360° um die Welt. Wolfgang Machreich

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360° um die Welt - Wolfgang Machreich

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      Uma Lulik: traditionelle Reliquienhäuser

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Die Arirang-Spiele sind von über 100.000 Menschen aufgeführte Massentänze im Stadion „Erster Mai“ in Pjöngjang. Präzise choreografiert, werden dabei Episoden aus der revolutionären Vergangenheit und tollen Gegenwart gezeigt.

Fläche: 120.538 Quadratkilometer, halb so groß wie Großbritannien
Einwohner: 24.052.231, ein gutes Drittel von Großbritannien

      Fernnähe

      Nordkorea ist ein wunderbares Land mit wundervollen Menschen, die durch einen Eisernen Vorhang von ihren südkoreanischen Geschwistern getrennt sind. Deswegen diente im Grenzort Panmunjom am 38. Breitengrad ein Fernglas nicht dazu, in die Ferne zu schauen, sondern die Nähe auf Distanz zu halten. Ein US-Begleitoffizier deutete mit seinem Zeigefinger an die Stirn, als der nordkoreanische Grenzsoldat, drei Meter vom südkoreanischen Visavis und zehn Meter von der Besuchergruppe entfernt, ein Binokel an seine Augen führte. Was er von den Nordkoreanern hält, fasste der Amerikaner in einem Wort zusammen: „Crazy!“ Am nächsten Tag bei einem Pressegespräch im Außenministerium in Seoul sah man das Verhältnis zum nördlichen Nachbarn differenzierter: „Nordkoreas Situation ist außergewöhnlich, die stecken in einer existenziellen Krise, da kann man nicht erwarten, dass sie sich normal verhalten.“

      Grenzübergang zwischen Nord- und Südkorea

      Verrückt? Normal? Irgendwo dazwischen spielte sich auch die Visite im vier Kilometer breiten Niemandsland zwischen Nord-und Südkorea ab: Rund 170.000 Besucher reisen pro Jahr eine gute Autostunde von Seoul an, um zwischen Panzerabwehr-Wällen, Minenfeldern und Sicherheitszäunen einen Blick auf die „Achse des Bösen“ zu werfen. Ein Falke, der über den Reisfeldern kreiste, war der einzige, den die Infrastruktur dieser institutionalisierten Feindschaft nicht tangierte – ihm schmeckten die Mäuse und Hasen hüben und drüben der Demarkationslinie. Mit dieser Haltung kommt er der Wahrheit dieser Grenze wohl näher als alle Besucher, die der Grusel-Ästethik auf dem Leim gehen und sich gerne einen Konflikt vorspielen lassen, den es trotz regelmäßiger Drohgebärden des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un so nicht mehr gibt.

      Massentänze während der Arirang-Spiele

      Von der Annäherung der beiden Koreas profitieren vor allem die seit Jahrzehnten getrennten Tausenden Familien in Nord und Süd. Wer zu Familienbegegnungen nicht nach Pjöngjang reisen darf, erhält vom Roten Kreuz die Möglichkeit von Videokonferenzen. Das Erste, was dabei auffällt, sind die großen Schachteln mit Papiertaschentüchern zum Tränentrocknen auf jedem Tisch.

      Der 95-jährige Lie kommt mit seinen Söhnen in die mit Kamera und TV-Schirm ausgestattete Kabine im Rot-Kreuz-Gebäude von Seoul. Die beiden älteren Kinder von Herrn Lie blieben während der Kriegswirren in Nordkorea zurück. Als die beiden ihren Vater sehen, verbeugen sie sich. „Seid ihr meine Kinder?“, fragt er in die Kamera. „Ja, Vater, grüß dich!“, antwortet die Tochter. „Es ist alles meine Schuld, ich bitte um Vergebung, dass ich euch nicht rechtzeitig geholt habe“, sagt Lie. Dann reden sie über die Familie: Wer ist gestorben? Wer geboren? – und als die zwei Stunden Gesprächszeit um sind, gehen Vater in Süd- und die Kinder in Nordkorea winkend auseinander. Für die Zukunft sind sie optimistisch – so wie der 65-jährige Nordkoreaner Park Un-Jin, der zu seiner 85-jährigen Mutter aus dem Süden sagte: „Du musst bis zur Wiedervereinigung leben, damit wir wieder zusammen sein können.“

      Die Republik China war UN-Gründungsmitglied; 1971 verlor sie die Mitgliedschaft an die Volksrepublik China. Noch 17 Staaten, in Europa nur der Vatikan, erkennen das Land offziell an.

