Next World of Working. Andreas Gnesda
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Arbeitgeber entwickelten neue Maßnahmen zur Steigerung der Effektivität in den Arbeitsprozessen und schufen somit abermals eine erhebliche Kluft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Der sich in den Arbeitern bildende Widerstand sollte unterdrückt und die Intensifikation weiter vorangetrieben werden. Der US-Ingenieur und Begründer der Arbeitswissenschaft, Frederick Winslow Taylor (1856 – 1915), versuchte die Konflikte zwischen Unternehmern und Arbeitern zu überwinden und der Verschwendung menschlicher Ressourcen sowie der Gefährdung des geschaffenen Wohlstandes mittels des „Scientific Managements“ entgegenzuwirken. Das Prinzip der wissenschaftlichen Betriebsführung brachte die erhofften Veränderungen sowohl aufseiten der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer. Taylor vertrat die Annahme, dass sich die Interessen der beiden Gruppen nicht entgegenstünden, sondern im Gegenteil sehr gut aufeinander abgestimmt werden könnten. So konnten auf Unternehmerseite Produktivitätssteigerungen erzielt werden, während die Arbeiter sich über angepasste Löhne freuen und ihren Wohlstand vermehren konnten.
Das zu Taylors Zeiten vorherrschende Menschenbild wird als Homo oeconomicus bezeichnet. Nach diesem Modell wird der Mensch von ökonomischen Zielen geleitet, strebt nach Nutzenmaximierung, handelt völlig rational und ist lediglich durch monetäre Anreize motivierbar. Ein wichtiges Merkmal ist seine Kenntnis aller am Markt bestehenden Informationen sowie Entscheidungsalternativen. Der Homo oeconomicus weiß, was für ihn den meisten Nutzen bringt und kennt seine Präferenzen genau. Somit entscheidet er sich für oder gegen eine Tätigkeit aufgrund der inhärenten Rationalität, aber auch den für ihn daraus resultierenden Gewinn. Der Durchschnittsmensch ist ausschließlich durch extrinsische Motive geleitet, das heißt durch von außen wirkende Anreize motiviert. Im Gegensatz dazu stehen die intrinsischen Motive, die dir diese Lektüre im weiteren Verlauf näherbringen soll. Taylor erzielte mithilfe seines Prinzips ein besseres Entlohnungssystem für die Arbeiter und konnte sie durch dieses System zu besseren Arbeitsleistungen antreiben.
Etwa zur gleichen Zeit entwickelte der US-Autofabrikant Henry Ford (1863 – 1947) das Fließbandsystem zur mechanisierten Massenfertigung in industriellen Betrieben. Der Fordismus schuf somit eine Ergänzung zu Taylors Prinzip und konnte gleichzeitig dem Transportproblem entgegenwirken. Aufgrund der enormen Arbeitsteilung hatte ein Arbeiter nur noch wenige Handgriffe an einem Werkstück zu verrichten. Durch die Einführung des Fließbandes im Bereich der Massenfertigung wurde abermals eine Steigerung der Produktion und Produktivität erreicht. Ebenso konnte die Kontrollspanne durch das Management weitgehend aufgelöst werden, da nun das Fließband über zeitliche Vorgaben bestimmte.
Die Kombination von Taylorismus und Fordismus, also von bürokratischer und technischer Kontrolle des Arbeitsprozesses, wurde zum beherrschenden Konzept der Massenproduktion.
Obwohl der Taylorismus und auch der Fordismus zum allgemeinen Wohlstand und zur Produktionssteigerung beitrugen, überwiegt heute die kritische Beleuchtung dieser Form der Arbeitsgestaltung. Natürlich verbesserten die beiden Herren das Arbeitsklima und gestalteten fairere Entlohnungsmodelle. Doch ihr alleiniger Fokus war die Produktionssteigerung. Zwischenmenschliche Beziehungen, Arbeitszufriedenheit und Selbstverwirklichung der Angestellten spielten dabei keine große Rolle.
In der Psychologie folgten Forschungen zu zwischenmenschlichen Beziehungen im Arbeitsleben und zur Entstehung des soziotechnischen Systems. Dieses geht einerseits auf die Untersuchungen von Eric Trist und Ken Bamforth (1951) vom „Tavistock Institute for Human Relation“ im englischen Kohlebergbau, andererseits auf das „Ahmedabad-Experiment“ von A. K. Rice (1958) in einer indischen Weberei zurück. Der soziotechnische Systemansatz baut explizit auf einer Theorie offener und komplexer Systeme auf und leitet daraus das Prinzip der Selbstregulation zur flexiblen Bewältigung unvermeidbarer Schwankungen und Störungen ab. Wer also selbst über seine Arbeitswelt bestimmt, ist produktiver, und das Unternehmen ist stabiler.
