„. . . in einer steinernen Urkunde lesen“. Ulrike Glatz

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„. . . in einer steinernen Urkunde lesen“ - Ulrike Glatz

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sie eine rege Korrespondenz mit bedeutenden Persönlichkeiten der Zeit.

      Nach dem Auszug Hildegards wurde es ruhig um den Disibodenberg. Das im 13. Jh. nur noch von wenigen Mönchen besetzte Kloster wurde dem Zisterzienserkloster Otterberg übergeben. Eine neue wirtschaftliche und geistige Blüte begann, was sich in mehreren Neu- und Umbauten, unter anderem auch dem der Abteikirche, niederschlug. Zahlreiche Grabsteine spiegeln die Anziehungskraft des Klosters in dieser Zeit wider. Es war begehrte Begräbnisstätte für zahlreiche Stifter.

      Doch auch hier kam der Niedergang. Im 16. Jh. wurde das Kloster nach langen Querelen aufgelöst, die Bauten befanden sich in schlechtem Zustand. Der letzte Abt heiratete 1560 und wurde evangelischer Pfarrer.

      Seit dieser Zeit wurden die Ländereien des Klosters verpachtet, ein Teil der Klostergebäude eine Zeit lang von den Pächtern bewohnt. Bis in das 18. Jh. standen noch eindrucksvolle Überreste der Klosteranlage, wie historische Darstellungen zeigen. Im späten 18. Jh. begann der Abbruch, die Bewohner der Gegend benutzten die Bauten als Steinbruch, die Zerstörung des Klosters konnte trotz aller Verbote nicht verhindert werden.

      Im 19. Jh. wandelte man das Terrain um in eine gärtnerisch gestaltete Ruinenlandschaft ganz im Sinne der Romantik, beliebtes Ausflugsziel für die Kurgäste der nahe gelegenen Bäder Kreuznach und Bad Münster am Stein. Heute liegen die Fundamentmauern wie ein riesiger Grundriss inmitten eines Waldgebietes. Noch immer beeindruckend sind die Ruinen der Klosterkirche und des Kreuzgangs, der Marienkapelle sowie des Abteigebäudes und des Hospizes.

      Auch wenn der Standort der Frauenklause nicht sicher nachgewiesen werden kann, so ist der gesamte Disibodenberg der Ort, an dem eine der außergewöhnlichsten Frauengestalten des 12. Jhs. ihre prägende Zeit erlebte.

       www.disibodenberg.de

      Literatur

      Hildegard von Bingen 1098–1179, Ausst. Kat., Mainz 1998.

      Falko Daim/Antje Kluge-Pinske (Hrsg.), Als Hildegard noch nicht in Bingen war, Regensburg/Mainz 2009.

      O Tochter, möge Gott dich zu einem Spiegel des Lebens machen … Diejenigen, die Gottes Werke zu vollbringen wünschen, sollen immer darauf achten, dass sie irdene zerbrechliche Gefäße sind, weil es nur Menschen sind.

      Einsam in idyllischer Landschaft im Taunus liegt das ehemalige Kloster Schönau. Durch ihre Abgeschiedenheit bietet die aus nur wenigen Bauten bestehende Klosteranlage mit der Klosterkirche, dem Kreuzgang und den Klostergebäuden einen Eindruck der Ruhe und der Besinnung, wie es schon die bedeutendste Nonne Elisabeth in der Gründungszeit im 12. Jh. erlebt haben dürfte, auch wenn die Klosterbauten heute aus gotischer bzw. barocker Zeit stammen.

      Wie viele Klostergründungen dieser Zeit stiftete ein Adliger, Graf Rupprecht von Laurenburg, 1132 die Abtei, um sein Seelenheil durch das ständige Gebet der Mönche zu sichern. Die Klosterkirche wurde als dreischiffige Basilika mit einer Doppelturmfassade errichtet, wie eine frühe Darstellung zeigt. Teile des Mauerwerks sind im gotischen Chor der heutigen Kirche noch erhalten, Reste der Bauplastik wie Kapitelle und Basen von Säulen lassen etwas vom einstigen architektonischen Reichtum erahnen. Mönche aus dem Benediktinerkloster St. Jakob in Mainz besiedelten Schönau, das innerhalb weniger Jahre beträchtlich anwuchs. In unmittelbarer Nähe wurde bald darauf ein Nonnenkloster gegründet, das dem Männerkonvent unterstellt war und von einer „magistra“, einer Meisterin, geleitet wurde.

