Überirdische Rätsel. Reinhard Habeck
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Seit einem Jahrzehnt zieht es mich magisch zu Erscheinungsstätten, Wallfahrtsorten, Gotteshäusern, Kapellen und hinab in modrige Kirchengrüfte. Dabei begleitet mich himmlisches Glück. Meine Lebenspartnerin Elvira Schwarz aus dem benachbarten Alphörnerland teilt meine Leidenschaft für das Mystische seit Anbeginn. Wir sind schon in ungezählten Pyramidenschächten herumgekrochen, haben auf aktiven Vulkanen getanzt und bestiegen vom Regenguss durchnässt einsame Götterberge. Die gemeinsamen Entdeckungsreisen zu den Schauplätzen des Überirdischen unternehmen wir bevorzugt mit dem Bus oder der Bahn. Weitere Erkundungen vor Ort erfolgen dann meist mit dem Drahtesel oder zu Fuß als Wandervögel. Dabei gab es bisher immer Staunenswertes, bisweilen auch Kurioses und nahezu Unglaubliches zu entdecken. Vieles davon haben wir im Bild festgehalten.
Das vorliegende Buch schließt an die jüngsten Vorgängertitel an. „Steinzeit-Astronauten“ (2014) lotst zu den Felsbildrätseln der Alpenwelt, „Ungelöste Rätsel“ (2015) präsentiert Wunderwerke der Archäologie und „Überirdische Rätsel“ führt nun zu Kultplätzen und Heiligtümern, wo das Wunderbare zur Wirklichkeit gehört. Die Auswahl der geheimnisvollen Orte ist eine subjektive. Mein Wunsch als Autor ist es, dass mir die Mischung geglückt ist. Ich hoffe, jede Leserin und jeder Leser findet etwas Reizvolles, das bei nächstbester Gelegenheit am „Tatort“ überprüft und in Augenschein genommen werden will.
Sieht man von der Kaaba in Mekka ab (allen Nichtmuslimen – so auch mir – wird der Zutritt in den heiligen Bezirk verwehrt), sind sämtliche heilige Stätten zu besichtigen. Für Spurensucher habe ich im Anhang hilfreiche Links und Kontakte genannt. Dabei spielt es keine Rolle, ob man als neugieriger Tourist, wissbegieriger Kunstfreund, hellhöriger Esoteriker oder frommer Pilger unterwegs ist. Für alle gilt das Gleiche: Wer danach sucht, wird vieles entdecken, das zum Staunen einlädt. Wenn das vorliegende Buch als kleine Anregung dafür dient, hat es seinen Zweck erfüllt.
Willkommen in der Welt des Überirdischen!
Wien im September 2016
Erscheinung in Zeitoun
MARIENWUNDER
IN ÄGYPTEN
Erscheinungen der Himmelskönigin, der heilige Matarija-Baum und die Stätte des Uranfangs
„Jedes Naturgesetz, das sich dem Beobachter offenbart, lässt auf ein höheres, noch unerkanntes schließen.“
Alexander Freiherr von Humboldt (1769–1859) Weltreisender und Naturforscher
Wunder gibt es immer wieder
Historisches Gemälde einer Marienerscheinung
Erscheinungen der Gottesmutter Maria zählen zu den großen ungelösten Rätseln der Menschheitsgeschichte. Aus zwei Jahrtausenden liegen über tausend gut dokumentierte Berichte vor. Dazu gehören die berühmten Manifestationen 1531 in Guadalupe (Mexiko), 1858 in Lourdes (Frankreich) und 1917 in Fatima (Portugal). Sie werden vom Vatikan offiziell als „Göttliche Wunder“ anerkannt.
Diese Phänomene ereignen sich entgegen landläufiger Meinung bis heute. Das Muster ist fast immer dasselbe: Kinder, Halbwüchsige oder „naiv veranlagte“ Frauen und Männer – ihrer Unbefangenheit wegen für mediale Offenbarungen besonders empfänglich – begegnen einer geheimnisvollen Lichtgestalt. Diese vermittelt auf telepathischem Wege manchmal eine recht kryptisch klingende Botschaft. Meist zeigt sich die überirdische „Himmelskönigin“ nur vor auserwählten „Seherkindern“ und bleibt für andere Menschen unsichtbar.
