Panik. Reinhold Eichacker

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Panik - Reinhold Eichacker

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Hand leicht zurück und strich sich damit durch das glatte Gesicht.

      »Sehr interessant!« meinte er mit erkennbarem Spott. »Wie Sie selbst sagen, sind mein Wissen und meine Instrumente anerkannte und unbezweifelte Größen. Faktoren, mit denen man rechnen kann. Was Ihren soeben behaupteten Dusel betrifft, so...«

      »... steht er ebenso fest. Dass ich kürzlich den neuen Fixstern entdeckte, ist Ihnen bekannt. War das etwa kein Dusel? So geht es mit allem. Das werden Sie ebenso sicher erkennen, wenn ich erst bei Ihnen hier einige Zeit...«

      Der Blick des Gelehrten war kühl und ironisch.

      »Ich bedauere lebhaft, dass ich voraussichtlich keine Gelegenheit haben werde, Ihren kostbaren Dusel...«

      Er unterbrach sich und horchte. Im gleichen Augenblick klopfte es kurz an der Tür. Stürmisch und erregt trat Mabel ins Zimmer und begrüßte den Vater. »Verzeih, Papa, du hast ja Besuch, da störe ich wohl nicht. Denke dir, was meinem Hund Presto geschehen ist!«

      Erst jetzt wandte sie sich dem Gast zu. Eine helle Röte der Überraschung flog über das süße Gesicht bis tief in die Schläfen. »Aber - ja - nein, das ist doch! Da sind Sie ja selbst!« Ihre Augen leuchteten. Sie reichte dem Doktor die Hand.

      Der junge Mann drückte ihr herzlich die Hand und lachte.

      »Also muss es wohl sein.«

      Der kleine Direktor sah stumm auf die beiden und zupfte nervös an seiner Haarsträhne. »Du kennst Dr. Nagel?«

      Sie schlug überrascht ihre Hände zusammen. »Sie sind Dr. Nagel? Doch nicht Valparaiso? Ja, das ist doch zu toll, Pa!« Sie legte den Arm um die Schulter des Vaters.

      »So denke dir den Zufall! Ich gehe vorhin mit Miss Mail und Prestol die Lafayettestraße hinunter. Neben dem Denkmal Mac Leans stand wartend ein Auto, ganz weiß. Ein solches Modell, habe ich hier vorher noch nie gesehen. Plötzlich bemerke ich Presto mitten auf der Straße, der einen Ölfleck beschnuppert. Im gleichen Moment rast um die Ecke ein anderes Auto, sieht den Hund, hupt, versucht zu bremsen, zu spät. Der Hund ist verwirrt, macht einen Satz, fast ins Auto hinein. Da steht dieser Herr wie ein Blitz vor dem Tier, reißt es hoch, springt zurück, wird vom Schutzblech gestreift - die Gefahr ist vorbei. Ich atmete auf. Presto hatte nur eine leichte Verletzung am Bein, sein Retter einen Riss im Jacket. Der Herr war so freundlich, uns in seinem Wagen zum Tierarzt zu fahren. Dann war er verschwunden, bevor ich mich bedanken...«

      »Ich musste ja Ihren Herrn Vater besuchen.«

      »Und jetzt ist er hier und heißt Dr. Nagel! Ist das denn nicht köstlich?« Sie lachte herzlich und dankbar.

      »Das ist doch ein närrischer Zufall!«

      »Nur Dusel!« verbesserte Nagel. »Mein ewiger Dusel. Und doch will Ihr Vater mir das nicht glauben.«

      Auf dem schmalen Gesicht des Gelehrten lag freundliche Duldung. »Es scheint fast, Sie haben ihn wirklich, Verehrter. Allein, mit dem Dusel fängt man wohl die Sonne, doch kaum schwarze Punkte. Jeder sollte doch bei seinen Leisten bleiben. Nur der Dusel macht‘s auch nicht. Im übrigen, lieber Herr Doktor, hat wohl meine Tochter den lebhaften Wunsch, dem Retter ihres Lieblings ein wenig zu danken. Wir würden uns freuen, Sie heute Mittag als Gast zu begrüßen. Kommen Sie mit! Es wird Zeit, an den Magen zu denken. Sie brachen hier ein wie ein Sturmwind. Ich fühle, potz x, wirklich etwas wie Hunger. Zum ersten Mal wieder - seit endlosen Wochen!«

      4

      Professor Earthcliffe wehrte sich vergebens gegen die Einsicht, dass ihm Dr. Nagel gefiel. Der Optimismus und die pure Lebenskraft, die von ihm ausgingen, nahmen auch seinen Willen im Sturmlauf gefangen. Er überraschte sich bei der Mahlzeit selbst dreimal beim herzlichen Lachen. Das war seit dem Auftauchen des höllischen Punkts vor der Sonne hier nicht mehr geschehen. Miss Mabel war auch wie befreit und hing mit dem strahlenden, staunenden Blick an den Lippen des lebhaft erzählenden Nachbarn.

