Wildnis Nordkanada - Paradies und Hölle. Ralf Dobrovolny
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Wildnis Nordkanada - Paradies und Hölle - Ralf Dobrovolny страница 6
So blieb nichts anderes übrig, als die nächste Siedlung (Hay River) anzusteuern und dort „Break Up“ abzuwarten.
Zufällig hielt zur gleichen Zeit ein Auto vor der Hütte der Alten. Der Fahrer wollte gleichfalls in Richtung Hay River und nahm uns gerne mit. Während der Fahrt erzählte dieser, deutsche Vorfahren zu haben und spielte aus einer Cassette heimatliche Volksmusik, wozu wir selbstverständlich kräftig mittönten. Beste Stimmung.
Kamen um Mitternacht in Hay River an. Da zu dieser späten Stunde bereits alles geschlossen war, legten wir uns im nahen Wald, ohne das Zelt aufzuschlagen, todmüde und ausgehungert, schlafen.
Am frühen Morgen weckte die Tramper eisige Kälte. Am ganzen Leib zitternd, packten wir unser Bündel, gingen in den Ort und suchten das erste Café auf. Oh, wie gut tat da eine Tasse heißer Kaffee, zu dem wir gleich mehrere Stücke Kuchen gierig verschlangen. Kamen mit einer netten Frau ins Gespräch und wurden gefragt, was wir um diese Jahreszeit so weit im Norden wollten. Teilten unser Vorhaben mit, worauf sie erklärte, ihr Mann sei Besitzer der kleinen Firma „Buffalo Airways“, die täglich Yellowknife anfliegt. Da knapp bei Kasse, boten wir an, für den Flug zu arbeiten. Der Deal war perfekt.
Die Frau nahm uns gleich mit. Man hätte genügend zu tun am Flughafen. Was heißt da Flughafen? Am kleinen Rollfeld stand so etwas wie eine Lagerhalle, umgeben von Bretterbuden. Unverzüglich packten wir an. Diverse Hilfsarbeiten. Zwischendurch gab´s ein Schnäpschen. – Kann man lassen!
Die fleißigen Deutschen haben wohl imponiert, denn noch am selben Abend hieß es: „Boys, tomorrow your flight to Yellowknife.“ Waren nicht wenig überrascht. Ursprünglich war ein paar Tage Maloche geplant.
Im Unterkunftshaus für Piloten und Mechaniker durften wir nicht nur kostenlos übernachten, bekamen auch reichlich zu futtern. Na, also!
Saßen schon früh am nächsten Tag in einer Zweimotorigen aus dem letzten Weltkrieg, die, wie man erklärte, auch in Deutschland Dienst tat. Komisches Gefühl.
Yellowknife heute
Im Umfeld der Stadt liegen Goldminen.
Startloch Yellowknife
18. Mai
So kamen wir vorgestern endlich in Yellowknife an und schlugen am Campingplatz die Plane auf. An diesem Tag gabs ziemlich viel zu tun. Gute Landkarten, 1:250.000, von dem Gebiet, durch das die Tour führen sollte, mussten besorgt werden (spätere Anmerkung: 1:50.000 wäre entschieden besser gewesen). Die Angellizenz wurde gekauft und bei der „Royal Canadian Mountain Police“ (RCMP) beantragte ich einen Waffenschein, worauf aber noch einige Tage zu warten wäre. Ein Herr vom Informationsbüro, mit dem ich schon von Deutschland aus telefonierte und der uns hier helfen wollte, ist zur Zeit nicht in der Stadt. Waren folglich ganz auf uns selbst angewiesen.
Da wir nur Suppenpulver haben und in dem noch zugefrorenen See nicht fischen können, packte man die mitgebrachten Schleudern aus und frohgemut gings in naher Umgebung auf die Jagd. Welch ein Erfolg! Thomas erlegte ein Eichhörnchen, ich einen großen Vogel, ähnlich einem Perlhuhn. Das Eichhörchen gab eine kräftige Fleischbrühe.
Das Huhn wurde über dem Lagerfeuer gegrillt.