Naturwissenschaftler stehen derartigen „Begegnungen“ in der Regel skeptisch bis ablehnend gegenüber. Sie schreiben das angebliche Geschehen der Einbildungskraft der Betroffenen zu. Wie aber sind jene Vorfälle zu bewerten, bei denen nicht nur vermeintlich „auserwählte“ Einzelpersonen das Unerklärliche bezeugen können? Was, wenn sich die „Dame in der Lichtwolke“ über einen längeren Zeitraum dem staunenden Publikum zeigt und von Abertausenden Menschen wahrgenommen, fotografiert und gefilmt werden kann? Solche Ereignisse haben im digitalen Zeitalter mehrfach stattgefunden. Erstaunlicherweise weniger im Herzen der Christenwelt, sondern an Orten, wo man es nicht unbedingt erwarten würde – etwa in Ägypten.
LICHTPHÄNOMENE ÜBER ASSIUT
Wundersames geschah im Jahr 2000 in der Stadt Assiut in Mittelägypten. Im Spätsommer sorgte dort eine Lichtgestalt wiederholt für helle Aufregung. Alles begann am Abend des 17. August 2000, als über der koptischen Sankt-Markus-Kirche „mysteriöse Lichter“, „Tauben aus Licht“ und eine „leuchtende, schwebende Gestalt“ auftauchten. Nicht nur Christen, auch Muslime waren Zeugen des „himmlischen Wunders“, fotografierten und filmten. Selbst Schenuda III. (1923–2012), damals Oberhaupt der Koptisch-Orthodoxen Kirche, erkannte nach eingehender Prüfung die Echtheit der Erscheinung an und bezeichnete sie als „Zeichen des Trostes und des Friedens“. Der Segen für Ägypten erwies sich allerdings als trügerisch. Bis zum heutigen Tag kommt es in Assiut und anderswo in Ägypten immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen islamistischen Fundamentalisten und dem koptischen Bevölkerungsanteil.
Die Heilige Familie bei ihrer Flucht nach Ägypten
Assiut liegt nur wenige Kilometer nördlich des Dorfes Deir Dronka. Hier befindet sich am westlich gelegenen Berghang das „Kloster der Heiligen Jungfrau Maria“ mit Höhlen ehemaliger Einsiedler. Eine davon soll der Legende nach dem Jesuskind, Maria und Josef bei ihrer Flucht vor Herodes’ Häschern mehrere Jahre ein sicheres Versteck geboten haben. Im Neuen Testament wird das Erscheinen eines Engels erwähnt, der Josef zur Flucht geraten hatte: „Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage, denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten.“ (Matthäus 2,13–14)
Die unfreiwillige Reise führte nach koptischen Quellen von Palästina aus über den Sinai ins Nildelta und weiter ins heutige Kairo. Erst nach dem Tod von Herodes, wiederum durch einen himmlischen Boten verkündet, kehrte die Heilige Familie zurück nach Galiläa. Als südlichster Fluchtort wird Assiut genannt. Noch heute ehrt die christliche Gemeinde den „Heiligen Unterschlupf“ von Deir Dronka nahe Assiut, an dem sich immer wieder Wunder ereignen sollen.
Einen Wink zum Übernatürlichen gibt bereits die altägyptische Mythologie: Assiut, abgeleitet von Sauti (auf Deutsch „Wächter“), hat schon im Alten Reich der Pharaonen existiert. Es heißt, die Urstätte sei Geburtsort des schakalartigen Kriegs- und Totengottes Upuaut gewesen. Er wurde als Sohn des Osiris verehrt und war „der Leiter der Götter“ auf dem Weg ins Himmelreich. Upuaut wiederum bedeutet „Wegöffner“. Weltberühmtheit erlangte Upuaut 1993 durch das gleichnamige Mini-Roboter-Fahrzeug des deutschen Ingenieurs Rudolf Gantenbrink. Der Hightech-Einsatz führte zu spektakulären Entdeckungen in den sogenannten „Luftschächten“