Weihnachtswundernacht 4. Группа авторов

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Weihnachtswundernacht 4 - Группа авторов

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Herbst folgte ohne Vorankündigung der Super-GAU. Es war das Jahr vor meiner Konfirmation und somit planmäßig das letzte, in dem man noch ohne Peinlichkeit im Krippenspiel mitwirken konnte. Nun war ich aus den Vorjahren große Rollen und Erfolge gewohnt und ging natürlich davon aus, dem zum krönenden Abschluss noch eins draufsetzen zu können. Doch an dem Tag, an dem die Rollen vergeben wurden, war ich nicht da. Vielleicht kam ich auch nur zu spät, ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall waren alle bedeutsamen Rollen schon vergeben und mir blieb die Kleinrolle des Wirtes, der nur einen einzigen Satz zu sprechen hatte: „Alle Betten sind belegt!“

      Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken! Ich, der Star der vorangegangenen Krippenspiele, musste erleben, wie in diesem, meinem letzten Weihnachtsspiel andere brillierten. Mir blieb eine unbedeutende Nebenrolle.

      „Alle Betten sind belegt!“

      Nach dem Höhenflug der tiefe Fall – und das in meinen jungen Jahren! Da war sie wieder, die Lebensmetapher. Das ganze Leben, ein Kinderkrippenspiel. Letztes Kapitel: Konkurrenz im eigenen Stall.

      Fügte ich meiner Erinnerung ein paar filmisch-dramatische Nuancen hinzu, wären beim Auszug aus der Kirche alle Augen entsetzt auf mich gerichtet – oder schlimmer noch: Die Blicke hätten sich von mir abgewandt, als klar wurde, mehr kommt nicht vom Wirt, als dieser eine Satz. Die Geigen und Flöten würden von der Empore herab besonders schrill und schief klingen, statt Oh du fröhliche! das Lied vom Tod spielen. In Zeitlupe wäre ich, den Kopf zu Boden gesenkt und die Schamesröte im Gesicht, durch den Mittelgang aus der Kirche entflohen. Welch ein erbärmliches Ende meiner hoffnungsvollen Schauspielkarriere!

      Vom gefeierten zum gefallenen Helden. Das Leben, ein Kinderkrippenspiel: Triumph und Tränen, Freud und Leid – wie nah liegt das beisammen!

      Und dann geschah das Unfassbare: Das Leben ging weiter! Doch nicht nur das! Meine subjektiv empfundene größtmögliche Niederlage fiel in Anbetracht des Weihnachtstrubels kaum ins Gewicht. Am Ende des Gottesdienstes durfte sich jeder noch eines der Geschenke-Päckchen mit Süßigkeiten abholen, die unter dem riesigen Weihnachtsbaum gestapelt waren. Auch ich. Aus langjähriger Erfahrung wusste ich, dass eine Packung „Manner-Waffeln“ standardmäßig mitverpackt war. Ein zusätzlicher Anreiz, mich für mein Päckchen anzustellen. Zu Hause gab es ein herrliches Festmahl und auch die Bescherung fiel nicht weniger üppig aus als sonst. Wie konnte das sein? Ich hatte im Vergleich zu den Vorjahren viel weniger geleistet. Ich hatte einen einzigen unbedeutenden Satz zum Krippenspiel beigetragen, hatte weder als Josef, noch als Erzähler brilliert, nicht mit Worten gespielt, mit Mimik geglänzt, mit Charme gepunktet, mit Witz beeindruckt. Ich war an diesem Abend kein Held – und wurde doch beschenkt.

      Das Leben, ein Kinderkrippenspiel. Darum geht’s: Sich beschenken zu lassen. Unverdient und ohne Gegenleistung. Ein Kind kommt auf die Welt und macht uns inmitten allen Versagens und aller Enttäuschung das größte Geschenk: Versöhnung mit ganz oben. Frieden. Statt vergänglichem Ruhm ewiges Leben.

      Ich habe in den vielen Jahren seit dem enttäuschenden Ende meiner Kinderkrippenspielkarriere weiß Gott nicht häufig die Heldenrolle gespielt. Doch Geschenke gab’s zu Weihnachten noch jedes Jahr. Von allen aber bleibt am Ende nur das eine: Der Grund, warum wir Weihnachten feiern. Ob mit oder ohne Kinderkrippenspiel.

      KLAUS-ANDRÉ EICKHOFF

      P. S.: Für mein Kabarettprogramm „Ach, du fröhliche!“, mit dem ich zur Adventszeit auf Tour bin, habe ich das Lied Kinderkrippenspiel geschrieben. In dieser Geschichte habe ich es nach- und auserzählt. In Reimform liest es sich wie folgt (zu hören und sehen ist es auf meiner Homepage www.ka-eickhoff.net):

       Kinderkrippenspiel

       Nicht der 3. Zwerg von rechts, nicht der 4. Baum von links,

       die erste Rolle, die ich spielte, war allerdings

       sehr viel tragender als etwa nur in Reihe zwei von rechts im Engelschor der Vierte:

       Meine Krippenspielkarriere begann als 2. Hirte.

       Ich war überaus erfolgreich, bald berüchtigt und bekannt.

       Ich spielte die Hirtenkollegen 1 und 3 an die Wand.

       Und selbst Josef mit der herzzerreißend rührenden Maria wirkte eher blass und zahm.

       Sodass ich schon im nächsten Jahr seine Rolle bekam.

       Und ich glänzte auch als Josef und erntete Applaus

       und stach ganz nebenbei all meine Nebenbuhler aus.

       Das Ganze hatte nur den Haken, dass Maria nicht Anita war, wie noch im Jahr zuvor.

       Tapfer stützte ich Brunhilde und kam mir etwas komisch vor.

       Und wie ich heute weiß, das ganze Leben steckt, da sag‘ ich nicht zu viel

       – Rollenfindung und Applaus und ein komisches Gefühl –

       in einem Kinderkrippenspiel.

       Ich krönte meine Laufbahn im Jahr darauf höchst triumphal

       mit der Rolle meines Lebens, dem Erzähler, der Tür zum Stall.

       „Ich bin die Tür zum Stall, ich rufe euch Menschen all,

       still anzuhören und zu seh‘n, was hier im Stalle ist gescheh‘n.“

       Da plötzlich stolperte ein Engel und flog krachend, ungebremst, den Kopf voran, voll in die Krippe

       und stahl mir fast die Show mit seiner dicken Lippe.

       Im nächsten Jahr kam ich zu spät, fast alle Rollen standen schon fest.

       Schließlich spielte ich den Wirt, natürlich nur unter Protest.

       Denn wie hat mich, dass der Wirt im ganzen Stück nur einen Satz zu sprechen hatte, aufgeregt!

       Am Ende nur vier Worte: „Alle Betten sind belegt.“

       Und wie ich heute weiß, das ganze Leben steckt, da sag‘ ich nicht zu viel,

       – Höhenflug und tiefer Fall, Konkurrenz im eignen Stall –

       in einem Kinderkrippenspiel.

       Kommst du zu spät, bestraft dich eben das Leben – wie in einem Kinderkrippenspiel.

       Ein kurzer Satz, ein schneller Abgang, im Kirchenraum betretenes Schweigen.

       Von der Empore obendrein nur schiefe Flöten, schräge Geigen.

       Doch hab ich nicht bei der Bescherung

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