Wildnis Nordkanada - Paradies und Hölle. Ralf Dobrovolny

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Wildnis Nordkanada - Paradies und Hölle - Ralf Dobrovolny

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damit verbundenen Freuden; weder Paradies, noch Hölle!

      Wer also auf einen „Abenteuerroman“, wie z.B. dramatischen Auseinandersetzungen mit wilden Tieren hofft, wird hier leider enttäuscht werden, obwohl Bär und Elch auch eine Rolle spielen. Die weite, menschenleere Wildnis birgt ganz andere Gefahren. Größere! Eine der größten tragen wir in uns selbst: Oft wird Vernunft und Psyche zum entscheidenden Faktor. Das Leben im Busch besteht nicht aus fortwährend aufregender Spannung, aus Trapperidylle, sondern, so unwillkommen es manchmal auch sein mag, aus täglicher Arbeit, oftmals harter Knochenarbeit. Vor allem dann, wenn man einen Weg mit festem Ziel gewählt hat.

      Karte Kanada

      Karte Northwestterritories (NWT)

       Der Busch

      Um etwas besser zu verstehen, in welcher kanadischen Region der Hauptteil dieses Buches handelt, sollen einige Worte zu Geografie, Flora, Fauna und Menschen gewidmet werden.

      Wenn auch der Kanadier das Wort Busch ganz allgemein für alle weiten Waldlandschaften gebraucht, so bedeutet es dem Menschen im hohen Norden des Landes etwas völlig anderes. Er meint nicht die tiefen schwarzen Wälder des Kontinents insgesamt, er denkt im engeren Sinne an die raue Taiga seiner subarktischen Heimat in den sog. Northwestterritories (NWT), die selbst für eine Überzahl der kanadischen Bevölkerung immer noch einem Buch mit sieben Siegeln gleicht. Der Busch ist, westlich abgrenzend, das Land des indianischen Kutchin-Stammes, entlang der hier noch etwas dichter bewaldeten Ausläufer der Mackenziekette und Franklin Mountains. Im Norden, die zur Beaufortsee hin baumlose Ecke, siedeln die Inuit (Eskimo). Der südlich anschließende, allmählich dichter werdende Busch und die Gegend am Great Bear Lake, ist die Heimat der Dogrib-Indianer. Die Vegetation nimmt Richtung Süd um den Great Slave Lake weiter zu. In dieser Region ist der Slavey-Stamm zu Hause. Von hier verläuft die Taiga in einem stetig schmaler werdenden Band nach dem Atlantik hin bis zur Hudson Bay, der Heimat der Chipewyan.

      Der Bewuchs der hügeligen Landschaft nimmt gegen Ost ab und geht, das Terrain immer flacher werdend, mit äußerst kargem wie verkrüppeltem Baumbestand in die endlose Ebene der noch raueren Tundra über. Dieses weite Flachland, bis zur Hudson Bay reichend, weist vorwiegend Niedrigwuchs auf und wird deshalb Barren Grounds genannt. Wer jedoch das Glück hatte, im Sommer das prachtvolle Blütenmeer der Tundra zu bestaunen, wird besonders von diesem Land fasziniert sein. Die Baumgrenze verläuft, im Norden etwa 250 km östlich des Mackenzie-Deltas beginnend, in bogenförmig diagonaler Süd/Ost-Richtung und tangiert die genannten Seen.

      Der oben abgegrenzte Busch überzieht annähernd eine Fläche von Frankreich und Deutschland zusammen.

      Neben den beiden bereits erwähnten riesigen Seen, jeder mehr als 50 mal so groß wie der Genfer See und teilweise über 600 Meter tief, ist diese wildschöne Erdregion überzogen mit einem dichten Netz romantischer, stiller Gewässer, die nicht selten in wilder Bahn zwischen herrlich bewachsen sanfter Ufer, abwechselnd mit felsigen Schluchten, ihren Weg zueinander suchen. Der sprichwörtliche Fischreichtum Kanadas trifft für diese glasklaren Wasser, die allesamt dem Eismeer zuströmen, in ganz besonderem Maße zu. Wenn auch der Lachs, von wenigen Ausnahmen abgesehen, hier nicht vorkommt, so wimmelt es gerade von Äschen, Hechten und Weißfischen. Starke Seeforellen bis zu 50 Pfund sind keine ungewöhnliche Seltenheit. Auch der Saibling findet seine Einstände und so mancher prachtvolle Zander geht an die Angel.

      Obwohl das Land nicht besonders reich mit Niederschlägen und fruchtbarer Erde gesegnet ist, sorgt doch im Boden der Permafrost bis weit an die Oberfläche für ein ausreichendes Feuchtigkeitsreservoir und lässt mannigfaltige Vegetation zu. Der Bewuchs wird vorherrschend von Birken und Fichten bestimmt, daneben auch Erlen und Weiden. In den dichter bewaldeten West- und Südausläufern des Busches finden sich zudem Tannen und Zedern. Das Holz der letzteren war für die Indianer wertvoll zum Bau des Gerippes der Kanus, die mit Birkenrinde verkleidet und durch Harz abgedichtet wurden.

