Drogen. Barbara Gegenhuber
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Neben diesen Bestimmungen, die straffällig gewordene Abhängige betreffen, gibt es noch eine weitere Ebene, die vorwiegend den sekundärpräventiven Aspekten dienen soll, also jenen Personen Angebote macht, die bereits in Kontakt mit illegalisierten Substanzen gekommen sind. Spezielle Regelungen gibt es in Schulen und beim Bundesheer, die mit einer Art internem Krisenmanagementsystem sicherstellen, dass erstauffällige Konsument*innen möglichst rasch dem Gesundheitssystem zugeführt werden, ohne die Justiz einzuschalten. Fällt in diesen Institutionen jemand bezüglich Drogenmissbrauchs auf, wird der schul- beziehungsweise heeresinterne ärztliche sowie psychologische Dienst verständigt, der abklärt, ob weitere gesundheitsbezogene Maßnahmen notwendig sind. Damit ist sichergestellt, dass erstauffällige Betroffene möglichst rasch und diskret Hilfestellung erhalten.
Die Regelungen bezüglich des Konsums illegalisierter Drogen in Schulen ist in Österreich in § 13 des Suchtmittelgesetzes geregelt, dort heißt es in Absatz 1:
„Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, daß ein Schüler Suchtgift mißbraucht, so hat ihn der Leiter der Schule einer schulärztlichen Untersuchung zuzuführen. Der schulpsychologische Dienst ist erforderlichenfalls beizuziehen. Ergibt die Untersuchung, daß eine gesundheitsbezogene Maßnahme gemäß § 11 Abs. 2 notwendig ist und ist diese nicht sichergestellt, oder wird vom Schüler, den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten die schulärztliche Untersuchung oder die Konsultierung des schulpsychologischen Dienstes verweigert, so hat der Leiter der Schule anstelle einer Strafanzeige davon die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zu verständigen. Schulen im Sinne dieser Bestimmungen sind die öffentlichen und privaten Schulen gemäß Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, die öffentlichen land- und forstwirtschaftlichen Schulen sowie alle anderen Privatschulen.“
Praktisch bedeutet das, dass Lehrer*innen beim Verdacht auf Drogengebrauch einer Schülerin oder eines Schülers zuerst die Direktion zu verständigen haben, die beim begründeten Verdacht auf Suchtmittelmissbrauch wiederum verpflichtet ist, eine schulärztliche beziehungsweise schulpsychologische Untersuchung zu veranlassen und die Eltern zu verständigen. Wenn der oder die Schüler*in die Untersuchung verweigert, muss die Schulleitung die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde verständigen, es darf aber keine andere Behörde, also auch nicht die Polizei, verständigt werden. Vor dem Hintergrund der Leitlinie „Helfen statt strafen“ ist dies durchaus sinnvoll. Von den involvierten Vertreter*innen des Gesundheitswesens wird nun in weiterer Folge entschieden, ob und welche gesundheitsbezogenen Maßnahmen notwendig sind. Mit dieser Vorgehensweise versucht der Gesetzgeber, einen möglichst unaufgeregten und nicht stigmatisierenden Umgang mit dem Thema Drogen bei Kindern und Jugendlichen an den Schulen zu verfolgen. Ein Ansatz, der weit sinnvoller ist, als mit Strafen, Schulverweisen oder anderen disziplinierenden Maßnahmen ohnehin schon gefährdete Jugendliche auszugrenzen, ihnen Bildungschancen zu nehmen und damit den Weg in den weiteren Drogenmissbrauch zu fördern.
