Cork, noch mehr Mord. Ursula Schmid-Spreer

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Cork, noch mehr Mord - Ursula Schmid-Spreer

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riechen können. Es ekelt Sie richtig davor. Nur mit Mühe konnten Sie John davon abhalten, dass er Sie an Ihren Vater verpetzt.«

      Erin schlug betreten die Augen nieder. Ganz fest presste sie die Lippen aufeinander. Man sah deutlich, wie sie ihre Schultern straffte und selbstbewusst sagte: »Und daraus leiten Sie ein Mordmotiv ab? Lächerlich!«

      »Sie waren ganz froh, dass Ihr Vater diesen John, trotz seiner dunklen Vergangenheit, damals als Lehrling einstellte. So mussten Sie wenigstens keine Metzgerlehre machen. Allein der Gedanke, Tiere schlachten zu müssen, das viele Blut, all das verursachte Ihnen Ekelgefühle.« Kommissar Ian McCarty sah Erin fest an. Dann wandte sich sein Blick zu Aaron Sullivan. »John war anfänglich dankbar und sehr gefügig. Irgendwann einmal muss diese Dankbarkeit in Hass umgeschlagen sein. Was war der Auslöser? Haben Sie ihn schikaniert, Mr. Sullivan? War das der Zeitpunkt, als Sie ihn wissen ließen, dass er nur ein Angestellter für Sie war und dass er nichts, aber auch gar nichts zu erwarten hatte?«

      Aaron Sullivan schnappte hörbar nach Luft. Auch seine Töchter sahen ihn entgeistert an.

      »Aber Daddy«, meinte Donna, »du wolltest ihm doch die Metzgerei überschreiben, nachdem Erin und ich sie nicht haben wollten.«

      Der alte Herr sagte noch immer kein Wort. Er machte nur »pfff«.

      »Und Sie, Donna«, fuhr Ian unbeeindruckt fort, »Sie hatten alle Freiheiten, die Sie nur wollten. Sie durften sich Ihrer brotlosen Malkunst widmen. Nur, der Herr Papa hat Ihnen den Geldhahn zugedreht, als sich herausstellte, dass Ihre Bilder unverkäuflich waren. Sie sollten endlich mal einen Abschluss machen – den haben Sie nämlich immer vor sich hergeschoben – und nicht nur sein sauer verdientes Geld ausgeben.«

      Donna sog die Luft durch die Nase, atmete prustend aus, sah ihre Schwester schuldbewusst an.

      »Sie hätten also alle drei ein Motiv. Ich habe überlegt: Erin, Sie haben sich ein bisschen was auf die Seite gelegt. Hätte John gepetzt, wäre das für Sie kein Weltuntergang gewesen. Außerdem waren Sie sich sicher, dass Sie Ihrem Vater zu wertvoll waren, als dass er die Metzgerei und den Pub dann aufgegeben hätte.« Ian wandte sich an Donna. »Sie konnten Ihren Vater schon immer um den Finger wickeln. Und Sie wussten, wenn Sie dem alten Herrn ein bisschen schmeichelten, dann hätte er schon wieder ein Scheinchen locker gemacht. Ja, somit bleiben nur noch Sie übrig, Mister Sullivan.«

      Erschrocken sahen die beiden Damen ihren Vater an.

      »Erpressen wollte er mich, der Saukerl«, schrie Aaron Sullivan unbeherrscht los. »Erpressen, mein Sausagerezept wollte er an die Konkurrenz verkaufen. Seit Jahrzehnten ist es im Familienbesitz, und dieser hergelaufene Kerl, dem ich eine Ausbildung und Arbeit gegeben habe, der wollte mich erpressen. Außerdem hat er meine Töchter gegeneinander ausgespielt. Und hinter ihren Rücken hat er es mit jedem Rock getrieben. Die Gelegenheit war günstig, als er da so am Herd stand. Ein Liedchen hat er sogar gepfiffen. Ich konnte nicht anders handeln, Herr Kommissar.«

      Sullivan wurde abgeführt. Seine Töchter verließen zutiefst betroffen das Büro.

      *

      »Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich tief seufzte und den Aufkleber ›erledigt‹ auf die Akte Wurstmord gestempelt habe«, sagte Ian.

      Es war eine Weile still am Tisch. Dann ergriff Daniel das Wort. »Nach außen hin ist oft eitel Sonnenschein.«

      Und Mick ergänzte: »Und drinnen herrschen Abgründe.«

      »Prost«, sagte Kevin und erhob sein Glas. »Wisst ihr eigentlich, warum man Kürbisse aushöhlte, damit sie wie Fratzen aussehen?«

      Die anderen lachten, schüttelten verneinend den Kopf.