      Nicht zuletzt gibt es aber auch reichen Niedrigwuchs mit verschiedenartigsten, oft früchtetragenden Sträuchern. Der Wanderer trifft immer wieder auf ausgedehnte Teppiche von genießbaren Blau- und Schwarzbeeren. Sogar Stachel-, Johannis- und Himbeeren finden sich, doch bei kleinrunden, roten Beeren ist Vorsicht geboten. Selbst Pilze sind nicht selten. Besonders auffallend ist das allgegenwärtige leuchtende Grün von Moosen und die den grauen Granit überziehenden bunten Flechten von pechschwarz, hellgrün, rötlich bis goldgelb, je nach Jahreszeit.

      In einem zauberhaften Farbkleid zeigt sich der Busch während des sogenannten Indianersommers, bevor der extrem lange, klirrend kalte Winter mit seinen peitschenden, arktischen Stürmen Einzug hält. So mancher tosende Blizzard grüßt dann über die Tundra herein.

      Sind auch die Winter bitter kalt, jegliches Gewässer erstarrt zu meterdickem Eis, so sind die Sommer doch oftmals sehr warm. Sogar Temperaturen bis 30 Grad Celsius werden hin und wieder gemessen. Mancher „Outdoor“ erzählt, er hätte an flacher, geschützter Stelle ein genüssliches Bad nehmen können.

      Häufig bemerkst du grasgrün wuchernde Wasserpflanzen, insbesondere an sumpfigen Plätzen. Dort hält vorzugsweise der Elch Einstand, um an diesem äußerst eiweißreichen Grün sein Labsal zu nehmen.

      Und lenkt der Kanute seinen schnittig wendigen Untersatz in eine isolierte Bucht, dann kann er im Buschsommer sogar von der malerischen Blütenpracht eines Seerosenfeldes überrascht werden.

      Vom Beerenreichtum war bereits die Rede. Von solch reich gedecktem Tisch angelockt, findet sich freilich gerne Meister Petz ein. Im Umfeld solcher Plätze ist der Waldläufer bestens gewarnt. Da taucht urplötzlich das silbrig-grau glänzende Fell des Grizzly auf. Dies gilt vor allem für die Gegend am Great Bear Lake. Der etwas kleinere, schwarze Ursus-Verwandte zieht eher die Gefilde Richtung Sklavensee vor.

      Doch allgegenwärtig späht der scheue Wolf nach Beute und verrät seine Anwesenheit durch das unverwechselbare, weithin hörbare Heulen.

      Auch der für den Europäer kaum mehr als dem Namen nach bekannte Wolverine (Vielfraß) hat seinen Lebensraum in der subarktischen Zone. Er ist dem hier ebenfalls heimischen Dachs sehr ähnlich, allerdings bedeutend größer als dieser. Er hat ein wunderbar gezeichnet langhaariges Fell, wovon der Buschbewohner gerne wärmende Kleidung herstellt. Wie der Name schon sagt, der Wolverine frisst alles, was ihm zwischen die Klauen, besser ausgedrückt, zwischen sein stark ausgeprägtes, messerscharfes Gebiss kommt. Er ist nicht etwa scheu wie der Bär, sondern von aggressivem Verhalten und fällt nicht nur Kleintiere an. Man hat auch schon von Angriffen auf Menschen gehört.

      Zum Busch-Großwild zählt freilich das Karibu. Während des kurzen Sommers (Anfang Juli bis August) hält es sich in der nördlichen Region auf, zieht nur für die kältere Zeit gen Süd. Das Röhren des ähnlichen Wapiti (amerikanischer Hirsch) bekommt man so hoch im Norden nicht zu hören. Dass sich hier Fuchs und Hase gute Nacht sagen, dürfte kein Rätsel sein. Es ist natürlich der Rotfuchs gemeint. Allerdings treibt in Küstennähe vermehrt der braunbehaarte arktische Fuchs sein Jagdwesen. Es muss eine Augenweide sein, wenn er im Winter das weiße bis eisblaue Fell trägt.

      Neben dem Otter hat vor allem der Biber große Bedeutung, dessen Population gottlob wieder zunimmt. Ebenfalls keine Seltenheit stellen die niedlichen Eichhörnchen, Erdhörnchen und Murmeltiere dar, willkommene Beute aller Raubtiere. Vom ungemein vielfältigen, gefiederten Wild ausführlich zu reden, würde eine Aufzählung ohne Ende gleichen. So sollen nur einige genannt werden:

      Verschiedene

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