Meine Geparden sind auf dem Weg. Vahid Monjezi

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Meine Geparden sind auf dem Weg - Vahid Monjezi

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und zu zeichnete er besonders feine Bilder aus der alten persischen Geschichte auf Musikinstrumente, die Adels Vater herstellte.

      Die Mimik und die Bewegungen der Menschen waren so lebendig, dass man dachte, Morshed hätte sie für ein paar Sekunden aus ihrer Zeit ausgeliehen und sie wollten in der Geschichte weiterleben.

      Als das Training in der Zurkhaneh zu Ende war und die Athleten weggegangen waren, stellte uns Adels Vater Morshed vor. Soheil, Adel und ich waren stolz, Morshed, der eben noch so schön in der Zurkhaneh gesungen hatte, jetzt persönlich gegenüberzustehen. Überglücklich reichten wir ihm die Hand.

      Soheil kannte ich schon, als er noch ganz klein war. Wir sind zusammen aufgewachsen und mit Adel war er einer meiner besten Freunde. Damals wusste ich nicht, dass er ein afghanischer Flüchtling ist.

      Sein Vater war beim russischen Angriff 1979(20) auf Herat* getötet worden. Als der Krieg sich in alle Richtungen in Afghanistan ausbreitete, ging seine Mutter mit ihm und seiner kleinen Schwester Shiwa ins Asyl in den Iran. Sie zogen in unser Viertel, uns gegenüber und in das Nachbarhaus von Adel ein. Es war eine kleine alte Wohnung im Kellergeschoss.

      Soheils Mutter musste, um mit ihrer Familie überleben zu können, jede Arbeit annehmen.

      Sie putzte in anderen Häusern, machte die Wäsche und manchmal betreute sie alte und pflegebedürftige Leute.

      Soheil arbeitete wie ich in den Sommerferien immer bei einem Schuster in unserem Viertel, und unterstützte so seine Mutter. Wenn ich ihn bei der Arbeit neben mir sah, entdeckte ich einen ruhigen kleinen Jungen mit glatten Haaren, die vom Scheitel aus fein nach der Seite gekämmt waren, und hellen grünen Augen, die in seinem blühenden Gesicht glänzten.

      Als wir aus der Zurkhaneh heraustraten, war es ziemlich dunkel und ungemütlich.

      Der Herbst zeigte uns sein kaltes Gesicht und trieb die Menschen auf den Straßen und dem Basar an, sich schneller zu bewegen.

      Diesen Basar liebte ich. Dieses alte Gebäude mit seinen roten Ziegelwänden.

      Diese wunderbare Architektur mit den hohen gewölbten Stuckdecken. Darin so viele verschiedene Geschäfte.

      Der Kräuterladen, die Buchhandlung, die Bäckerei, das Stoffgeschäft, der Goldschmied und der Puppenmacher. Alle boten friedlich nebeneinander ihre Waren an. Damals gab es noch viele Handwerker in ihren kleinen Läden.

      Bei Sonnenaufgang roch man überall das frischgebackene Steinbrot.

      Direkt am Eingang des Basars wurden Honigsüßigkeiten mit Pistazien gekocht.

      Es war ein betörender Duft von Sesam, Kardamon und Rosenwasser.

      An einem gemütlichen Platz im Basar lud Morshed uns zu heißen roten Beeten ein.

      Wir standen um einen großen vierrädrigen Holzkarren und sogen den süßen Dampf in uns auf.

      Zwei große runde Bleche mit langen Metallspießen standen auf der Karre. Auf den Spießen waren Dutzende rote Beete aufgefädelt und wurden durch den Dampf langsam gar.

      Direkt unter den Blechen befand sich ein Ölherd.

      Der Rote-Beete-Verkäufer schöpfte mit einer Kelle den heißen Saft vom Blech und goss ihn geduldig über die Spieße. Die saftigen roten Beete glänzten im Licht der Gaslaternen.

      Wir Kinder genossen mit großem Appetit Stück für Stück von unseren Tellern. Sie schmeckten süß und saftig und nichts konnte uns ablenken, außer den ungewöhnlichen Gesprächen, die zwischen Erwachsenen geführt wurden.

      Morshed sagte zu Adels Vater: „Bringen Sie doch am Freitagabend(21) die Kinder mit.

      Adels Vater schaute uns drei an: „Es wäre eine neue Erfahrung für die Kinder.“

      Morshed: „Je eher sie es kennenlernen, desto besser ist es. …

      Wenn wir länger warten, bekommen sie vorher eine Gehirnwäsche in der Schule.“

      Ich dachte so bei mir: Wie kann man ein Gehirn waschen?

      In diesem Moment liefen Yalda und ihre Mutter von der anderen Seite des Basares kommend an uns vorbei.

      Yaldas Mutter winkte uns zu.

      Es waren mehrere Wochen vergangen, seit ich Yalda das letzte Mal gesehen hatte.

      Sie waren nach Siawashs Tod für einige Zeit zu ihrem Onkel nach Teheran verreist.

      Yalda lächelte mir zu und ich sah wieder den schelmischen Ausdruck in ihren Augen.

      Sie trug ihre gelbe Bluse mit den vielen kleinen Blümchen darauf und in ihren langen schwarzen Haaren glänzte wieder diese rote Stoffrose.

       Das Gesetzbuch fiel aus der Hand des Richters

       und seine Blätter verteilten sich zwischen den Menschen.

       Jetzt beurteilen alle nach dem Gesetz, von dem sie nur ein Blatt gelesen haben.

      Ich wusste nicht, wie Khozeyme unser Religionslehrer geworden war, weil er niemals Lehrer studiert hatte. Gerüchten zufolge war er vor der islamischen Revolution als Grabredner auf dem Friedhof tätig gewesen. Nach der Revolution, als die Mullahs an die Macht kamen, erhielt auch er wie viele andere treue Anhänger eine „anständige“ Position.

      Wir waren in der vierten Klasse und hatten an diesem Tag Religionsunterricht bei Mullah Khozeyme.

      Er las uns Verse aus dem Koran vor, die über Dämonen berichteten.

      Er stand von seinem Stuhl auf und ging zur Tafel, nahm ein Stück Kreide und schrieb mit großer Schrift Dschinn.

      Khozeyme: „Heute reden wir über die Dschinns. Wer weiß, was Dschinns sind?“ Ein paar Hände gingen nach oben. Khozeyme wies auf einen Schüler.

      Khozeyme: „Ja, du. … Der da hinten. … Sag an.“

      1. Schüler: „Herr Lehrer, Dschinn ist ein unsichtbares Wesen, das sich jederzeit, wenn es will, den Menschen zeigen kann. Herr Lehrer, das hat soooo große rote Augen.“

      Er zeigte die Größe mit seiner vollen geöffneten Hand.

      Khozeyme: „Jawohl, gut gelernt. … und jetzt du, ja du, daneben.“

      2. Schüler: „Herr Lehrer, meine Oma hat immer ein paar Stecknadeln an ihrer Schürze. Sie sagt, dass es bei den Dschinns genau so ist wie bei den Menschen. Es gibt Muslime und Ungläubige und die ungläubigen Dschinns ärgern die Menschen. Das Ärgern kann man nur mit Stecknadeln bekämpfen, denn die Dschinns

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