Arbeiten wie noch nie!?. Группа авторов
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Sich auf Keynes berufend fordern Keynesianer bis heute die Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer, die in der aktuellen Krise wieder thematisiert und verhandelt wird, bis dato aber noch nicht umgesetzt wurde. Andere Empfehlungen wurden sehr wohl realisiert bzw. in die länderspezifischen Politikstile integriert. Unterschiedliche Formen einer aktiven und antizyklischen Steuerpolitik als auch indirekte Subventionen am Gütermarkt spielen in allen kapitalistisch geprägten Ländern eine steuernde Rolle. Ihre Blütezeit erleben sie in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis Anfang der 1970er Jahre, wo nicht zuletzt der nötige Wiederaufbau zu einer fast Vollbeschäftigung führte – fast, weil viele Frauen ausgeschlossen blieben und der Anteil an informeller Arbeit in einigen Ländern hoch blieb. Insbesondere in jenen Ländern, die nicht nur staatlich steuernd in die Wirtschaft eingriffen, sondern auch ihre Wohlfahrt stark ausbauten, bildete sich eine breite Mittelschicht, die zu relativ hohem Wohlstand gelangte, bzw. wurden die Ausnahmefälle durch die flankierenden Sozialleistungen aufgefangen. Das gilt in den europäischen Ländern, allen voran Skandinavien, Deutschland, Österreich und Frankreich. Wir sprechen von Sozialer Marktwirtschaft, wobei dazu zu sagen ist, dass sich hier Formen des Laissez-faire-Ordoliberalismus (der sich für einen starken Staat ausspricht, damit er die Abschaffung wettbewerbshemmender Zusammenschlüsse und Seilschaften durchsetzten kann) mit dem Keynesianismus (der sich für einen starken Staat im Sinne einer Regulierung ausspricht) vermischen. Keines der theoretischen Modelle kam also je in reiner Form zur Anwendung. Dennoch kann man sagen, dass es den keynesianisch inspirierten Volkswirtschaften eine Zeit lang gelang, die zyklischen Einbrüche abzufedern. Hinterlassen hat uns diese Wirtschaftspolitik wachsende Umweltprobleme, ungelöste Gleichstellung, steigende Staatsschulden und schwerfällige Verwaltungsapparate. Da Vollbeschäftigung das erklärte Ziel der Politiker war, wurde in Kauf genommen, dass wir auf Kosten der Natur längst mehr produzieren als wir eigentlich brauchen. Das Modell hätte auch dann nicht funktioniert, wenn alle Frauen in den Arbeitsmarkt integriert oder die von ihnen geleistete Reproduktionsarbeit entlohnt worden wäre. Das Lohnmodell der Sozialen Marktwirtschaft definiert männliche Familienernährer und weibliche Zuverdienerinnen. Wenn dem Keynesianismus etwas vorgeworfen wird, dann aber nicht die ungelösten Umwelt- und Sozialprobleme, sondern der wieder stotternde Wirtschaftsmotor trotz steigender Staatsschulden.
Nach dem »Wirtschaftswunder« der Wiederaufbauzeit folgte zwangsläufig ein Abschwung, der den Vertretern der Neoklassik half, sich wieder in den Vordergrund zu spielen – allerdings mit dem Effekt, die Krisenerscheinungen zu beschleunigen. Unter den Neoklassischen Theorien versammelt sich eine Familie von Theorien, die weiterhin das rationale Handeln des homo oeconomicus und die Vollkommenheit des Marktes unterstellen. Typisch ist der allgemeine Paradigmenwechsel von Produktion in der Klassik hin zu Handel in der Neoklassik. Ein Teil beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung der Gleichgewichtstheorie (Wegbereiter sind z. B. Léon Walras 1834 –1910 und Alfred Marshall 1842–1924). Ihr Ziel ist es, den optimalen Zustand einer Gesellschaft mit Hilfe mathematischer Schlussfolgerungen herzuleiten. Daraus entstehen Gleichungen, welche die von ihnen anerkannten relevanten Faktoren (wie Preis, Menge, Zeit, Lohn) in ihrem Verhältnis zueinander abbilden und variieren. Da sie davon ausgehen, dass die handelnden Subjekte aus eigenem Interesse das System optimieren wollen, müsse das System automatisch zum Gleichgewicht gelangen. Demzufolge könne es keine »unfreiwillige Arbeitslosigkeit« und Überproduktion geben, höchstens »freiwillige Sucharbeitslosigkeit« und bei Systemstörungen vorübergehend strukturelle Arbeitslose. Es wird angenommen, dass ein Gleichgewicht sich als Effekt der vielen optimierenden Einzelhandlungen rasch wieder ergebe. In der Wettbewerbspraxis bedeutet das aber Preis- und Lohndumping.
