Liebesgrüße aus Neuschwabenland. Alex Jahnke
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Liebesgrüße aus Neuschwabenland - Alex Jahnke страница 2
Dem Leser, der mit dem Mythos Neuschwabenland nicht vertraut ist, sei diese kleine Beschreibung mit auf dem Weg gegeben.
Bei der Polarexpedition „Neuschwabenland“ im Jahre 1938 wurde ein Teil der Antarktis von Deutschland in Besitz genommen. In den folgenden Jahren entstand aus dem weißen Fleck auf der Landkarte eine Basis des Deutschen Reichs. Zeitgleich nahmen Außerirdische des Planeten Aldebaran mit der deutschen Führung Kontakt auf und baten um ihre Hilfe. Im Austausch gegen eine Zuflucht im Inneren der Erde sollte das Deutsche Reich fortschrittliche Technologie erhalten – darunter eine unerschöpfliche Energiequelle namens Vril und UFOs, die später den Namen „Reichsflugscheiben“ erhalten sollten. Auf der anderen Seite der Erde war das Deutsche Reich weniger erfolgreich. Deutschland verlor den Zweiten Weltkrieg. Einigen Nazis gelang (zusammen mit dem Führer) in U-Booten die Flucht auf die Basis in der Antarktis, wo sie bis heute leben. Dort warten sie auf den richtigen Moment, um das 4. Reich mit Hilfe ihrer Reichsflugscheiben einzuläuten.
Zur Verblüffung der Neuschwabenländer stellte sich heraus, dass die Erde tatsächlich hohl war und für diese Aliens ein Paradies darstellte: Der Zugang in die neue Heimat befand sich unter dem neuerrichteten Stützpunkt.
Bei der Ankunft der Aldebaraner auf der Erde trafen die Aliens auf die Flüchtlinge aus Deutschland. Die Besucher versprachen die „Guten Nazis, die sich nichts zu Schulden kommen lassen hatten“ mit in die neue Welt zu nehmen. Bis heute wird das Innere der Erde ausschließlich von Aliens bewohnt.
Die Jahre und Jahrzehnte vergingen auf dem kleinen Außenposten des Deutschen Reichs. Der Führer ist nur noch ein Schatten seiner selbst, eine leere Hülle, die von Alientechnologie am Leben gehalten wird. Einzig die Liebe zu seinem Schäferhund blieb erhalten. Da die echte Blondie relativ früh verstarb, wurde die Rolle fortan von Pinguinen in einem Hundekostüm übernommen.
Aus der alten Generation erwuchs eine neue und die Verbindung zur Heimat schlief langsam ein. Bald war Neuschwabenland nur noch ein Mythos, an den niemand mehr glaubte.
Die Whistle Blower
Auch den Pinguinen in Neuschwabenland blieb die Aufregung um die Tagebücher des Adjutanten nicht verborgen. Nach der Veröffentlichung des ersten Bandes erreichte zahlreiche Fanpost die wahren Helden der deutschen Kolonie. Die Absender sprachen ihnen Mut zu, sich weiter für die Sache der Pinguine einzusetzen. Ihr Einsatz würde Neuschwabenland erst zu dem machen, was es heute ist. Einige Pinguine wollten sich mit dem Leben am Rande der Bedeutungslosigkeit nicht mehr zufriedengeben und traten an den amerikanischen Journalisten Glenn Greenwald heran. Sie versprachen ihm Akten aus den Archiven Neuschwabenlands, die er auf ähnliche Weise vermarkten sollte, wie die Leaks von Snowden. Greenwald lehnte allerdings ab, da er vertraglich auf Jahre an die CIA gebunden sei. Die Pinguine ließen sich von der Absage nicht abschrecken und suchten weiter nach einem mutigen Verleger, der die Brisanz dieser Unterlagen zu schätzen wusste. Sie fanden ihn in einem kleinen Verlag im rebellischen Thüringen, der die Akten und Tagebücher für eine nicht näher bezeichnete Summe kaufte.
—— Verschlüsselte Nachricht an den MI6 ——
Es war einfacher als gedacht. Sie kontrollieren die Pinguine auf der Basis nicht, da wir für die Menschen alle gleich aussehen. Verdammte Rassisten!