Da es hier oben noch zu kalt ist, Tagestemperaturen um Null, wird die Zeit bis zum Aufbruch in die Wälder mit Kartenspielen und Jagen totgeschlagen. Yellowknife ist Hauptstadt der Northwestterritories. Eigentlich ein Städtchen. Für Europäer eigentümlich wirkend, aber typisch für den Norden Kanadas: Eine Mischung aus Goldgräbersiedlung mit Blechhallen und bunten Holzhäusern, bereichert mit Verwaltungsgebäuden und Einkaufcentern, teils durchzogen mit Schotterstraßen. Man spürt noch deutlich den Geist der Pionierzeit.
Viele der nur etwa 20.000 Einwohner sind in Verwaltung und Handel tätig. Auch nahe Bergwerke (Gold, Kupfer) nähren die Leute. Sie sind ausgesprochen nett und hilfsbereit.
Die Ansiedlung verdankt ihren Namen dem gleichlautenden Fluss, an dessen Einmündung in den Great Slave Lake sie liegt. Am Yellowknife River lebten Chipewyans, die von ihren Stammesgenossen die „Gelben Messer“ genannt wurden, weil deren Waffen z.T. aus Kupferlegierung bestanden.
In einem außenliegenden Stadtteil findet man vorwiegend primitiv zusammengenagelte Hütten aus Brettern und Blech. Wegen deren bunter, hübscher Bemalung Rainbow-Valley genannt. Es ist das Indianerviertel. Und mitten drin, an einem Hang, steht eine feudale Holzvilla, wo, und es stimmt in der Tat, traditionsgemäß der Häuptling residiert. Zwischen den Behausungen verschandelt eine Menge Unrat die sonst eigentliche Idylle. Leider kann man auch manch angetrunkenen Indianer beobachten. Obwohl die Natives, grob ein Fünftel der Einwohner, sehr freundlich sind, bewegt man sich in dieser Gegend nicht ganz ohne gemischte Gefühle.
Auch dem Inuit (Eskimo), mit ihren verschmitzten, rundlichbreitbackigen Gesichtern, begegnest du in der Stadt. Sie sollen besonders kontaktfreudig sein. Dem Fremden sei allerdings geraten, das Wort Eskimo nicht zu gebrauchen. Darauf reagieren sie äußerst empfindlich. Dies rührt noch von der Zeit der feindlichen Auseinandersetzungen mit den Indianern her, welche sie so mit Schimpfnamen hießen. Bedeutet so viel wie Rohfleischfresser.
20. Mai
Waren gestern bei der RCMP wegen Waffenpapiere. Müssten mindestens noch eine Woche Geduld haben. Interpol muss erst Auskunft in der BRD einholen, und das kann dauern. Nach kurzer Überlegung stand fest, noch warten bis nächsten Mittwoch und dann geht´s los; mit oder ohne Waffe.
Die Landschaft nördlich des Großen Sklavensees ist herrlich. Eine felsige Gegend, von Moos überzogen, mit kargen Fichten- und Birkenwäldern bewachsen.
Viele kleine Seen, zwischen denen sich Bäche ihren Lauf suchen.
Müssen aus unseren Rucksäcken unbedingt Gewicht zurück lassen. Hauptsächlich Klamotten. Nur die Kleider am Leib, sowie Jogginganzug und Wechselwäsche sind für die nächsten drei Monate geblieben. Dennoch, mit Feldflasche, Angelgerät, Plane, Schlafsack, Isomatte, Schleuder, Kamera, Landkarten, Tagebuch, Tee, Gewürzen, Tabak, Kochgeschirr, Taschenlampe, Seile, Medizin und Verbandsbeutel, Sonnenbrille, Kompass, Regenzeug, Moskitonetz und -Spiralen, wiegt der Rucksack immer noch knapp 20 kg. Fast zu viel, um durch den Busch zu streifen. Aber alles eigentlich unverzichtbare Dinge auf der geplanten dreimonatigen Tour durch die absolute Wildnis.
Haben gestern stundenlang Briefe geschrieben. Wieder sehnt man bei Kartenspiel und Jagd (mit der Schleuder) den Tag des Aufbruchs herbei. Wie gesagt, wenn nicht