Spätere Vertreter der Neoklassik haben zum Ziel, dem Keynesianismus ein eigenständiges makroökonomisches Modell entgegenzustellen und entwickeln den Monetarismus (ihr Hauptproponent ist Milton Friedman, 1912–2006). Demnach pumpe das nachfrageorientierte Modell von Keynes – also der Staat – zu viel Geld in den Umlauf, wodurch Inflation entstehe. In Anschluss an die klassische Quantitätstheorie hänge das Preisniveau von der Geldmenge ab. Daher könnten Wirtschaftsabläufe über Geldmengensteuerung (Kredite, Zinsen) reguliert werden. Diese Rolle kommt seit Mitte der 1970er Jahre den Zentralbanken zu. Ziel ist es, die Geldmengen entsprechend dem Produktionspotenzial stabil wachsen zu lassen, was letztlich auch zu konstant wachsenden Lohneinkommen führen würde. Ebenso wie die Gleichgewichtstheoretiker blenden die Monetaristen relevante Faktoren aus – nichtsdestotrotz strahlten ihre Empfehlungen aufgrund ihrer Machtposition, ihrer Präsenz in den Massenmedien und in der Wissenschaft auf die betriebliche Praxis aus. Staatliche Eingriffe, die über die Gewährleistung von Vertragsfreiheit, Freihandel und Sicherheit hinausgehen, lehnen sie als störend und ineffizient ab; demgegenüber sprechen sie sich für angebotsorientierte Maßnahmen aus, welche die Produktionsbedingungen verbessern sollen. Ihre Politikempfehlungen sind bestimmt von Anreizstrukturen über Geldpolitik sowie De-Regulierungsmaßnahmen und Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen. Seit den 1980er Jahren prägen sie auch in unseren Ländern die Wirtschaftspolitik.
Charakteristikum dessen, was wir heute Neoliberalismus nennen, ist insbesondere der Rückgriff auf den klassischen Laissez-faire-Liberalismus, was die Rolle des Staates betrifft. Der Nachtwächterstaat solle das ungestörte Wirken des Marktes sichern und mit der Bereitstellung von Infrastruktur (z. B. Verkehr, Telekommunikation, Energieversorgung, Bildung) ermöglichen bzw. ist man inzwischen dazu übergegangen, auch die öffentlich genutzte Infrastruktur zu »liberalisieren«, also nicht staatlich sondern privatwirtschaftlich zu betreiben. Die Ansicht, dass staatliche Regulierungen stören, mündete in Zeiten globaler Arbeitsteilung beispielsweise in die Erpressung von Steuerfreiheit als Lohn für die Ansiedlung von Produktionsstätten. Die Folge ist nicht der versprochene Trickle-down-Effekt (das langsame Durchsickern des Reichtums nach unten), sondern dass die Gewinne von den Konzernen vollständig abgezogen werden können; zurück bleiben leere Staatskassen und erschöpfte Beschäftigte. Die globale Wertschöpfungskette ist eine zu Gunsten der Kapital-Eigentümer.