Ich bin am besten wie ich bin. Группа авторов

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Ich bin am besten wie ich bin - Группа авторов

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Kellerfenster fällt genügend Licht ein, um sich umzuschauen. Fehlanzeige. Auch der Keller ist topsauber! Es gibt einen Hobbyraum, in dem sämtliche Werkzeuge ordentlich an Haken an der Wand hängen, im Fahrradkeller stehen blitzende Fahrräder, genau vier – kein Schrott und keine kaputten Kinderfahrräder und Roller zwischen den Fahrrädern, wie bei uns. Es gibt sogar einen Partykeller und einen Wäschekeller mit einer Mangel, alles riecht frisch und sauber. Ich gehe hinein, wow, so einen Keller hätte ich auch gern. Wir haben die Waschmaschine im Badezimmer und teilen uns mit den anderen Mietern einen Trockenspeicher. Ich will gerade wieder hinausschlüpfen, da sehe ich in der hintersten Ecke, noch hinter dem Wäscheständer, eine Tür aus schwerem Eisen.

      Wenn schon, denn schon. Ich schiebe mich an dem Ständer vorbei und drücke die Klinke, aber es ist abgeschlossen. Wahrscheinlich der Heizungskeller, nicht so interessant. Es wird sowieso Zeit, dass ich zurück ins Wohnzimmer gehe, es wäre mir ja doch peinlich, beim Schnüffeln entdeckt zu werden. Ich drehe mich zum Ausgang, da höre ich etwas.

      „Hallo?“ Eine leise Stimme, vorsichtig, zaghaft. „Hallo, ist da jemand?“

      Die Stimme kommt aus dem verschlossenen Kellerraum. Ich erkenne sie, aber das kann eigentlich nicht sein. Da müsste es ja einen separaten Zugang zu diesem Raum hinter der Tür geben, Karin ist sicherlich nicht an mir vorbeigeschlichen. Und warum sollte sie sich dort einschließen? Außerdem telefoniert sie doch, ich hab’s gerade noch gehört.

      „Mama“, eine andere Stimme, „Mama, da ist niemand. Gib es auf, es wird keiner kommen.“

      Das ist Thea, eindeutig.

      Ich räuspere mich.

      „Was ist hier los? Warum seid ihr plötzlich hier unten?“ Meine Stimme krächzt, es ist alles irgendwie absurd.

      Einen Moment Schweigen, ich spüre geradezu die Spannung hinter der Tür.

      „Wer sind Sie?“

      „Na wer schon, Doris natürlich.“

      „Doris?“ Es klingt ungläubig „Das kann doch nicht sein! Doris Lütke?“

      Das wird ja immer besser. Das heißt nein, es wird immer gruseliger! Ich bin völlig perplex, und gleichzeitig spüre ich, dass mir kalt wird. Meine Hände und Füße fühlen sich taub an, mein Herz klopft wild, am liebsten würde ich jetzt einfach wegrennen, aber ich kann nicht. Was ist hier los, um Gottes willen?

      „Doris!“ Wieder Karins Stimme, wild, hysterisch! „Hol uns hier raus! Da muss irgendwo ein Schlüssel sein, bitte, beeil dich!“

      „Mama, sei ruhig, sie hören uns noch!“ Auch Thea klingt hysterisch.

      „Wer ist die Frau, Mama?“ Tims Stimme, ganz leise, verwirrt.

      „Eine alte Freundin. Mach schnell, Doris, BITTE!“ Karin unterdrückt krampfhaft ihr Schluchzen, jetzt weint auch Thea.

      Ich verstehe gar nichts, aber ich muss helfen, das ist ein Notfall! Auch wenn ich nicht weiß, was für einer. Sind sie durch eine Falltür vom Wohnzimmer direkt in diesen Keller gestürzt? Keine Zeit, nachzudenken, später, erst mal hol ich sie hier raus. Ich schaue mich fieberhaft in dem dämmrigen Wäschekeller um. Er wirkt so aufgeräumt, so sauber, so, wie ein Wäschekeller in der Werbung auszusehen hat, gleich wird die schmunzelnde Mutti das dreckige T-Shirt ihres Sohnemannes einweichen, gleich wird sie sich begeistert über Waschkraft und Aprilfrische äußern, nein, dieser geweißte Keller mit seiner topmodernen Waschmaschine, dem Trockner, dem Becken für die Handwäsche, all das passt nicht zu dem Grauen, das mich gepackt hat, nicht zu dem verzweifelten Weinen hinter der Tür.