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Die Stöckelschuh- oder Aschenputtel-Kirche ist eine beliebte Hochzeitskirche. Der Bau aus blauem Glas erinnert an die Opfer der Schwarzfuß-Krankheit in den 1950er-Jahren, den Betroffenen mussten oft die Füße amputiert werden.

Fläche: 36.179 Quadratkilometer, halb so groß wie Irland
Einwohner: 23.574.274, fünfmal so viele wie Irland

      Politische Kalligrafie

      Taiwan ist ein wunderbares Land mit wundervollen Menschen, die wieder die Schönschrift schätzen lernen und ihre kalligrafischen Kunstwerke in den sozialen Medien verbreiten. Dass ausgerechnet ein Web-Trend via Smartphone und Computer zu einem Boom in Taiwans Schreibwarenhandel führt, erscheint auf den ersten Blick als Anachronismus. Doch im ganzen Land gäbe es einen steilen Anstieg im Verkauf von Füllern, Tintenpatronen und -fässern, schreibt Taiwan-Korrespondentin Yu-Tzu Chiu. Handgeschriebene Briefe oder Karten erzeugten mehr Wärme in der Kälte des digitalen Zeitalters, in dem sich die Kommunikation oft gehetzt anfühle, lautet eine Motivation dahinter. „Mit dem Füller gute Gedichte, Zitate oder buddhistische Lehrsätze abzuschreiben, ist für mich nicht nur eine Gelegenheit, meine Handschrift zu verbessern, sondern auch, Achtsamkeit oder Meditation zu üben“, zitierte Chiu einen Schönschreiber. Im Schreibwarengeschäft von TY Lee im Zentrum Taipehs kann man seine Handschrift verbessern. Schönschrift sei wie passende Kleidung, ist Lees Überzeugung. Mit ein paar Tipps könne sich jeder zu seinem Vorteil verändern. Chinesisch schreiben ist nicht leicht: „Für den täglichen Umgang brauchen wir rund 3000 traditionelle chinesische Schriftzeichen – sowohl einfache als auch komplexere.“ Besonders leid tun Lee hochrangige Funktionäre, die bei den traditionellen Feiern zum Beginn des Mondjahres öffentlich Reime aufschreiben müssten und dabei durch ihre mangelhafte Schreibfähigkeit auffielen.

      Aschenputtel-Kirche in Taiwan

      Taiwan, das zu den größten Wirtschaftsnationen weltweit zählt, besticht gleichzeitig auch als Kulturnation. Die Insel hat ein lebendiges Theater. Das weltweit größte Zentrum für darstellende Künste wurde unlängst in der südtaiwanesischen Hafenstadt Kaohsiung eröffnet. Und „Taiwan hat als einziger demokratischer Staat in der chinesischsprachigen Welt einen Wert an sich“, betonte Ketty Chen von der „Taiwan Foundation for Democracy“ in einem Interview mit der Wiener „Presse am Sonntag“. Der Druck „von unserem Nachbarn“ ist für alle Taiwanesen deutlich spürbar, beschrieb Chen das Verhältnis zur Volksrepublik: Seien es die Versuche Pekings, die letzten 17 diplomatischen Alliierten abzuwerben, Taiwans Aktivitäten in internationalen Organisationen und Sportwettbewerben einzuschränken, Taiwans Tourismus mit Reisebeschränkungen zu torpedieren oder offene militärische und politische Einschüchterungsversuche. „Wenn du nicht tust,

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