Kopflos in Dresden. Victoria Krebs
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»Machen wir weiter?«, wollte er wissen.
»Ja, natürlich. Gibt es mittlerweile was Neues? Wissen wir, wer das Opfer ist?«
»Nein, bisher noch nicht. Also, du denkst, das hast du zumindest vorhin angedeutet, dass es eine sexuelle Komponente in diesem Mordfall gibt, weil der nackte Körper der Frau auf einem dicken Ast saß?«, hakte er nach.
»Ja, das war mein erster Eindruck. Der Ast als Symbol für den Penis. Aber vielleicht interpretiere ich auch nur etwas hinein, und es ist reiner Zufall. Schließlich musste die Frau ja irgendwie in dem Baum sitzen bleiben. Also musste der Täter sie auf einen Ast setzen, wenn er sie nicht aufhängen wollte.«
»Ich glaube nicht, dass es sich um eine zufällige Vorgehensweise handelt. Ich denke schon, dass der Mörder damit irgendetwas sagen wollte. Die ausgestreckten Arme könnten wirklich Flügel darstellen. Aber wieso wurde der Kopf abgetrennt und in eine Vase gelegt? Welcher Teil spielt in dieser Botschaft eine wichtigere Rolle? Der Kopf oder der Körper?«
»Beides ist gleich wichtig, denke ich«, meinte Maria und sah nachdenklich aus dem Fenster, von wo aus sie die Spitze der Frauenkirche erkennen konnte. Dann wandte sie ihr Gesicht wieder ihrem Kollegen zu. »Was befindet sich normalerweise in einer Vase? Blumen! Jetzt befindet sich ein Kopf darin. Aber in diesen Steinvasen um den Palaisteich habe ich noch nie Blumen gesehen. Sie werden nicht bepflanzt.«
Das Telefon klingelte. Die Durchsuchung im Großen Garten nach Kleidungsstücken oder sonstigen persönlichen Gegenständen der Ermordeten war ergebnislos beendet worden.
Kapitel 5
Sechzehn Tage vorher
Moritz:Hallo, Linda. Ich würde dich gerne näher kennenlernen.
Linda:Hi Moritz, das ist nett. Wie geht es dir?
Moritz:Gut, und dir?
Linda:Ich arbeite gerade. Jetzt hab ich Mittagspause.
Moritz:Ich auch :)
Linda::)
Moritz:Ich hab dein Foto gesehen und ich muss sagen, wirklich hübsch.
Linda:Danke. Was arbeitest du?
Moritz:Ich bin Ingenieur. Und du?
Linda:Sachbearbeiterin. Nicht wirklich interessant.
Moritz:Mein Job ist auch nicht gerade prickelnd. Man schlägt sich so durch :)
Linda:Genau.
Moritz:Tolle Haare hast du und ein süßes Lächeln.
Linda:Danke. Du siehst auch sehr interessant aus.
Moritz:Du wohnst in Dresden?
Linda:Ja, und du?
Moritz:Nicht direkt. Etwas außerhalb.
Linda:Okay.
Moritz:Ich arbeite aber in Dresden.
Linda:Bist du neu auf New-Love?
Moritz:Ja. Seit ungefähr einem Monat. Bin geschieden, fühl mich ein bisschen einsam.
Linda:Oh, da hast du ja ne schlimme Zeit hinter dir.
Moritz:Kann man so sagen. Ziemlich mies.
Linda:Bist du sehr traurig, ich meine, wegen deiner Scheidung?
Moritz:Das Schlimmste ist überstanden. War hart.
Linda:Kann ich mir vorstellen.
Moritz:Aber langsam fällt mir die Decke auf den Kopf.
Linda:Du musst dich ablenken. Das hilft.
Moritz:Bin gerade dabei :)
Linda:Was machst du so in deiner Freizeit?
Moritz:Momentan nicht so viel. Kino manchmal.
Linda:Was war denn der letzte Film, den du dir angesehen hast?
Moritz:Weiß nicht mehr genau. Irgendeine Komödie.
Linda Hansmann schaute auf die Uhr in ihrem Handy. Die fünf Minuten waren vorbei. Jetzt musste sie Schluss machen, wenn sie nicht gleich die erste Regel brechen wollte.
Linda:Ich muss wieder.
Moritz:Ja, okay, vielleicht später noch mal?
Linda:Heute nicht mehr. Hab noch was vor nach Dienstschluss.
Moritz:Kein Problem. Dann vielleicht morgen oder übermorgen, wenn du magst.
Linda:Okay, hab noch einen schönen Tag.
Moritz:Du auch. Tschüss :)
Linda:Tschüss.
Linda sah sich noch einmal das Bild von Moritz an. Na ja, eigentlich nicht so ganz ihr Typ. Sah irgendwie durchschnittlich aus, aber zumindest sympathisch. Und er hatte ein sehr freundliches, offenes Lächeln. Aber so viel konnte man ohnehin nicht auf diese Fotos geben.
In der Regel bearbeiteten Männer ihre Fotos zwar nicht so stark wie die meisten Frauen, die ihre Augen vergrößerten, das Gesicht schmaler machten und einen starken Weichzeichnungsfaktor wählten. Aber auch bei der männlichen Klientel, das hatte die Erfahrung Linda gelehrt, täuschte ein Foto mit der richtigen Beleuchtung und aus einer schmeichelhaften Perspektive heraus über so manchen Makel hinweg. Oftmals hatte sie die Männer auf Anhieb gar nicht erkannt, wenn es zu einem Treffen gekommen war.
Aber für heute war sie zufrieden. Sie hatte sich an ihre neue Regel gehalten. Sehr gut, lobte sie sich selbst. Mal sehen, wie sich der neue Kontakt entwickelte.
Sie wollte gerade die Toilettenkabine verlassen, als sie erneut das Ping hörte, das eine neue Nachricht signalisierte.
Nanu, doch nicht etwa dieser Moritz schon wieder?
Sie holte das Smartphone hervor. Nein, ein anderer Nutzer. Neugierig betrachtete sie sein Foto. Der sah richtig gut aus. Dunkle, kurzgeschnittene Haare, blaue Augen und ein strahlendes Lächeln. Linda sah schnell auf die Uhr. Es blieb noch ein bisschen Zeit, bis sie in die Kantine wollte. Außer einem trockenen Hörnchen heute Morgen hatte