Die Studie im Kohlebergbau versuchte die Ursachen für hohe Fluktuationsraten, niedrige Arbeitsmotivation und die steigende Anzahl von Unfällen zu ergründen. Die von den Forschern untersuchten Probleme waren nach der Implementierung einer bisher unerprobten Vorgehensweise eines teilmechanisierten Abbausystems für Kohle aufgetreten. Das von den Arbeitern bisher angewandte „Shortwall-System“ ermöglichte es den Kohlearbeitern, selbstständig über die Verteilung der Löhne, die Arbeitstätigkeiten und die Schichtarbeit zu entscheiden. Die Arbeitenden verrichteten ihre Tätigkeiten in kleinen, überschaubaren Gruppen. Nach der Einführung des „Longwall-Systems“ wurden den einzelnen Schichten keine ganzheitlichen Aufgaben mehr übertragen, sondern sie verrichteten nur noch Teilaufgaben. Damit wurden die jeweiligen Qualifikationen der Kohlearbeiter beschränkt und das gegenseitige Vertrauen in die Mitarbeiter wurde minimiert. Im alten System konnte die folgende Schicht darauf vertrauen, dass die Arbeiten vollständig und korrekt ausgeführt worden waren. Aufgrund der Arbeitsteilung und der Auflösung ganzheitlicher Tätigkeiten mussten die Mitarbeiter zunächst die vorab verrichtete Tätigkeit auf ihre Richtigkeit überprüfen. Das Vertrauen schwand und die Loyalität wurde damit aufgehoben. Das bisher funktionierende System und die damit verbundene Autonomie waren durch die Unternehmensleitung zerschlagen worden. Die Veränderungen in der sozialen Struktur der Gruppe wurden als Ursache für die Verschlechterung der Arbeitsmotivation angesehen und konnten nicht aus der Neuerung technischer Gegebenheiten abgeleitet werden. Erstaunlich waren die Erkenntnisse zur Notwendigkeit teilautonomer Gruppen und deren Autonomie sowie die Wechselwirkung zwischen technischen und sozialen Bedingungen am Arbeitsplatz.
Zu vergleichbaren Ergebnissen kam auch die von A. K. Rice durchgeführte Studie in einer indischen Weberei. Ähnlich wie in den Kohleminen wurden die Arbeitsaufgaben in Einzelteile gegliedert, die Arbeiten hatten keine inhaltliche Verbindung mehr, die Arbeiter konnten durch die räumliche Trennung ihre sozialen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen und Gruppenstrukturen schienen gänzlich aufgehoben worden zu sein. Das Resultat waren der Rückgang der Produktionsleistung und die Verschlechterung der Qualität der Produkte. Abermals war die Verschlechterung auf die Veränderung sozialer Strukturen und nicht auf die Implementierung eines neuen technischen Systems zurückzuführen.
Die bisher beschriebenen Menschenbilder verdeutlichen eine einseitige Anschauung menschlicher Bedürfnisse, die im Complex man zusammengefügt wurden und somit eine vielfältige Sichtweise und Organisationsstruktur ermöglichten. Generalisierungsformen wurden aufgehoben und schufen Platz für individualistische Entfaltungsmöglichkeiten sowie eine flexible Arbeitsgestaltung. Die von Abraham Maslow (1908 – 1970) entwickelte Bedürfnispyramide, auf die ich später in diesem Buch noch zu sprechen komme, wurde zwar beibehalten, jedoch mit der Erkenntnis, dass der Mensch mehrere und vor allem vielfältige Bedürfnisse hat, diese in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität vorliegen und die auch nicht, wie angenommen, starr angeordnet sind. Diese gilt es nun zu ergründen.2
Was treibt uns heute an?
Durch die Erkenntnisse von Valentina Flores konnte ich Veränderungen, durch die Generationen vor uns gegangen sind, schildern. Du wirst auch an dir selbst festgestellt haben, dass deine Ansprüche an das Leben maßgeblich von deinem Umfeld und vor allem deiner Familie geprägt werden.
Wie du bald erfahren wirst, habe ich eng mit meinem Vater zusammengearbeitet. Ich wurde also stark von ihm geprägt, er wiederum von seinem Vater. Es sind also die Prägungen, die wir mit bestimmten Zielen in unserem Leben verbinden. Es wirken also noch immer Vor- und Einstellungen voriger Generationen auf uns ein. Kaum etwas hat sich so maßgeblich geändert wie unser Verhältnis zur Arbeit, und das erkennt man schon ganz einfach in alltäglichen Gesprächen mit älteren oder jüngeren Generationen. In der Industrialisierung wurden Arbeitsprozesse zerlegt, und es mussten Personen gefunden werden, die diesen Teilprozess so schnell wie möglich machen konnten. Menschen wurden somit zu Prozess-Reproduzierenden und sind es bis heute geblieben. Auch