Froststurm. Jan-Tobias Kitzel

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Froststurm - Jan-Tobias Kitzel

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      Jan-Tobias Kitzel

      Froststurm

      © 2013 Begedia Verlag

      © 2013 Jan-Tobias Kitzel

      Covergestaltung und Satz – Harald Giersche

      Korrektur, Lektorat und ebook-Bearbeitung – Begedia

      Umschlagbild – Shutterstock

      ISBN-13 – 978-3-95777-61-5 (epub)

      Besuchen Sie uns im Web:

      http://verlag.begedia.de

      Für meine Schwester Ruth.

      Danke.

      Jan-Tobias Kitzel ist Jahrgang 1980 und stammt aus dem beschaulichen Ahaus im Münsterland. Nach einem Studium zum Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) arbeitet er nun als Teamleiter bei einer deutschen Großbank.

      Mittlerweile leben er und seine Frau in Bochum, gemeinsam mit zwei Katzen, einer die den Begriff Faulheit erfunden haben muss und einem leicht durchgeknallten Exemplar mit Hyperaktivitätsproblemen.

      Seine Veröffentlichungen umfassen die Mitarbeit an mehreren Rollenspielbänden (LodlanD), teilweise auch als Chefredakteur. Von ihm ist Ende 2007 der Roman „Flammenmeer“ erschienen. Jan-Tobias Kitzel berichtet von der Schreibfront in seinem Blog JTKitzel.de.

      Forschung

      Admin bei der Arbeit

      20. Dezember 2014

      Die braune Brühe schwappte hin und her, unappetitlich durchzogen von gelb-weißen Schlieren. Der flüssige Mist sah unendlich tief aus. Regina schauderte. Und nahm einen Schluck vom Automatenkaffee.

      »Ich muss unbedingt meine eigene Kaffeemaschine mitbringen«, murmelte sie zum wiederholten Male. Aber besser der hier als gar kein Kaffee. Anders war das hier nicht auszuhalten. Ohne Koffein ging gar nichts.

      Regina gähnte betont laut. Aber niemand meckerte, obwohl es erst Vormittag und der Arbeitstag noch lang war.

      Sie streckte die Hand unter den Schreibtisch und strubbelte Bobo über den Kopf.

      »Wer soll uns hier unten auch stören, kleiner Mann? Unendliche Enge und Langeweile in alle Richtungen.«

      Bobo hob kurz den Kopf, schaute sie fragend an, um dann in ein ausgiebiges Kratzen seiner Ohren mit der Hinterpfote überzugehen. Sie warf ihm ein Leckerli unter den Tisch und hörte das zufriedene Schmatzen der kleinen Promenadenmischung, die es sich in einem alten Laptop-Karton gemütlich gemacht hatte. Ein Hund in der Systemadministration eines Unternehmens. So etwas war auch nur hier möglich, hier, wo sie nie gestört wurde und die einzige Anforderung des Arbeitstages war, diesen möglichst stressarm rumzukriegen. Glücklicherweise hatte vor ein paar Monaten ein Fehler dutzende Bestellungen des Versandhändlers gefressen. Sonst würde der Chef wohl nochmal überlegen, ob man als kleiner Mittelständler wirklich einen eigenen Systemadministrator brauchte. War eine Heidenarbeit gewesen. Aber welchen »Fehler« programmierte sie dem System das nächste Mal ein? Nochmal derselbe ging schlecht. Naja, in ein paar Monaten musste sie mal schauen. Bis dahin war ihr zwar langweiliger, aber gut bezahlter Job gesichert.

      Sie stand auf und legte Papier im Drucker nach. Nach wenigen Schritten war sie schon angekommen. Ihr »Büro« glich mehr einem Bunker aus dem letzten Krieg als einem Arbeitsplatz. Blanke Betonwände, nostalgisch »schöne« Metallregale und ein Kellerfenster, das gerade genug Luft herein ließ, dass sich die Druckerausdünstungen verziehen konnten. Vorsichtig umschlängelte sie die Computerkartons auf dem Fußboden. Eigentlich hätte sie mehr als genug Zeit fürs Aufräumen gehabt. Aber so verzweifelt war sie nun auch nicht. Regina kicherte in sich hinein und bahnte sich ihren Weg zurück zum Schreibtisch, wo sie sich in den altersschwachen Sessel plumpsen ließ. Da klingelte das Telefon. Genervtes Augenrollen, Headset einklinken. Ein schneller Blick auf das Display offenbarte einen hausinternen Anruf.