WIE DROGEN WIRKEN
Wovon sprechen wir eigentlich, wenn wir von Drogen sprechen, was ist der Unterschied zwischen harten und weichen Drogen und wozu zählt der Alkohol? Um diese Fragen zu beantworten, muss man zuerst den Begriff „Droge“ näher beleuchten. Fragt man hundert verschiedene Personen, welche Drogen sie kennen, werden wahrscheinlich Substanzen wie Heroin, Kokain, eventuell noch Cannabis oder LSD genannt. Zu einem hohen Prozentsatz vermutlich jene Substanzen, die gesellschaftlich weniger anerkannt und darüber hinaus verboten sind. Erweitert man diese Befragung hinsichtlich der Gefährlichkeit unterschiedlicher Drogen, stehen ebenfalls schnell die illegalisierten Substanzen ganz weit oben auf der Liste. An den Ergebnissen derartiger Untersuchungen wird auch deutlich, wie wenig Wissen tatsächlich über Drogen und deren Gefahrenpotenzial vorhanden ist. In einer österreichischen Bevölkerungsbefragung schätzten beispielsweise knappe 95 Prozent Drogen wie Heroin oder Kokain als gefährlich ein, aber auch LSD – das ein vergleichsweise niedriges Schadens- und Abhängigkeitspotenzial hat – halten 94 Prozent der Befragten für gefährlich, gleich an zweiter Stelle der risikobehaftetsten Substanzen nach Heroin. Sekt hält gerade einmal jeder Fünfte, Bier jeder Vierte für gefährlich. Drei Viertel glauben, auf Cannabis wird man leicht süchtig, nur ein gutes Drittel glaubt dies hingegen bei Wein oder Bier [100]. Einschätzungen, die in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Schadens- und Suchtpotenzial dieser Substanzen stehen.
Die meisten Menschen haben also ein Bild davon, was Drogen sind, oder zumindest eine vage Vorstellung. Hört man das Wort „Droge“ denkt man an Abhängigkeit, Gefährlichkeit, Risiko, eventuell sogar an Gefängnis oder Tod. Bilder von verwahrlosten Menschen, die in U-Bahn-Stationen oder auf öffentlichen Plätzen herumlungern, machen sich breit, vielleicht auch von Stars oder Mitgliedern der sogenannten High Society, die auf Partys Kokain sniefen. Drogen haben für viele Menschen etwas Abschreckendes, Gefährliches und Fremdes, auf andere wieder üben sie eine Faszination aus. So viele Bilder und Vorstellungen mit dem Begriff der Droge transportiert werden, so ungenau ist die Beschreibung, was er beinhaltet, eine wissenschaftlich exakte Definition des Begriffes gibt es nicht.
Auch die Herkunft des Wortes an sich hilft nicht wesentlich weiter. Der Begriff „Droge“ kommt vom althochdeutschen Wort drög, was so viel wie „trocken“ bedeutet und sich auf getrocknete Pflanzen oder Pflanzenteile zur Herstellung von Gewürzen oder pharmazeutisch wirksamen Arzneimittel bezieht. Folgt man der Begrifflichkeit, wären damit chemische Substanzen wie LSD oder Kokain keine Drogen, da sie nicht aus getrockneten Pflanzen bestehen. Auch im Englischen hat der Begriff drugs eine andere Bedeutung als im Deutschen, in den allseits verbreiteten drug stores kann man in den USA nämlich nicht Heroin und Kokain kaufen, sondern Arzneimittel, es handelt sich um Drogerien.
Der Begriff Droge beschreibt in unserem Sprachgebrauch in der Regel illegalisierte Substanzen und ist mit Mythen, Ängsten und Fantasien behaftet. Die fehlende Neutralität ist gleichzeitig ein Teil des Problems. Der Begriff transportiert immer eine bestimmte Bedeutung, für die meisten Menschen eine negative. So gibt es auf der einen Seite die in der Gesellschaft zumeist geächteten Drogenkonsument*innen, auf der anderen Seite die gesellschaftlich weitgehend anerkannten Alkoholkonsument*innen. Mit einem unterschiedlichen Gefährlichkeitspotenzial hat diese Unterscheidung nichts zu tun, es gibt durchaus einige Substanzen, die gemeinhin unter den Begriff Droge fallen, jedoch gesundheitlich weniger bedenklich sind als der Konsum von Alkohol. Diese Unterteilung in legalisierte und illegalisierte Substanzen zur Gefährlichkeitseinschätzung macht demnach nur bedingt Sinn. Auch Alkohol und Nikotin sind Drogen, nur wesentlich weiter verbreitete als Heroin, Kokain oder Cannabis.
Die exaktere sowie weniger moralisierende Bezeichnung ist psychoaktive oder psychotrope Substanzen. Darunter versteht man Stoffe, die in der Lage sind, die Wahrnehmung, das Verhalten, die Befindlichkeit oder Denkprozesse zu beeinflussen. Sie wirken auf das zentrale Nervensystem und lösen dort