      Ihre Eltern gaben die zwölfjährige Adlige Elisabeth im Jahr 1142 in das Nonnenkloster. Sie lebte nach ihrer Einkleidung in Demut, Frömmigkeit und Askese in dem kleinen Frauenkonvent. Eine körperliche und seelische Krise löste 1152 die erste visionäre Verzückung bei Elisabeth aus, der in den nächsten Jahren weitere folgen sollten. Auf Elisabeths dringenden Wunsch hin trat 1155 ihr Bruder Egbert in den Männerkonvent ein. Von da an überließ sich Elisabeth ganz seiner Führung. Egbert schrieb ihre Visionen nieder, denn Elisabeth war trotz einer gewissen Bildung dazu nicht in der Lage, war sie doch des Lateinischen nur unvollkommen mächtig. So entstand das „Buch der Gotteswege“ (Liber viarum dei), das in direkter Nachfolge von Hildegard von Bingens Werk „Wisse die Wege“ (Scivias) steht. Mit dieser großen Äbtissin (s. Disibodenberg S. 42) stand Elisabeth in Briefkontakt, von ihr erfuhr sie Trost und Zuspruch, aber auch Mahnung zur Demut und Fürsorge. So schrieb ihr Hildegard, dass der Körper durch unkluge Kasteiung und Enthaltsamkeit untauglich für das geistliche Leben werde.

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      Kloster Schönau bei Strüth (Aufnahme 1952)

      1157 starb die erste magistra des Nonnenkonvents und Elisabeth wurde zu ihrer Nachfolgerin gewählt. Es folgten weitere Werke, die unter dem Einfluss Egberts entstanden sind. Elisabeths Visionen bezogen sich häufig auf sehr konkrete Er­eignisse. So glaubte man in Köln bei einem Fund von Gräberfeldern die 11.000 Jungfrauen der hl. Ursula gefunden zu haben. Elisabeth erschaute in ihren Visionen die Geschichte der hl. Jungfrauen, das daraus entstandene Werk wurde Elisabeths am meisten verbreitete Schrift. Reliquien zweier dieser Jungfrauen wurden von Köln nach Schönau übersandt. Dort widmete man ihnen einen Altar. Auch die von ihr in Visionen gesehene „Auferstehung Mariens“ gehörte zu den bekannteren Werken.

      Der ekstatische Charakter ihrer Visionen überanstrengte ihren von Askese und Krankheiten geschwächten Körper. Elisabeth starb im Alter von nur 36 Jahren und wurde neben dem Altar der Klosterkirche beigesetzt. Ihre Werke waren im Mittelalter weit verbreitet. Handschriften und später auch gedruckte Versionen fanden in ganz Europa großen Zuspruch. Ihre von den religiösen Vorstellungen ihrer Zeit bestimmten Visionen waren leichter verständlich und erfreuten sich deshalb größerer Beliebtheit als die Werke der großen Visionärin Hildegard von Bingen, deren mystische, symbolische Bilder erst in späterer Zeit eine angemessene Würdigung fanden und bis heute gelesen werden, während Elisabeths Visionen fast vergessen sind.

      Nach dem Tod des ersten Abtes von Schönau, Hildelin, folgte Egbert. Unter ihm und seinen Nachfolgern erfuhr das Werk Elisabeths besondere Achtung und Verehrung. Schönau wurde ein einflussreiches Kloster mit ausgedehnten Besitztümern. Dies spiegelt sich auch in den Bauten wider. Im Kreuzgang zeugt der große zwölfeckige Klosterbrunnen mit Ecksäulchen aus dem 13. Jh. davon.

      In spätgotischer Zeit wurde der Chor der Klosterkirche neu gebaut, das romanische Langhaus behielt man bei. Dies machte eine Umbettung der Gebeine der hl. Elisabeth notwendig. Sie wurden in einer eigenen Kapelle an der Nordseite der Kirche in einem Sarkophag bestattet. Durch die Erhebung der Gebeine kamen Reliquien in verschiedene Orte, unter anderem auch nach Mainz. Während des Dreißigjährigen Krieges plünderten Truppen das Kloster und zerstörten das Grab. Von Elisabeth blieb nur eine Schädelreliquie erhalten, die heute noch verehrt wird.

      Kirche und Klostergebäude erhielten nach einem verheerenden Brand im 18. Jh. ihre heutige Gestalt. Hochaltar, Seitenaltäre und Chorgestühl sind vorzügliche Arbeiten vermutlich aus Mainzer Werkstätten. Eine Statue und ein Gemälde der hl. Elisabeth zeugen von der Hochachtung und Bewunderung, die ihr durch die Jahrhunderte zuteil wurde.

      Das Nonnenkloster wurde schon im frühen 17. Jh. aufgelöst, das Männerkloster

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