      »Seifer. Administration.«

      »Ich hab hier ein Problem«, kam die piepsige Stimme von Mandy aus der Personalabteilung. Was man bei zwei Teilzeitis so als Abteilung bezeichnete.

      Regina seufzte. »Ja, was denn?«

      »Das Mailprogramm sagt, ich hätte zu viele Mails oder Anhänge gespeichert. Mein Speicherplatz sei voll.« Mandy klang fast ein wenig entrüstet.

      Regina zog ungläubig eine Augenbraue nach oben.

      »Jeder hier hat 2,5 Gigabyte Mailspeicherplatz. Und die reichen nicht?«

      Ein kurzes Zögern auf der anderen Seite. »Nein, ich krieg doch so viele Fotos von meiner Tochter geschickt. Ich muss doch sehen, wie mein Enkel aufwächst. Wissen Sie, ich seh den doch so selten. Einmal, da ...«

      Regina fuhr dazwischen: »Ja, ich weiß, Frau Brauer. Das haben Sie mir schon erzählt. Bestimmt.« Sie atmete durch. »Dann drucken Sie sich doch die Bilder aus, die Sie behalten wollen und löschen die Mails danach.«

      »Die Mails löschen? Aber wenn die Bilder mal verblassen?« Mandys Tonfall klang nach Weltuntergang.

      »Und wenn Sie sich diese nach Hause auf ihren privaten Computer schicken und dann hier löschen? Insbesondere, da private Mailnutzung eh nicht gestattet ist!« Dass so ein Hinweis gerade von ihr kommen musste ...

      »Aber ... ich habe gar keine private Mailadresse, ich lasse mir immer alles hierher schicken.«

      »Einen Computer zu Hause haben Sie doch sicherlich, oder?«

      »Ja.«

      »Dann speichern Sie die Fotos auf einem USB-Stick und nehmen ihn mit nach Hause. Dann löschen Sie hier die Fotos!«

      »Aber dann ist doch mein privater Computer bestimmt voll!«

      Regina griff nach ihrer Maus und klickte im System herum.

      »So, Problem erledigt. Sie haben jetzt 2,5 Gigabyte freien Mailspeicherplatz.«

      »Oh, toll! Also hab ich jetzt doppelt so viel wie vorher?«

      »Nein. Nur wieder freien Speicherplatz. Ich stimme Ihnen zu: Fotos kosten einfach unglaublich viel Speicherplatz. Erinnerungen werden eh überschätzt.« Ein kurzer Moment Stille folgte. Regina kostete ihn aus und legte auf. Sie meinte fast den Schrei der Sachbearbeiterin zu hören. Was bei zwei Etagen Höhenunterschied kaum möglich war.

      Sie schnappte sich ein Klebezettelchen und klebte es auf ihre To-Do-Liste für den nächsten Tag. »Mails von Mandy wiederherstellen.« Wenigstens einen Tag wollte sie die dumme, alte Kuh schwitzen lassen. Private Mails am Arbeitsplatz ... tststs ... das war ihre Domäne, die anderen sollten doch wohl bitteschön arbeiten.

      Regina schnaufte laut durch. Achte Etage und ein kaputter Aufzug. Mal wieder. Aber was erwartete sie auch von diesem miesen Mietbunker im Essener Norden?! Das alles zu ihren 1,50 Meter Körpergröße und gut fünfzehn Kilo Übergewicht hinzugezählt und sie konnte dem Schicksal nur zu seinem Händchen beglückwünschen. Regina stellte den Einkaufskorb vor ihrer Wohnungstür auf den Boden und Bobo sprang zufrieden bellend heraus, schüttelte sich den Regen aus dem Fell und schaute erwartungsvoll zu ihr hoch. Sie erkämpfte sich ein Lächeln

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