      Ich muss den Schlüssel finden! Ich stoße gegen den Wäscheständer, es scheppert und ich kann ihn gerade noch am Umfallen hindern. Karin stöhnt. Verzweifelt tappe ich im Halbdunkeln hin und her, streiche über die Wände, ob da nicht irgendwo ein Nagel mit einem Schlüssel dran ist, fahre mit den Händen an sämtlichen Regalen entlang, in denen sauber gefaltete Handtücher und gemangelte Tischdecken liegen, hier ist nichts, gar nichts, vielleicht im Hobbyraum? Ich habe Angst, das Licht anzumachen, bin mir nicht sicher, ob ich zu Beginn meiner Expedition die Kellertür hinter mir zugezogen habe, und das Licht würde mich verraten, sie würden runterkommen. Warum sie, sie sind doch hier unten, hinter der Tür, sie, wer sind sie?

      „Was haben wir denn hier?“

      „Doris, lauf!!!!“

      Aber Karins Schrei kommt zu spät, das Licht ist schon aufgeflammt und ich starre verschreckt in Karins lächelndes Gesicht im Türrahmen. Sie ist nicht alleine gekommen, die Kinder und der Hund stehen neben ihr, starren mich an und Rolli bleckt die Zähne, knurrt leise, drohend. Er sieht überhaupt nicht mehr nach Bundesverdienstkreuz aus – ein Schritt, und er geht mir an die Kehle, das ist klar.

      „Wer bist du?“, frage ich, meine Stimme ist ganz zittrig. Da ist er wieder, dieser nachsichtige Gesichtsausdruck, Karins Ausdruck.

      „Ich bin Karin, das weißt du doch“, sagt sie mit ganz leichtem Tadel in der Stimme.

      „Nein, das ist nicht wahr. Karin und die Kinder sind hinter der Tür. Wer seid ihr?“ Ich habe Angst, aber ich bin auch wütend. Wütend, entsetzt und ich weiß nicht, was.

      „Ich hab’s dir doch gesagt. Ich bin Karin. Die eigentliche Karin, die Karin, wie sie sein sollte, die perfekte Karin mit ihrer perfekten christlichen Familie!“

      Sie lächelt sanft, während Thea und Tim mich weiter ausdruckslos anstarren und der Hund immer noch leise knurrt.

      „Wo kommt ihr her?“, frage ich.

      Das Ding, das sich Karin nennt, schaut mich freundlich an.

      „Deine Freundin Karin hat die Firma um Hilfe gebeten“, sagt es. „Und das war in der Tat höchste Zeit, dass sie uns eingeschaltet hat!“

      „Welche Firma?“

      „Christian Klono-Tech. Die perfekte christliche Ersatzperson für die perfekte christliche Gelegenheit.“ Jetzt spult es einen Text herunter, die Stimme klingt strahlend wie bei einer Werbesendung, die Zähne sind zu einem breiten Lächeln gefletscht. Offenbar ist der Programm-Modus angesprungen. „Wie sollen wir die Welt erreichen, wenn wir nicht selbst ein strahlendes Licht sind? Perfekt? Freundlich? Modisch und gepflegt? Sozial engagiert? In der Gemeinde tätig? Exzellente Leistungen auf sämtlichen Gebieten? Vorzeigefamilien mit Vorzeigekindern?“ Auch Thea und Tim zeigen nun strahlende Zähne, sprechen unisono den Text mit: „Christian Klono-Tech schickt Ihnen den perfekten Ersatz, wenn Sie selbst den Ansprüchen nicht genügen. Eine Haarprobe reicht – und für Sie völlig kostenlos!“

      „Es gibt genügend Sponsoren im Hintergrund“, setzt das Karin-Ding nun mit normaler Stimme hinzu. „Sie haben die große Vision, die gesamte Christenheit zu perfektionieren. Ist einfach ein besseres Zeugnis, als diese ganzen Verlierer, die die Gemeinden bevölkern.“ Es zuckt die Achseln. „Eigentlich hat Karin mich ja nur als temporäre Vertretung bestellt. Ihr wurde alles zu viel, aber das sollte keiner merken. Sie ist ja sehr anspruchsvoll und selbstkritisch. Einige Aktivitäten wurden dann von mir übernommen, und ich habe einen wesentlich besseren Job gemacht, als sie je gekonnt hätte.“

      Das Ding rümpft die Nase.

      „Ja, wir haben festgestellt, dass sie tatsächlich in sämtlichen Bereichen völlig unzureichend war – und die Kinder erst! Thea hat, als sie in die Pupertät gekommen ist, einige Kilos zugelegt, und dann noch diese Pickel. Dabei

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