Mir ist gelungen, mich während des täglichen Wachwechsels in eine Gruppe Pinguine zu schmuggeln. Als Tarnung erzählte ich meinen Artgenossen, dass ich auf einer längeren Mission in Argentinien gewesen sei, um ein paar Alt-Nazis in ihren Heimen aufzuheitern. Das Programm „Senioren und Tiere“ ist hierzulande auch nicht unbekannt und die therapeutische Wirkung von Pinguinen auf der ganzen Welt anerkannt. Niemand kann uns böse sein, wenn wir niedlich davonwatscheln.
Setze Auftrag wie besprochen fort.
—— Verschlüsselte Nachricht an den MI6 ——
Jänner im Jahre 5014
neuer Atlantischer Zeitrechnung
Im Kino diesen Monat:
Frauleins in Uniform (1973)
Neuschwabenland, 1.1.5014
Es ist so etwas wie Ruhe auf der Basis eingekehrt. Ich kann endlich wieder meinen eigentlichen Aufgaben nachgehen. Letztendlich habe ich mich mit der Unachtsamkeit, mein Tagebuch im Starbucks zu vergessen, selber am meisten bestraft. Jeden Tag erreichten mich unzählige E-Mails und Briefe von aufrechten Deutschen (auch der Besitz eines deutschen Schäferhundes zählt als Ahnenpass) mit der Bitte um Asyl oder darum, die Welt endlich wieder auf den rechten Weg zu bringen. Leider ist die Intelligenz der Absender nicht ausreichend, um den ungewollten Humor im „Rechten Weg“ zu verstehen. Aber alles muss ordentlich abgeheftet und gegebenenfalls beantwortet werden, was nun meine traurige Aufgabe ist. Ich konnte noch nie gut „Nein“ sagen. Schon gar nicht, wenn ich merke, dass diese Menschen sonst nichts haben im Leben.
Besonders auffällig sind die vielen Anschreiben durch Mitglieder der AfD. So rückständig sind nicht einmal wir.
Deutsche Schutzgebiete im Ausland als Sammelstelle für Asylsuchende? Wissen die denn nicht, dass unsere koloniale Geschichte katastrophal war? Wir haben Helgoland gegen Sansibar getauscht! Freddy Mercury wäre sonst Deutscher! Und uns wären vielleicht Heino und Heintje erspart geblieben!
Stattdessen hatten wir August Engelhardt in der Südsee, der die Kokosnuss zum Heiligen Gral erklärte und mit „Nackter Kokovorismus ist der Wille Gottes“ die Unsterblichkeit verkündete.
Wer solche Ideen hat, kann nicht das schnellste Spermium gewesen sein, sondern hat den lebensfähigen Spermien nur im Weg gestanden. Bei einer Drängelei im Eileiter wurden sie dann unabsichtlich in die Eizelle geschubst. Anders kann ich mir die Existenz solcher Individuen nicht erklären.
Wenn es eine Alternative für Deutschland gibt, dann sind wir das. Und nur wir!
Persönliches Logbuch Tag 1, Colonel Bramsey
Tag 1 auf der Basis der Nazis. Diese Mission ist mehr als ein normaler Auftrag für mich. Es ist eine moralische Verpflichtung zur Befreiung meiner Art! Daher fühlte ich mich besonders geehrt, dass die Königin mich in die Antarktis entsandte. Eine gute Wahl, wie ich unbescheiden zugeben muss. Stamme ich doch aus einem der besten Häuser. Der Zoo von Edinburgh – meine Heimat – hat eine lange Pinguintradition. Er war der erste Zoo, der im Jahr 1919 Pinguine auf der Nordhalbkugel zeigte. Zudem liegt das Talent für schwierige Missionen in der Familie. Mein Bruder Sir Nils-Olaf dient unter der norwegischen Krone als Kommandant der Königsgarde. Da lag es nur nahe, einen ebenso begabten Diener der Krone für diese brisante Mission auszuwählen, den erfahrenen Agenten Bartholomew „Dippy“ Bramsey.
Ich werde die Aufgabe mit äußerster Vorsicht und Bedacht angehen. Noch weiß ich nicht, welche Gefahren vor mir liegen. Mit welcher Strategie kann ich meine geknechteten Brüder und Schwestern in die Freiheit zu führen?
Wie immer wird mir meine moralische Leitfrage den richtigen