Persephone. Matthias Falke

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Persephone - Matthias Falke

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      Die Angesprochene schüttelte den Kopf.

      »Die Jungs sind so steril, wie man nur sein kann.«

      Schleuner musste eine bedauernde Bemerkung herunterschlucken. Kristina Nursin war die Exo-Biologin seines Teams. Die Entdeckung musste in ihr größere Erwartungen geweckt haben als bei jedem ihrer Kollegen, um sie dann in umso größere Enttäuschung zu stürzen. Bis jetzt hatte sie auf den Missionen nichts gefunden, das aufregender gewesen wäre als ein paar Aminosäuren auf einem Kometen oder in den Wolken eines Gasriesen. Und nun das!

      »Absolut tot«, fügte sie noch an. »Ich würde sogar sagen, toter als tot.«

      »Tut mir leid für Sie!« Das hatte Schleuner sich dann noch nicht verkneifen können.

      »Es ist, wie es ist.« Kristina Nursin war nicht die Frau, die sich von Fehlschlägen entmutigen ließ. Jedenfalls würde sie sich das nie anmerken lassen. »Der Brocken, auf dem wir stehen«, sagte sie, »enthält wenigstens ein paar primitive proto-organische Moleküle. Methan und etwas Ammoniak. Aber die Jungs hier! Komplette Fehlanzeige.«

      »Also können wir es wagen?«, fragte Schleuner noch einmal, nur fürs Protokoll.

      »Von mir aus können Sie die Jungs ablecken oder mit ins Bett nehmen!«

      »Ganz so schlimm ist es dann auch wieder nicht.«

      »Nein, also von meiner Seite aus haben Sie ein fettes Go, Chef!«

      »Das wollte ich ja nur hören.« Er ließ ein paar Sekunden verstreichen, in denen die Lokale von vereinzeltem Kichern und Grunzen wiederhallte. Dann sah er noch einmal in die Runde. »Sonstige Einwände? Was ist mit den Strahlenwerten?«

      Die Wissenschaftler winkten nur ab. Ihnen dauerte das alles viel zu lange. Wenn sie nicht bestimmte Vorschriften zu berücksichtigen hätten und wenn sie nicht wüssten, dass jedes Wort und jeder Handgriff in Echtzeit auf die MARQUIS DE LAPLACE übertragen wurde, hätten sie sich längst schon ihrer Anzüge entledigt und wären mit Sägen und Zangen über die Tloxi hergefallen.

      »Gehen wir’s an«, verkündete Schleuner, der wider willen etwas Feierliches in der Stimme hatte.

      Er aktivierte die Einleitungssequenz des Anzugs. Auf dem Unterarmdisplay verfolgte er, wie noch einmal sämtliche Daten der Umgebung abgefragt und in den internen Speichern abgelegt hatten. Nach und nach gingen alle Anzeigen auf grün. Der Druckausgleich zischte. Es knackste in den Ohren. Dann blinkte das Signal zum Abnehmen des Helmes.

      Schleuner befreite sich und atmete einige Male tief durch. Die Luft im Quarantänezelt war kühl und trocken. Sie roch, wenn überhaupt, nach den Elastilfolien, aus denen die Kuppeln bestanden. Er wartete ab, bis alle seinem Beispiel gefolgt waren. Es war interessant, die Reaktionen der Leute zu beobachten, wobei er sich sagen musste, dass die meisten von ihnen schon wesentlich länger in den Anzügen steckten als er. Die Männer rieben sich das Gesicht und schnitten groteske Grimassen, um wieder ein Gefühl in Stirn und Wangen zu bekommen. Die Frauen hatten es dagegen hauptsächlich mit ihren Haaren. Kristina Nursin öffnete das Netz, das ihre Frisur im Inneren des Helmes gebändigt hatte, und entließ den dunkelblonden Pferdeschwanz daraus, der über die Helmkupplung auf ihren Rücken herabreichte.

      »Das würde ich lassen«, sagte Schleuner.

