Kopflos in Dresden. Victoria Krebs
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»Herr Tessendorf? Geht es Ihnen gut oder soll sich Dr. Stein«, Maria wies mit der Hand auf den in einiger Entfernung stehenden Arzt, »um Sie kümmern?«
»Nein, nein, es geht schon. Es ist nur so: Ich bin etwas durcheinander. Schließlich sieht man so was ja nicht alle Tage.« Wieder strich er sich die Haare nach hinten und zog so heftig an seiner Zigarette, dass die Spitze glutrot aufleuchtete.
»Wann und wie haben Sie die Leiche, ich meine den Kopf, entdeckt?«, setzte Maria ihre Befragung fort.
»Ich wollte heute Morgen den Rasen rund um das Palais mähen, also, um genau zu sein, ich wollte hier mit diesem Stück anfangen.« Er wies mit der Hand auf den bereits gemähten schmalen Rasenstreifen neben dem Weg. »Hab ich auch gemacht, und dann habe ich den dunklen Fleck auf dem Boden gesehen. Und irgendwie, ich weiß auch nicht warum, habe ich nach oben zur Vase geguckt. Und, tja, dann habe ich gesehen, dass da etwas drinnen lag. Zuerst habe ich gedacht, das waren vielleicht Jugendliche, die da wieder irgendwas reingeworfen haben. Also hab ich die Leiter von da hinten geholt …«, er deutete mit der ausgestreckten Hand auf das Kavaliershaus, »… und an die Vase gestellt. Dann bin ich hoch und hab gesehen, was es war.«
Bei der Erinnerung daran wandte er den Kopf zur Seite.
»Ich … ich musste mich übergeben. Da vorne, gleich neben der Vase. Vorher habe ich die Polizei angerufen.«
»Haben Sie jemanden bemerkt oder ist Ihnen irgendetwas aufgefallen?«
»Nein, es waren nur ein paar Fahrradfahrer unterwegs. Das Übliche eben.«
»Okay, ein Kollege von mir wird Ihre Personalien aufnehmen. Vielleicht fällt Ihnen ja doch noch etwas ein, das wichtig sein könnte.«
Damit gab sie ihm ihre Visitenkarte, drehte sich zu Gerd um und zog ihn beiseite.
»Was ist mit dem übrigen Körper? Wurden noch weitere Leichenteile gefunden?«
»Noch nichts. Ich habe bereits eine Hundertschaft mit Spürhunden angefordert.«
»Der Frau wurde nicht hier der Kopf abgesägt, meinte Dr. Stein. Folglich muss der Mörder ihn irgendwie hierher transportiert haben. Und er muss eine Leiter gehabt haben, um da hoch zu kommen und den Kopf dort zu positionieren. Klär bitte mal ab, wo genau der Gärtner die Leiter hergeholt hat und ob sie dort immer steht. Vielleicht hat sie der Mörder auch benutzt. Ansonsten muss er sich selbst eine mitgebracht haben. Aber das wäre doch sicherlich aufgefallen.«
»Eher unwahrscheinlich. Der Kopf wurde mit Sicherheit heute Nacht oder in den frühen Morgenstunden in die Vase gelegt. Da ist doch niemand mehr unterwegs.«
»Ja, vielleicht hast du recht. Aber er wollte auf jeden Fall, dass man den Kopf findet – er hat ihn ja regelrecht in Position gebracht. Dabei ist die Vase ziemlich tief«, überlegte Maria, »so ungefähr einen Meter, oder? Wieso ist der eigentlich nicht reingefallen?«
»Die Gärtner haben innen eine Art Rost angebracht, zum Schutz. Das ist bei allen vier Vasen der Fall, die an den Ecken des Palaisteiches stehen. Es ist immer wieder vorgekommen, dass jemand was hineingeworfen hat, das dann lustig vor sich hingammelte. Diese Roste schützen den empfindlichen Sandstein.«
»Hm, das wusste der Täter offensichtlich. Vielleicht wusste er auch, wo die Leiter zu finden war?«
Gerd Wechter antwortete nicht, sondern wandte sich nach rechts, wo eben ein Leichenwagen vorgefahren war. Der Beifahrer stieg aus, tippte sich an die Schirmmütze und öffnete die Heckklappe des Kofferraums, aus dem er einen kleinen Zinksarg hervorzog, den er neben den Sockel der Vase stellte.
