf Albessen am Albessbach)