Panik. Reinhold Eichacker
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Tiefe Falten durchliefen die Stirn; scharf und kantig stand der gekniffene Mund. Schweigsam, in sich gekehrt, kam er mittags zu Tisch. In stummen Gedanken versunken, nahm er lustlos sein Mahl ein.
Auf die besorgten Fragen der Tochter gab der Professor nur wie abwesend Auskunft. Das freundliche Lächeln, zu dem er sich zwang, die väterlich liebevolle Geste, mit der er der Tochter das Haar strich, geschah wie im Schlaf, starr, mechanisch und matt.
»Es stimmt etwas nicht!«, war sein einziger Satz. »Etwas stimmt dabei nicht. Etwas stimmt dabei nicht!«
Mabel kannte den Vater zu gut, und sie fragte nicht mehr. Sie nahm die Angelegenheit weniger ernst, machte sich aber Sorgen um den Vater. Aufgrund des höhnischen Punkts konnte auch sie die sonnigen Tage nicht mehr unbeschwert genießen.
3
Professor Earthcliffe warf die Logarithmentafel voller Wut auf den Tisch.
»Kreis und Rechteck! Ich werde wahnsinnig von diesem Warten! Herein! Heraus!«, brüllte er wie ein Tobender, als es vorsichtig klopfte.
Durch den Spalt schob sich ängstlich der Kopf eines Dieners.
»Wer ist da! Was gibt es? Potz Wurzel aus dreizehn. Ich will meine Ruhe! Ruhe!«
Der Diener schwenkte erklärend die Hände. Vorsichtig wie ein Ei legte er eine weiße Karte auf den nächsten erreichbaren Tisch und sprang verängstigt zur Tür.
Mit beiden Fäusten fuhr der Alte hoch. »Besuch? Jetzt Besuch?! X, y durch Beta!«
Der Diener wollte nur schnell aus dem Zimmer. Mit hilflosem Laut wies er auf die Karte und floh aus der Höhle des Löwen. Ein kantiges Lineal schmetterte hinter ihm gegen die Tür. Ein flüchtiges Lachen lief über die Züge des kleinen Direktors. Sein Zorn war plötzlich verraucht, jetzt siegte die Neugier. Mit langen Schritten schob er sich zwischen den Sesseln hindurch und griff nach der Karte.
Ein leiser Schrei der Überraschung, wie ein Pfiff, zwängte sich durch die gekniffenen Lippen. Dann stand er mit einem Satz zwischen der Tür.
»Wilkins! Wilkins! - Ist dieser Feigling schon fort?«
»Oh, ist nicht so schlimm!«, kam es lachend zurück. »Ich komme schon selbst.« Auf der Schwelle stand ein schlanker junger Mann, sportlich elegant gekleidet. Energie und Selbstbewusstsein strahlten aus dem jugendlich blonden Gesicht.
Earthcliffe starrte den Ankömmling an und wich stumm zurück.
Der Jüngere schloss ohne Zögern die Tür mit flüchtigem Gruß.
»Mein Name ist Dr. Nagel«, sagte er kurz.
Der Direktor wollte erwidern. Er war jedoch so überrascht, dass er nur ein zweifelndes »Dr. Nagel?« stammelt konnte.
Der Fremde sah sich staunend im Zimmer um. »Donnerwetter - das ist originell! Sehen Sie, Herr Professor, genau so hatte ich Sie mir vorgestellt. Auch, dass Sie mich gleich vor die Tür setzen wollten, passte ganz ins Programm. Es tut mir aufrichtig leid, dass ich Ihr Idyll so jäh stören muss, aber sonst werden wir beide todsicher verrückt durch den dämlichen Punkt.«
Der Alte gewann seine Fassung zurück. «Gestatten, Prof. Earthcliffe«, sagte er barsch und wies leicht auf den Stuhl. »Bitte, nehmen Sie Platz!«
»Kann man das denn auf diesem Dings ohne Lebensgefahr?« lachte Nagel zurück.
»Ja, wie bequem!« Die Mundwinkel des Professors zogen sich angespannt herab, als unterdrücke er krampfhaft ein freundliches Wort.