Maria spürt einen Stich in der Brust, als sie den kleinen Behälter sah, der wie für eine Kinderleiche gemacht schien. Natürlich war er groß genug, um den Kopf der ermordeten Frau aufzunehmen. Dennoch hätte sie einen großen Sarg für angemessener gehalten. Sie warf einen Blick auf Gerd, wollte ihn fragen, ob er das veranlasst hatte. Aber der schaute mit gerunzelter Stirn in die entgegengesetzte Richtung zum Eingang des Parks. Maria folgte seinem Blick.
»Die Presse rückt gerade an.« Missbilligend kniff er die Lippen zusammen.
»Übernimmst du das? Ich würde gerne noch mal kurz nach Hause fahren und duschen. Ich bin dann in circa einer Stunde im Präsidium.«
»Natürlich«, erwiderte er und warf einen Blick zu Nihat hinüber, der soeben mit dem Gärtner sprach und eifrig in sein schwarzes Notizbuch schrieb.
Maria war die Geste ihres Kollegen nicht entgangen. Sie drehte sich um und marschierte zu ihrem Auto. So konzentriert Nihat dem Gärtner auch zuhörte, so schnell hob er im selben Moment den Kopf, als er das klickende Geräusch der Zentralverriegelung von Marias Wagen hörte. Wenige Augenblicke später saß er neben ihr und strich sich eine Strähne, die sich aus seinem streng gebundenen Zopf gelöst hatte, hinter sein Ohr.
»Wir fahren erst noch mal nach Hause«, sagte Maria und startete den Wagen.
»Ja?« Lächelnd legte er seine Hand auf ihre, die sich um den Schaltknüppel geschlossen hatte.
»Das kannst du vergessen! Kaffee und Dusche, mehr nicht.«
»Jawohl, zu Befehl, Chefin!«
Aber Maria war nicht nach Scherzen zumute. Überhaupt nicht. Verzweifelt versuchte sie, das schreckliche Bild des abgesägten Kopfes der jungen Frau aus ihren Gedanken zu verbannen. Ein ungutes, beunruhigendes Gefühl beschlich sie. Sie kannte es nur zu gut. Dies hier war vermutlich erst der Beginn eines Albtraums, weitere Leichenfunde würden folgen. Das spürte sie in ihrem tiefsten Inneren.
Zu Hause angekommen ging sie schnurstracks in ihr Schlafzimmer, zog sich aus und warf die Sachen – Jeans und eine kurzärmelige Bluse – achtlos auf den in der Ecke stehenden Korbstuhl, auf dem sich bereits so viele Kleidungsstücke angehäuft hatten, dass er wie ein seltsames, hypermodernes Kunstobjekt aussah. Jeden Morgen nahm Maria sich aufs Neue vor, die schmutzigen Sachen auszusortieren und in den Wäschekorb zu werfen, während die zum Teil nur einmal getragenen Hosen wieder in den Schrank gehörten. Aber heute nicht mehr, entschied sie sich und rief Nihat auf dem Weg zum Badezimmer zu:
»Stell schon mal die Kaffeemaschine an. Zwei Tassen für mich. Aber stark, ja?«
Er gab keine Antwort. Maria achtete nicht weiter darauf, öffnete die Schiebetür der Kabine und drehte die Dusche auf. Sie schloss die Augen und spürte den belebenden Strahl des Wassers auf ihrem Körper. Doch sofort drängten sich die Bilder der Ermordeten in ihr Bewusstsein. Die vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen, das gespenstische Weiß der Augäpfel, das weiche, lange blonde Haar, das zu blutigen Strähnen zusammengeklebt um ihren Kopf gelegen hatte. Die schreckliche Wunde, auf der die Fliegen herumgekrabbelt waren. Eine schöne junge Frau. Warum hatte der Täter ihr den Kopf abgeschnitten und in die Vase gelegt? Sie nicht einfach nur umgebracht – sondern enthauptet?!
Das war eine Botschaft, dessen war sie sich sicher. Sie griff nach der Duschlotion und drückte einen Klecks auf ihre Hand. Im selben Moment wurde die Schiebetür zur Seite geschoben.
»Darf ich zu dir kommen?« Nihat hatte das Gummiband aus seinen Haaren entfernt. Die dunklen Locken reichten ihm fast bis zu seinen kräftigen Schultern.
Sie konnte nicht widerstehen und zog ihn stumm an sich.
Natürlich kamen sie erst eine Stunde später als angekündigt im Präsidium an. Die