Denke, was dein Herz fühlt. Wolf-Dieter Nagl
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Meine persönliche Einladung erhielt ich, als ich im Alter von 18 Jahren den ersten Schritt über die Schwelle der medizinischen Universität setzte, und ich bin ihr unwissentlich gefolgt. Ich möchte Sie an meiner Geschichte teilhaben lassen, da sie veranschaulicht, wie inneres und äußeres Erleben sich gegenseitig beeinflussen, welche Auswirkung unser Denken und Fühlen auf unsere Lebensrealität hat und welche Schlüsse ich aus meiner eigenen Krisenzeit ziehen konnte.
Der Weg in die negative Denkspirale
Mit den überwiegend sonnigen Erfahrungen einer unbeschwerten Schulzeit ausgestattet und von der romantischen Vorstellung des heilbringenden Arztberufes beseelt, betrat ich in jungen Jahren eine klinische Welt, die den Menschen lediglich als chemisches Gemisch aus Atomen und physiologischen Regelkreisen sowie eine auf äußere Reize reagierende Biomaschine definierte. Bestimmt mag diese Wahrnehmung sehr subjektiv gewesen sein und bei Weitem nicht alle meine Studienkommilitonen haben die medizinische Lehre in gleicher Weise negativ empfunden. Doch mit voranschreitenden Semestern erlebte ich damals, wie das Gesamtkunstwerk „Mensch“, das sich aus Körper, Geist und Seele zusammensetzt, in alle möglichen, potenziell pathologischen Einzelteile seziert wurde und dadurch seinen ihm innewohnenden Schöpfungsglanz verlor. Der schmucklose Blick durch die reduktionistische Brille der Naturwissenschaften, der den Menschen nicht mehr in seiner Ganzheit betrachtet, sondern in isolierte Einzelteile aufspaltet, verpixelte die belebenden und einzigartigen Qualitäten des Geistes. In den anatomischen Schnittpräparaten der Gehirne, mit denen ich es in den Seziersälen zu tun hatte, ließen sich keine Lebensvisionen finden, in den Hauptkammern des Herzens keine Spuren von Liebe und Mitgefühl, und die histologischen Bilder der Zellkerne offenbarten keine Bibliothek an einst gemachten Lebenserfahrungen. Selbstverständlich schien auch niemand dort nach ihnen zu suchen.
Zwar hatte ich von Beginn des Studiums an den Glauben, dass die Art und Weise, wie wir denken und fühlen, einen positiven Einfluss auf unsere Gesundheit nehmen könne, doch geriet dieses Weltbild in den biomechanischen Hallen der apparativen Medizin zunehmend ins Wanken. Die Existenz einer geistigen menschlichen Ebene, die das Potenzial für Gesundheit und Heilung in sich trug, verschwand gänzlich unter dem Gewicht tausende Seiten umfassender Bücher, die vorwiegend Krankheiten und deren medikamentöse Behandlung zum Inhalt hatten. Dadurch dass der Fokus permanent auf Pathologien gerichtet war, bekam ich das Gefühl, dass Krankheiten eher die Norm waren und Gesundheit bloß die vorübergehende Abweichung von dieser Norm darstellte. Das scheinbar unbeeinflussbare Würfelspiel der Gene hinterließ ein Gefühl der Machtlosigkeit in mir. Eine negative Denkspirale setzte sich in Gang, die schließlich auf mich selbst übergriff. Wochen und Monate lang quälte ich mich mit Sorgen um meine eigene Gesundheit herum und drehte mich in der Angst vor sämtlichen Krankheiten immer weiter in dieser Abwärtsspirale hinunter. Ich schlitterte in eine depressive Mischkulanz aus Überforderung und Perspektivlosigkeit und musste mir nach langem und zähem Ringen eingestehen, dass mein Weg hier nicht weiterführen würde. Schlussendlich sah ich mich gezwungen, mein Studium auf halbem Weg zu beenden. Ich verließ die Universität nach dreieinhalb Jahren.
Mein Traum war geplatzt und meine seit der Kindheit gehegte Vision, Arzt zu werden, gescheitert. Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte und was mit meinem Leben nun anzufangen sei. Ich gab mir ein halbes Jahr Bedenkzeit, um Klarheit ob meines weiteren Lebensweges zu gewinnen, und erinnere mich, in dieser Zeit von früh bis spät ausschließlich gegrübelt und über den Sinn des Lebens nachgedacht zu haben. Heute weiß ich, dass unablässiges Denken und Analysieren ein Garantierezept für Depression und Verwirrung ist, doch musste ich diese Suppe damals selbst zu Ende löffeln. Es waren dies wohl die dunkelsten, wenn auch lehrreichsten Zeiten meines Lebens.
