Teppichboden - der textile Tausendsassa. Norbert Arnold
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Zudem werden Glattbeläge mit den üblichen Nassreinigungsmethoden zwar nass, aber nicht sauber, weil die trockenen, staubigen Verschmutzungen sich nachweislich „einrollen“. Ähnlich wie Kakaopulver in kalter Milch oder Mehl, das mit Wasser übergossen wird, rollt sich der Schmutz in Wasser ein. So wird der Mob bzw. das Reinigungstuch über den Schmutz bewegt, ohne ihn wirklich aufzunehmen. Nur durch den zusätzlichen Einsatz chemischer Mittel kann der Schmutz so weit vorbereitet werden, dass eine Bindung und somit eine wirkungsvolle Entfernung möglich ist.
Geradezu explosionsartig wachsen beim üblichen Nassreinigungsverfahren Keime, deren Lebenselixier eben dieses Wasser ist. So befinden sich ungefähr eine Stunde nach erfolgter Nassreinigung nachweislich 300 bis 400 % mehr Keime auf Glattböden als unmittelbar vor der Reinigung.
Im Gegensatz dazu kommt Teppichboden im Regelfalle nur ausnahmsweise mit Wasser in Kontakt. Anstatt nass zu wischen, wird er einfach mit einem Bürststaubsauger abgesaugt. Untersuchungen im Krankenhaus haben zudem gezeigt, dass nicht der nass gewischte Belag der hygienische ist, sondern der Belag, der mit Wasser möglichst nicht in Berührung kommt – also Teppichboden. Dieser Umstand hat zur Folge, dass Krankenhäuser immer öfter Teppichböden in die Stationsflure und Patientenzimmer einbringen. Auch Schulen und Kindergärten sind zunehmend am Produkt Teppichboden interessiert.
Nicht außer Acht lassen sollte man auch den „Sammel-Effekt" von textilen Böden. Es ist sicher unbestritten, dass die Teppichbodenfasern Staub besser festhalten als Glattböden. So wird bei jeder Bewegung auf Parkett und PVC, Linoleum, Steinen, keramischen Fliesen und Marmor Staub auf und hinter der jeweiligen Person hergewirbelt. Teppichboden hält den einmal mit ihm in Berührung gekommenen Staub so lange fest, bis er durch Absaugen oder eine Intensivreinigung beseitigt wird.
Die Staubbindungskräfte von Teppichboden sind so hoch, dass bei ihm eine bis zu 15-fach höhere Luftanström-Geschwindigkeit als bei Glattboden nötig ist, um Staubpartikel von ihm zu lösen und in die Atemluft zu befördern. Speziell für Hausstaub(milben)allergiker ein segensreicher Umstand.
Dieser Sachverhalt ist kaum jemandem bekannt. Im Gegenteil dazu unterstellt man dem Teppichboden, Allergien auszulösen. Es ist jedoch bis heute noch kein einziger Fall bekannt, bei dem ein Teppichboden allergieauslösend gewesen wäre.
Viel mehr Wert sollte der Betreiber darauf legen, dass die Ursachen einer Verkeimung – nämlich schlechte Pflege und Reinigung des Belages – beseitigt werden. Zumal dieser Umstand auch die Lebensdauer des Teppichbodens erheblich beeinflusst.
Die Keimbelastung der Luft in Räumen, die mit Teppichboden ausgelegt sind, ist signifikant niedriger als bei denen, die mit Glattböden ausgestattet sind. So erfolgt nach Prof. Dr. Grün die Ablösung von Teppichböden erst bei Anströmungs-Geschwindigkeiten von 4,5 bis 5,5 m/Sek., was einer Windstärke von 2 bis 3 entspricht. Diese liegt in Wohnungen selbst bei Zugluft und unter Türritzen mit ca. 1 bis 2 m/Sek. darunter.
Die normale Luftströmung im Wohnbereich beträgt ungefähr 0,1 bis 0,3 m/Sek. Nur im Bereich der Türbewegungen werden viel höhere Geschwindigkeiten erreicht. Demnach kommt es bei Teppichböden nicht zu Staubaufwirbelungen.
1.7 Entsorgung von Teppichböden
Selbst die Entsorgung bzw. das Recycling ist für die Teppichbodenindustrie trotz des komplizierten, heterogenen Aufbaus eines Teppichbodens keine unlösbare Aufgabe geblieben. Für viele Kritiker und selbst für Fachleute eine faszinierende Tatsache: Teppichboden ist recycelfähig. In Deutschland beschäftigen sich inzwischen einige Recyclinganlagen ausschließlich mit der Wiederverwertung von Teppichbodenresten und Altbeständen. Wenn also der Teppichboden einmal entfernt werden muss, ist es nicht mehr nötig, dieses grundsätzlich wertvolle Produkt auf Müllhalden zu deponieren.