      Die haarsträubenden Erlebnisse seiner letzten Tigerjagd hörten sich in seiner Schilderung an wie ein Spiel. Nur ein leises, wohliges Gruseln blieb bei den Hörern zurück.

      Dr. Nagel hob lächelnd den feinen Kristall und schlürfte mit stillem Genuss den Wein. Enttäuschung und Schwermut der letzten Wochen rückten langsam in den Hintergrund.

      »Und sehen Sie, so war es noch immer. Was ich unternahm, was ich auch gewagt habe - der Dusel, mein unglaubliches Glück war dabei. Schon bei meiner Geburt. Ich kam als ein Zwilling zur Welt. Der andere Zwilling war ein Mädchen. Ich wurde der Mann.«

      »Und das nennen Sie Glück?« warf sie scheinbar empört ein.

      »Etwa nicht?« Er lächelte sie an und richtete sich auf.

      »Mann sein! Gibt es etwas Schöneres auf dieser Welt? Könnte ich sonst hier auch an Ihrer Seite den Zauber des weiblichen Wesens empfinden?«

      Mit scherzhafter Drohung hob sie die Hand. Sie war rot geworden, ganz gegen ihre Gewohnheit, und sah schnell etwas verlegen am Stuhl ihres Nachbarn vorüber. »Sie machen sich über mich lustig.«

      Earthcliffe erhob sich gelassen. Der Diener reichte Liköre auf Eis und zog sich zurück. Eine Pause entstand. Dr. Nagel sah kurz auf die Uhr. Er wurde ernst.

      »Ihre Zeit ist knapp, Herr Professor. Ich darf sie nicht länger missbrauchen. Auch mich ruft die Pflicht. Ich habe Ihnen heute morgen einen Vorschlag gemacht. Ich erbitte die Antwort.«

      Von den Lippen des Sternwartendirektors verschwand das behagliche, schmunzelnde Lächeln. Seine Stirnfalte trat leise drohend hervor. »Ich glaubte den Scherz schon erledigt. Potz Wurzel. Was zwingt Sie zur Jagd nach dem Punkt vor der Sonne?«

      »Mein sportliches Ehrgeiz, wenn Sie so wollen. Was ich einmal angefangen habe, das führe ich auch zum Ende. Hätte ich nicht eine Aufgabe mit diesem Punkt zu erfüllen, so hätte ich ihn nicht als Erster gesehen. Warum trieb das Schicksal mir das wieder zu?«

      Earthcliffe griff überrascht nach der Lehne des Sessels. »Ihnen zu? Sie als Erster? X Wurzel aus zehn. Diesmal klappte es doch nicht. So was nenne ich Pech. Sie wohnen zwar mit dem Entdecker Don Ebro zusammen in der gleichen Stadt, aber er entdeckte ihn zuerst. Sie sahen nichts!« Er sah starr zum Sessel des Jungen hinüber.

      Dr. Nagel rieb vor Lachen die tränenden Augen. »Don Ebro? Don Ebro? Das ist ja zum Heulen. Verzeihen Sie bitte, verehrtester Meister. Das ließ sich der wackere Don Ebro nicht träumen.«

      Verdutzt fragte Earthcliffe kühl: »Und darf ich um eine Erklärung bitten? Was ist denn daran so lustig?«

      Der andere zwang sich zu ruhiger Antwort. »Sofort, Herr Direktor. Da - kommt die Erklärung.« In der Tür stand, von dem Diener geführt, ein Mann, lang und hager. Den Kopf hatte er hoch erhoben, starr und steif und voll Würde. Den Fuß schob er wie zum Tanz leicht nach vorne. In seinem unbeweglichen Faltengesicht rollten lebhaft blitzende Augen. Auf den verschränkten Armen trug er einen schneeweißen Terrier. Ein Beinchen des Tiers war in Leinen gewickelt. Es winselte leise im Griff seines Trägers.

      Dr. Nagel ging einen Schritt auf ihn zu.

      »Gestatten Sie, Herr Professor: mein treuer Diener, Don Ebro da Gama, ein Spross stolzer Spanier. An dem fraglichen Tage der Sonnenbetrachtung gab ich ihm den Auftrag, die Meldung zu funken. Ich selbst musste fort. Die Tigerjagd, über die ich schon berichtet habe, rief mich. Don Ebro gab meine

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