Der Weg aus der Krise
Nach sechs Monaten Auszeit und dem erfolglosen Versuch, durch Nachdenken eine Lösung zu finden, wollte ich mich wieder der Welt mit ihren Möglichkeiten zuwenden. Ich folgte dem einzig spürbaren Impuls, der nicht dem Getöse meiner rationalen Überlegungen entsprang, und begann, als Kellner zu arbeiten. Daneben beschäftigte ich mich intensiv mit spirituellen Texten und wissenschaftlicher Literatur zum Thema Selbstheilung und holte mir in Seminaren und Psychotherapiesitzungen neue Nahrung für Herz und Verstand. Vor allem lernte ich, wieder mehr auf meine Intuition zu vertrauen und jenen Impulsen zu folgen, die sich in meinem Herzen gut und richtig anfühlten. Ich begann, zu meditieren und meinen Geist genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich suchte den Ursprung meiner Misere in den Untiefen meiner Gedanken und fand ihn dort. Durch diese Introspektion gelang es mir, brauchbare von unbrauchbaren Gedanken zu unterscheiden und destruktive Inhalte vorbeiziehen zu lassen, während ich konstruktive für mich bekräftigte. Wie ein Innenarchitekt machte ich mich daran, meinen psychischen Wohnraum umzukrempeln und meine gedanklichen und emotionalen Einrichtungsgegenstände für mich sinnvoll zu positionieren. Mit zunehmender Veränderung des Geistes bemerkte ich, wie sich in der Folge auch meine Lebensumstände ins Positive wandelten, da ich begann, berufliche und private Richtungsentscheidungen zu treffen, die wiederum in neuen Erfahrungen resultierten. Ich erkannte, dass sowohl die Wahrnehmung als auch die Beschaffenheit der äußeren Realität größtenteils einen Spiegel meiner Innenwelt darstellte. Ich begann, mein Leben von innen heraus zu gestalten.
Und dann kam es zu einer Begegnung, die meinem Leben eine entscheidende neue Richtung geben sollte und die mich letztlich wieder auf den Pfad der Medizin zurückführte. In jenem Lokal, in dem ich servierte, lernte ich eine junge Frau kennen, deren Geschichte mich zutiefst berührte. Sie war professionelle Downhill-Mountainbikerin und erzählte mir von einem dramatischen Sturz, bei dem sie sich beinahe den linken Arm abgerissen hätte. Die Schulter war luxiert, also ausgerenkt, sämtliche Muskeln zerrissen und die Nerven durchtrennt. Die damalige Prognose von vier bemühten Ärzten – allesamt Experten auf ihrem Gebiet – war, dass sie ihren Arm wohl nie wieder verwenden könne und er gelähmt bleiben würde. Die Muskeln waren durch die Nervenschädigung paralysiert und sie konnte nicht einen einzigen Finger bewegen. Jedoch wollte sie sich mit dieser Hiobsbotschaft nicht zufriedengeben und konsultierte einen weiteren Arzt. Dieser meinte schließlich, dass „alles möglich“ sei und sie eine Chance auf Heilung habe, wenn sie hart an ihrer Rehabilitation arbeite, Physiotherapie mache und täglich an ihrem Ziel der Genesung dranbleibe. Es folgte eine intensive Rehabilitationszeit, in der sie zahllose Therapien bekam, täglich trainierte und sich, wie sie mir später verriet, auf nur einen einzigen Gedanken fokussierte: „Für mich gibt es nur Downhill-Fahren. Es gibt nur diese eine Option, dass ich wieder gesund werde!“ Sie hatte diese bemerkenswerte innere Stärke und gleichzeitig kindliche Naivität, diese zukünftige Realität als selbstverständlichen Ausgang ihrer Bemühungen anzunehmen. Eine solch klare Ausrichtung, die jeden Zweifel hinwegfegte. Ein inneres Bild ihrer Vision, das sich unabänderlich in ihrem Geist festsetzte. Und es funktionierte! Ein Jahr nach ihrem Sturz reiste sie wieder von Kontinent zu Kontinent, um in aller Herren Länder Rennen zu fahren. Der Arm war wieder vollkommen funktionstüchtig.
Als ich diese Geschichte vernahm, begann meine alte Vision wieder lebendig zu werden. Der Glaube an die Kraft des Geistes wurde wieder entflammt. Und mit ihm der Glaube an die Möglichkeit, von einer Krankheit genesen zu können, selbst an einem Punkt, wo die Erkrankung bislang als unheilbar galt. In den darauffolgenden Wochen begann der Gedanke in mir zu keimen, das Studium wieder aufzunehmen. Ich wollte einer jener Ärzte werden, die an das unermessliche Potenzial des Menschen glauben und ihren Patienten dabei helfen, dieses für sich zu nutzen.
Nach weiteren langen Monaten kehrte ich schließlich an die Hochschule zurück und beendete am 15. Dezember 2011 mein Studium ein zweites Mal. Diesmal jedoch mit einem Abschluss. Ich war bereit, meinen beruflichen Weg auf eine