Froststurm. Jan-Tobias Kitzel

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Froststurm - Jan-Tobias Kitzel страница 5

Froststurm - Jan-Tobias Kitzel

Скачать книгу

Tag euren Weg zu unserer Wochenrunde gefunden habt. Thema heute, wie ich ja über unseren Newsletter schon bekannt gemacht hatte, ist der sechsstreifige Ausbau der A42, der vom Landesbauministerium vor gut zwei Wochen bekannt gegeben wurde.«

      Echt? Hatte sie offensichtlich verpasst. Gut, etwas mehr Staus in der Bauphase, aber danach käme sie wenigstens schneller zur Arbeit.

      »Ich brauche euch allen wohl nicht zu sagen, was mit dem herrlichen Wäldchen an der Strecke passieren soll.« Im Stil eines schlechten Komikers ahmte David eine Kettensäge nach. Als er auch noch brummte wie der dazugehörige Motor, wünschte sich Regina einen Schirm, der sie vor dem Speichelregen beschützt hätte.

      »Da müssen wir etwas tun.« Die Begrüßungsdame war aufgestanden und ballte die Faust.

      Zustimmendes Gemurmel.

      »Unterschriftenaktion in der Innenstadt? Vorbereitete Mails an die Landtagsabgeordneten?«, warf eine Studentin im viel zu weiten Norwegerpulli in die Runde.

      »Klingt gut«, meinte David.

      »Wie finanziert sich der Ausbau?«

      Die Köpfe drehten sich zu Regina.

      David schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Ich denke mal Landesmittel. Ist das deiner Meinung nach wichtig?«

      Regina verdrehte innerlich die Augen.

      »Absolut! Das klingt nicht gerade nach Portokasse, sondern eher danach, dass die Landesregierung etwas aus dem Berliner Topf dazubekommt. Vielleicht etwas aus den Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft, die nach dem Börsenvollcrash ins Leben gerufen wurden. Macht sich sicherlich gut, wenn man den Haushaltsausschuss des Bundestages mal mit ein paar Details belästigt, dass für Arbeitsplätze hier ein ganzer Wald sterben muss.«

      Anerkennendes Nicken aus der Runde.

      Ein Klingeln aus dem Verkaufsraum unterbrach die Runde und kurz darauf kam ein Mann in das Hinterzimmer. Regina schluckte. Nicht irgendein Mann. Der Mann. Wasser perlte von den lockigen, schulterlangen Haaren und dem kantig-markanten Gesicht. Die Züge wirkten wie gemeißelt, die Augen wach und eisblau. Eine Jeansjacke wanderte auf einen freien Stuhl. Enger, heller Pulli, ebenso körperbetonte Jeanshose. Regina nahm zügig einen Schluck Wasser. Der musste wirklich nichts verbergen. Ein muskulöser Körper zeichnete sich unter der Kleidung ab. Und ein Knackarsch. Sie grinste in sich hinein und musterte ihn genüsslich.

      »Ah, Benjamin. Schön, dass du noch kommen konntest.« Eine Spur Ironie in der Stimme des Redeführers.

      Der Neuankömmling nickte kurz in die Runde. Eine gewisse Abfälligkeit gegenüber David konnte er dabei kaum verbergen. Interessant.

      »Und? Wie retten wir heute die Welt?« Benjamin ließ sich auf seinem Stuhl nieder.

      »Die Welt ist erst nächste Woche dran.« Die letzten Worte zog David gekünstelt lang. Hier konnte sich wer wirklich nicht leiden. »Diesmal kümmern wir uns um den Ausbau der Autobahn, dem ein Wald zum Opfer fallen soll. Und Regina hatte gerade einen interessanten Ansatz offenbart.« David nickte ihr zu. Regina spürte, wie ihre Wangen erröteten, als Adonis zu ihr herüberschaute und sie nach einem kurzen, musternden Blick anlächelte.

      Und dann sprach er sie auch noch direkt an!

      »Was ist denn dein Plan?«

      »Ich ... ich meine ... wir sollten bei den Finanzen ansetzen. Beim Geld, ja«, stotterte sie. Innerliche Ohrfeige, ihr wurde heiß und kalt. Mach dich nicht lächerlich! Du bist kein kicherndes Schulmädchen mehr!

