Der falsche Schah. Leonhard F. Seidl

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Der falsche Schah - Leonhard F. Seidl

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wollen Sie wissen?“ Der König geht auf Einauge zu. „Wie mein Kindermädchen hieß? Was meine Leibspeise ist? Wie Sie Wurm es wagen können, an meiner Person zu zweifeln?“

      „Zum Beispiel“, sagt Kenan, ein bisschen zu erfreut.

      Der König geht zu ihm hinüber, legt ihm langsam den Arm auf die Schulter, der Agent folgt Königs Hand mit den Augen. Seine linke Augenbraue fängt zu zucken an. „Ihr Leibgericht ist ja wohl Kaka Kadu.“

      Kenan schaut König aus weit aufgerissenen Rehaugen an wie ein kleiner Bub, der am Mittagstisch auf die Kürbispfannkuchen von der Großmutter wartet. Der König sieht förmlich, wie ihm das Wasser im Mund zusammenläuft. „Mit Granatapfel, Feige?“, fragt er nach.

      Kenan nickt unmerklich. Seine Augenbraue flattert als würde sie dem König stumm Beifall klatschen.

      „Mit Honig?“

      Dem Kleinen entfährt ein leises, lüsternes „Ja“. Im nächsten Moment fährt er sich blitzschnell über den Mund, schaut mit Mundwinkeln, schwer vom schlechten Gewissen, zu seinem Chef.

      König dreht sich mit Kenans Blick, lässt aber die Hand auf der Schulter liegen. „Und wie lautet Ihr Name?“

      „Reza“, sagt der Einäugige leise.

      Und der König tiriliert innerlich.

      „Wie ist Ihr Name?“, fragt Reza. Schnell und eiskalt.

      „Reza Schah Pahlavi, Schah-in-Schah“, schießt der König zurück und merkt sofort, dass das ein Fehler war. Ein Kaiser sagt seinen Namen nicht so brav auf.

      „Beweisen Sie es“, sagt Reza und zündet sich eine frische Zigarette an.

      „Sie erlauben sich tatsächlich, vom Schah-in-Schah zu fordern, dass er die Wahrheit seiner Existenz beweise?“

      „Ja“, sagt Reza und zieht an seiner Kippe. „Kein Geschwätz.“

      „Gehen wir davon aus, dass ich Reza Pahlavi bin. Was wird Ihnen blühen, wenn Sie so weitermachen?“

      „Kein Geschwätz!“

      „Gut, kein Geschwätz. Damit dieses Missverständnis hier baldmöglichst aufgeklärt ist. Aber bedenken Sie, dass das alles hier drin“, der König tippt sich auf die Stirn, „dort, wo Sie keine Haare mehr besitzen, vermerkt ist.“ Er macht eine theatralische Pause. „Und Sie es bitter bereuen werden.“

      Wieder ein Zug an der Kippe. Rauch. Angespanntes Schweigen von Kenan.

      „Was werfen Sie mir eigentlich vor?“, fragt der König.

      Reza steckt sich die qualmende Zigarette in den Mundwinkel. Schlurft in die Ecke des Gewölbekellers, wo die anderen Folterinstrumente liegen: Richtschwert, Mecklenburgisches Instrument – für Daumen und große Zehen, die darin zusammengequetscht werden wie in einem Schraubstock. Dem König juckt es in den Schuhen. Er wackelt kurz und unauffällig mit den großen Zehen, wie um zu spüren, dass sie noch da sind. Die Schnürl am Mecklenburgischen Instrument ziehen die Hände zu den Füßen, langsam. Immer mehr. Es reißt. Es brennt.

      Agent Reza, der Große, nimmt den Polnischen Bock in die knochigen Hände. Betrachtet ihn von allen Seiten. Rot von der Zeit, rostig. Oder ist es Blut? In die zwei Ringe gehören die Füße, darüber werden die Hände eingespannt; und zugeschraubt. Der Große geht zum König und sagt: „Dar kar xeyr hagat hic estexare nist.“

      Nun versucht der König wiederum, sich nicht anmerken zu lassen, wie erstaunt er ist, dass der Große Goethe zitiert: „Für eine gute Tat braucht es keine Gottesbefragung.“

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