»Also Sie sind der Herr, der uns durch seine Fixsternentdeckung blamiert hat?«
In die Züge des Jungen trat leichtes Erstaunen. »Blamiert? Wieso? Einer musste doch die Sache entdecken. Bei mir war es Zufall, mein ständiger Dusel. Die Berechnungen, das einzig Wertvolle an der ganzen Geschichte, die haben doch Sie dann gemacht.«
»Und der wissenschaftliche Ruf der Michigansternwarte? Wenn ein Amateur den besten Instrumenten überlegen ist?«
»Daran hatte ich gar nicht gedacht. Also, auf ein Wort, Herr Professor, der Gedanke ist mir ganz neu. Von Ihrem Standpunkt als Gelehrter - ja, das tut mir aufrichtig leid. Ich fühle mich gegen Ihr Wissen so namenlos klein...«
Earthcliffe wehrte einlenkend ab. »Erfolg ist Erfolg.«
»Sage ich auch, doch für mich ist das alles nur Sport, Spiel, Liebhaberei.«
»Ja, Potz Wurzel aus vierzehn! Das ist es ja eben! Ein Spiel mit dem Kosmos! Bin ich denn Jongleur?!« Dr. Nagel ging herzlich zu Earthcliffe hinüber.
»Verzeihen Sie bitte, verehrtester Meister. In diesem Leben will ich gewiss keinen Fixstern mehr finden.« Ein gesundes Lachen begleitete seine Worte.
»Also Pakt, ich verspreche es. Dafür jetzt meine Bitte.«
Das Gesicht des Gelehrten brannte jetzt vor Spannung und Neugier.
»Sehen Sie, Herr Professor, wir beide sind wieder einmal Konkurrenten geworden. Sie aus wissenschaftlichem Ehrgeiz, Pflicht, Beruf oder dergleichen. Ich aus Sport, Leidenschaft, Sensationsbedürfnis, wie Sie es wollen. Der verdammte schwarze Punkt vor der Sonne lässt uns beide nicht ruhen.«
Earthcliffe stieß schweigend den Flügel des Fensters zurück und wies auf die geschlossene Kuppel des Sternwartengebäudes, die im Sonnenlicht blitzte.
Dr. Nagel sah offen in des anderen Blick. »Stimmt, das hatte ich auch schon gesehen. Die Fernrohre ruhen, und drüben im Gebäude schläft man vielleicht. Doch ein Earthcliffe schläft nicht, ebensowenig wie ich. Wenn es noch länger so bleibt, sind wir beide bald reif...« Er machte eine bezeichnende Geste und ging durch das Zimmer.
Der Blick des Professors verfolgte ihn scharf, doch nicht ohne Wohlwollen. »Angenommen, es wäre so«, nickte er ruhig, »was veranlasst Sie dann...«
»... jetzt zu Ihnen zu kommen, wollten Sie sagen. Nur die Erkenntnis, dass wir beide uns gegenseitig leicht helfen könnten. Ich denke dabei an den Sport. Sieger bleibt meist nicht der Stärkste. Sieger wird, wer das Glück mit dem Können vereint. Ich bin in der Astronomie Amateur, Stümper, Dilettant. Meine Instrumente reichen nicht annähernd aus. Sie sind zur Zeit der fähigste Kopf, den die Erde besitzt, neben Werndt, diesem begnadeten Physiker. Sie haben die besten Instrumente zur Hand. Beides fehlt mir zum Sieg, nur das Dritte ist mein.«
Earthcliffe lächelte kühl. »Und das wäre, mein Herr?«
»Das Glück, Herr Professor! Der unverdiente Dusel, ohne den man kein Rennen gewinnt. Und den habe ich schon von Kindesbeinen an! Ihnen fehlt er bestimmt. Was Sie sich durch mühsames Forschen verdienen, was Sie durch Ihr phänomenales Wissen dem Kosmos stückweise abringen, das fällt mir, dem Glückskind, kampflos in den Schoß. Jeder allein kommt bei dem schwarzen Phantom, das uns narrt, nicht zum Ziel. Ihnen fehlt der Dusel, mir fehlt das Wissen.« Mit einem Ruck stellte er sich vor den kleinen Direktor.
»Ich kam hierher, Ihnen einen Vorschlag zu machen. Stellen Sie mir eine Zeitlang Ihre Instrumente zur Verfügung. Lassen Sie mich einige Wochen als Hilfskraft hier wirken. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn wir beide zusammen