      »Ich würde vorschlagen herauszufinden, mit welchen Mitteln der Ausbau finanziert wird und die dazugehörigen Haushaltsausschüsse mit ein paar dreckigen Details über den abzuholzenden Wald zu konfrontieren.«

      Ben wog den Kopf hin und her, seine nassen Locken schwangen im Takt mit. Regina lief ein Schauer den Nacken hinunter. Warum hatte sie den nicht schon früher kennengelernt?

      »Könnte funktionieren. Ist mir aber noch zu lasch.«

      »Zu lasch?«, platzte es aus ihr heraus. »Immer noch besser als Flugblätter verteilen oder für den Weltfrieden beten.« Ihre Stimme bebte.

      Ben runzelte belustigt die Stirn.

      »Na wenigstens bin ich hier nicht der Einzige, der mal etwas Pep in die Diskussionen bringt.« Er schnappte sich einen Keks vom Tisch und schob ihn sich genüsslich in den Mund.

      »Ben, bitte!«, wies ihn der Ortsgruppenleiter empört zurecht. »Wir ziehen hier alle an einem Strang.«

      »Tun wir das wirklich?« Ben erhob sich betont langsam.

      »Meine Kumpels und ich haben mit unseren direkten Aktionen tausendmal mehr Erfolg als ihr mit euren Unterschriftenaktionen in der Innenstadt.«

      »Dafür stehen wir aber auch nicht ständig mit einem Bein im Gefängnis«, murmelte die Ladenbesitzerin so laut, dass es alle hören konnten.

      Ben stand auf, drehte sich zu ihr um. Für einen Moment sah es so aus, als ob er ihr eine runterhauen wollte. Die Frau duckte sich unwillkürlich weg.

      Doch Ben entspannte sich von einem Moment auf den anderen und fing lauthals an zu lachen.

      »Oh Mann, jetzt weiß ich wieder, warum ich mich hier ewig nicht mehr hab blicken lassen. Lächerlich.« Er lachte erneut auf. »Ihr seid so unglaublich lächerlich.« Eine schwunghafte Geste in die Runde. »Meint ihr wirklich, ihr würdet irgendetwas bewegen? Nein. Oh nein. Ihr habt es euch bloß so gemütlich gemacht im Konsumtempel Deutschland, dass ihr keine Lust habt, irgendetwas zu riskieren. Erbärmlich.«

      Mit diesen Worten drehte er sich um, schnappte sich seine immer noch nasse Jacke vom Stuhl und ging zum Ausgang. Er hatte ihn fast erreicht, da drehte er sich noch einmal um. Über das empörte Gemurmel hinweg sah er Regina direkt an und streckte seine Hand aus.

      »Willst du wirklich etwas bewegen? Oder hier bei der Müslifraktion Unterschriftenzettel vorbereiten?«

      Ein Angebot, dass man …

      Schmerzen. Ein Wummern im Schädel. Irgendetwas Kühles auf seiner Stirn. Hochgelegte Beine. Sebastian öffnete langsam die Augen. Ein ihm unbekannter Raum. Ein Büro. Schwerer Schreibtisch, Aktenschränke. Schäbiger Teppich. Und eine junge Frau auf einem Stuhl, die ihn belustigt ansah. Ihre spöttisch hochgezogenen Augenbrauen harmonierten gut mit ihrem feuerroten, langen Haar über dem schwarzen Business-Kostüm.

      »Starker Auftritt, Herr Born. Etwas zu theatralisch für meinen Geschmack und es hätte genauer ausformuliert sein können, insbesondere weniger umgangssprachlich, um auch in den Elfenbeintürmen gehört zu werden. Aber nichtsdestotrotz eindrucksvoll.« Sie stand auf, kam langsam auf ihn zu, füllte sein Blickfeld aus. Unbewusst glitten seine Augen über ihren vom Kostüm dezent betonten Körper. Netter Anblick. Sie schien es gemerkt zu haben und lachte auf.

      »Naja, so schlecht kann es Ihnen offenbar gar nicht gehen.«

      »Ich ... ich wollte nur«, haspelte er, was sie noch weiter belustigte.

      »Lassen Sie es gut sein. In Ihrem Zustand verzeihe ich Ihnen fast alles.«

      »Wo bin ich? Und wer sind Sie?« Er richtete sich langsam auf, was die

Скачать книгу