      Er hatte das mechanisch gesagt, um zu überspielen, warum er die Kollegin etwas zu penetrant angestarrt hatte. Kristina war eine attraktive Frau von Mitte dreißig mit strahlend blauen Augen, hoher Stirne und aparten Wangenknochen. Wenn sie das Haar ganz öffnete, musste sie noch mehr Sex Appeal haben. Aber auch das Strenge, das die Frisur ihr gab, stand ihr gut. Schleuner hatte sie nie anders gesehen. Auch an Bord, beim Routinedienst in der Planetarischen, trug sie stets Pferdeschwanz oder Netz.

      »Warum?«, fragte sie nur.

      »Vorschrift.« Er grinste nonchalant.

      Sie hob die Schultern. »Sieht ja keiner!«

      »Es sehen alle«, rief er ihr ins Gedächtnis. »Und wenn etwas passiert, bin ich als Ihr direkter Vorgesetzter der Gelackmeierte.«

      »Was soll denn passieren?«, fragte sie. Aber dann rollte sie das Haar doch wieder zu einer Art Dutt zusammen und verstaute es in dem farblosen Netz aus Elastil.

      »Können wir dann anfangen«, rief einer aus dem Team ungeduldig.

      »Selbstverständlich.« Schleuner musste lachen. Er musterte die Tloxi, die für ihn ununterscheidbar waren. »Welcher ist der Sprecher?«, fragte er.

      »Der da.« Kristina Nursin deutete auf den Roboter, der ihnen beiden jetzt gerade gegenüber stand. Wenn sie selbst die Basis bildeten und die fünf Wesen die Spitzen eines fünfzackigen Sterns markierten, stand der Tloxi, der sich bereits mit einigen von ihnen unterhalten hatte, oben.

      »In Ordnung.« Schleuner ging zwischen den beiden Tloxi durch, die ihm am nächsten standen und die keinerlei Regung zeigten. Die Abstände zwischen ihnen waren groß genug. Es hätte sogar die ganze Wissenschaftlergruppe im Inneren ihres Kreises Platz gefunden. Dennoch achtete Schleuner darauf, keines der Wesen zu berühren.

      Er postierte sich in der Mitte der Formation, beugte sich unbeholfen vor und beschloss dann, in die Hocke zu gehen. Er betrachtete den Tloxi, der mit leerer Miene vor sich hinzustarren schien. Das grob gerasterte Rot seiner Augen, die aussahen, als seien sie aus primitiven semitransparenten Plastikelementen zusammengesetzt, schien ein wenig zu flackern.

      »Ist das normal?«, fragte Schleuner.

      »Die Augen, meinen Sie?« Auch jetzt übernahm es Kristina, für den Rest der Gruppe zu reden.

      Schleuner bejahte.

      »Die Intensität variiert leicht«, erklärte sie daraufhin. »Die Lichtstärke schwankt um etwa ein Prozent, die Farbwerte bewegen sich noch weniger. Wenige Nanometer rauf und runter. Vermutlich spiegeln die Augen die geistige Aktivität. Aber bislang konnten wir keine Muster identifizieren.«

      Schleuner nickte. »Fragen wir sie einfach!«

      Der klobige Anzug machte es nicht ganz einfach. Aber dann hatte er eine Stellung gefunden, in der er dem Tloxi einigermaßen in Augenhöhe gegenüber war.

      »Mein Name ist Dr. Schleuner«, sagte er. »Ich bin der Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung des Schiffes MARQUIS DE LAPLACE, das sich in einem Orbit um diesen Asteroiden befindet.«

      Er konnte förmlich hören, wie Doina Gobaidin einige tausend Kilometer entfernt, auf der Brücke eben jener MARQUIS DE LAPLACE, verzweifelt aufstöhnte.

      »Das wissen wir«, sagte der Tloxi.

      Schleuner, der jetzt nur noch eine Armlänge von ihm entfernt war, bemerkte, dass der Roboter den Mund nicht bewegte, während er sprach. Allerdings schien das Flackern der Augen, die den Ton von Stopplichtern hatte, dabei zuzunehmen.

      »Das freut mich«, sagte Schleuner. »Und es freut mich, dass Sie inzwischen unsere Sprache sprechen.«

      »Das war nicht allzu schwer«, sagte der Tloxi. »Ihr Funkverkehr ist ziemlich durchsichtig. Kann man das so sagen?«

      »Ich verstehe, was Sie meinen.« Schleuner unterdrückte ein Glucksen. Auch im Umkreis seiner Mitarbeiter

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