Andererseits ist Teppichboden geparkte Heizenergie. Der Brennwert eines synthetischen Teppichbodens liegt etwa bei dem von Heizöl und kann somit in Müllverbrennungsanlagen Energie erzeugend verbrannt werden. Vor allem deshalb, weil in solchen Verbrennungsanlagen zur Aufrechterhaltung des Betriebes ansonsten üblicherweise Heizöl verbrannt wird, erscheint die thermische Lösung durchaus sinnvoll.
Mit der heutigen Verbrennungstechnik ist dabei eine erheblich schadstoffärmere Verbrennung möglich als bei der Verbrennung von natürlichen Rohstoffen im privaten offenen Kamin – aber auch das weiß kaum jemand.
1.8 Belastung
Eine weit verbreitete Meinung lautet, dass Glattbeläge – egal welcher Art – preiswerter, stärker belastbar, länger haltbar und besser zu reinigen sind als Teppichböden. Was hat es jedoch mit solchen Behauptungen auf sich?
Nahezu alle Nutzer diverser Glattbeläge behaupten, dass die von ihnen gewählte Belagsart besonders strapazierfähig ist. Schaut man sich aber einmal die Bodenbelagssituation etwas genauer an, stellt man fest, dass lediglich drei Oberflächenarten einer direkten Nutzung ausgesetzt sind:
1 kalkhaltige Natursteine (Marmor und Travertin) aus optischen Gründen,
2 kalkfreie Natursteine (Granit und granitähnliche Steine, Schiefer, Sandstein etc.) sowie
3 geschlossene, hart gebrannte keramische bzw. glasierte Fliesen.
Alle anderen Glattbelagsoberflächen bedürfen einer eher aufwendig und kostenintensiv durchgeführten Grundreinigung bzw. Einpflege. Dabei fungiert der Glattbelag lediglich als Träger für die nötige aufzubringende Chemie. Ohne diese „Versiegelung“ wäre ein Glattbelag nicht annähernd so strapazierfähig und leicht zu reinigen, wie immer wieder suggeriert wird.
Korkbelagsoberflächen erhalten beispielsweise eine PVC- oder Polyurethan-Beschichtung, damit eine Nutzung als Bodenbelag überhaupt möglich ist. Linoleumbeläge werden mit einer Polyurethan-Beschichtung ausgerüstet, die eine Reinigung bei überschaubaren Kosten erlaubt. Würde das nicht geschehen, würde alleine das Wachsen der Oberfläche schier unbezahlbar werden. Dies gilt in gleichem Maße ebenso für Gummi und Parkett. Hierbei ist die Beschichtung absolut qualitätsentscheidend. Selbst die allgemein als dicht angesehenen PVC-Belagsoberflächen werden meist mit Polyurethan „gehärtet“.
Der Nutzer strapaziert also jeweils immer nur die Schutzschicht – nie den Belag selbst.
Ohne ausreichenden Chemieeinsatz in Form solcher Veredelungen wären sowohl der Verschleiß als auch der Reinigungsaufwand bei allen diesen Glattbelägen geradezu unzumutbar hoch.
Teppichboden hingegen wird direkt und unmittelbar – also ohne jeglichen schützenden Chemiefilm – Belastungen und Schmutz ausgesetzt. Man bewegt sich demnach auf genau dem, was man gekauft hat – Wolle, Polyamid etc. Man bewegt sich beispielsweise damit nicht auf einem Linoleumträger mit chemischer PUR-Versiegelung, bei dem das Linoleum lediglich eine Alibifunktion übernimmt.
Somit hinterlässt der Glattboden auch in dieser Kategorie keinen überragenden Eindruck.
1.9 Reinigungsaufwand
Ebenfalls vertreten nahezu alle Nutzer diverser Glattbeläge die Meinung, dass die von ihnen gewählte Belagsart besonders einfach und leicht zu pflegen und zu reinigen ist; weil sie davon ausgehen, dass ihr jeweiliger Belag nur mit Wasser gereinigt wird – was selbstverständlich nicht der Fall ist. Betrachtet man sich also auch hier einmal die Bodenbelagssituation etwas genauer, stellt man fest, dass es in Wirklichkeit statt „einfach und leicht“ eher „kompliziert und risikoreich“ heißen müsste.
Reinigungstechnisch