      »Dann habe ich eine schöne Legende für euch«, ergriff Daniel erneut das Wort. »Hört zu! Sie geht auf Jack O’Lantern zurück. Jack der Hufschmied war ein schlimmer Trinker, jeden Abend saß er in der Dorfkneipe. Auf einmal stand der Teufel neben ihm, das soll am 31. Oktober gewesen sein. ›Es ist Zeit‹, sagte der Teufel, dass ich dich in die Hölle hole.

      Jack war sehr gewitzt, überlegte fieberhaft, wie er dem Teufel ein Schnippchen schlagen könnte. So bat er ihn um ein letztes Glas Bier. Als Gegenleistung würde der Teufel dann seine Seele bekommen.

      Der Teufel ließ sich auf den Handel ein. Der Wirt wollte sich das Bier natürlich bezahlen lassen, aber der Teufel hatte kein Geld. So verwandelte er sich in höchster Eile in ein Geldstück.

      Jack trug immer ein Silberkreuz in seiner Tasche und steckte blitzschnell die Münze dazu. Somit war der Teufel gefangen und konnte nicht mehr entfliehen.

      Jack war nicht dumm, er wollte, dass ihn der Beelzebub zehn Jahre in Ruhe ließ. Außerdem sollte ihn der Teufel zum reichsten Hufschmied weit und breit machen.

      Der Teufel kam am Abend des 31. Oktober genau nach zehn Jahren wieder und forderte die Seele ein. Jack hatte schon die ganze Zeit überlegt, wie er dem Höllenfürsten erneut ein Schnippchen schlagen könnte. So bat er ihn um einen letzten Apfel, den ihm der Teufel vom Baum pflücken solle. Er wäre nicht mehr so beweglich und er, der Teufel, wäre doch behände. Dieser hegte keinen Argwohn, kletterte auf den Baum. Schnell ritzte Jack ein Kreuz in die Rinde. So war der Widersacher abermals gefangen. Diesmal handelte John aus, dass er ihn und seine Seele bis in alle Ewigkeit in Ruhe lassen würde.«

      »Das ist eine schöne Geschichte«, sagte Mick. »Aber was hat das jetzt mit den Fratzen im Kürbis zu tun? Was ist die Moral von der Geschichte?«

      »Die gibt es natürlich. Darum erzähle ich euch noch den Schluss. Jack war kein guter Mensch. Er log und betrog seine Freunde, seine Familie und auch seine Kunden. Als seine Zeit gekommen war, klopfte er an die Himmelstür. Dort aber wurde er abgewiesen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als doch zum Teufel zu gehen. Der war ihm aber immer noch böse, weil er ihn so reingelegt hatte, und verweigerte ihm den Eintritt. Es war kalt und finster. Und man sollte es nicht glauben, der Teufel hatte ein klein wenig Mitleid mit Jack. Damit er nicht so frieren musste, warf er ihm ein Stück Kohle zu. Das konnte er aber nicht in der bloßen Hand tragen. Er hatte als Proviant eine Rübe dabei. Der Teufel höhlte sie ihm aus, schnitt eine Fratze und legte die Kohle hinein. Irische Einwanderer haben den Brauch mit nach Amerika genommen. Aus Samhain-Tradition wurde Halloween und aus einer Rübe ein Kürbis, der nunmehr als Symbolfigur gilt. Das Licht, das in den ausgehöhlten Kürbis gestellt wird, soll an Allerseelen leuchten.«

      »Ah, ich verstehe«, sagte Mick, der aufmerksam zugehört hatte. »Die Moral von der Geschichte ist, dass die ruhelosen Seelen, die weder in den Himmel noch in die Hölle dürfen, herumirren und somit ihre Sünden abbüßen.«

      »Yes«, sagten die drei im Chor. »Have a spooky Halloween!«

       Samhain (Der Totengott)

      Wir kennen dieses Fest als Halloween. Kinder verkleiden sich, um die bösen Geister zu vertreiben, läuten an Türen und rufen: »Süßes oder Saures?« Das Fest hat für die Iren eine große Bedeutung. Es wird auch als keltisches Silvester bezeichnet. Es beginnt am 31. Oktober.

      Die Erde ruht sich aus, um im Frühling neues Leben hervorzubringen. Die Christen gedenken an diesen Tagen ihrer Toten. Für die Kelten war diese Nacht der Wechsel der Jahreszeiten, die Welt der Lebenden und Toten lag eng beieinander. Zum Schutz vor bösen Geistern verkleideten sie sich furchteinflößend. Im Laufe der Zeit nahm das Fest christlichen Charakter an. Es kamen Ostern und der

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