360° um die Welt. Wolfgang Machreich

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360° um die Welt - Wolfgang Machreich

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an die Rituale von Tet. Und zwar mehr noch als früher.“ Ob jemand gläubig ist oder nicht, spiele keine Rolle: „Das ist ein gemeinschaftliches Ereignis für alle.“ Die Kommunistische Partei toleriert mittlerweile die alten Praktiken, die sie früher abschaffen wollte. Thuyet sieht die Rituale nicht nur positiv. Für ihn sind die Bräuche Ausdrucksmittel eines zunehmenden Materialismus im neuen Wirtschafts-Tigerstaat: „Früher haben die Leute für ihre Gesundheit gebetet. Jetzt beten sie auch für mehr Geld und für ihre Karriere.“

      Oder für einen Ehepartner. Im konservativen Vietnam entwickeln sich Schein-Hochzeiten zum boomenden Geschäft: Unverheiratete schwangere Frauen buchen beispielsweise Schauspieler für inszenierte Trauungen, um der sozialen Ächtung als ledige Mutter zu entgehen. „Meine Eltern hätten die Schmach als erste zu spüren bekommen“, erklärte eine Betroffene die Beweggründe. Deshalb fingierte sie eine Hochzeit. Die Kosten von 1500 Dollar bezahlte der mit einer anderen Frau verheiratete Vater ihres ungeborenen Kindes. Nach der Geburt wird sie die Trennung von ihrem Alibi-Mann spielen. Eine geschiedene Mutter zu sein, ist immer noch besser, als ein uneheliches Kind zu haben. Auch Paare geben Tausende Dollar aus, um den Erwartungen ihrer Familien und der Gesellschaft zu entsprechen und heiraten zum Schein. Und fürs echte Glück wird beim nächsten Tet der Küchengott mit einem besonders schönen Goldfisch bestochen.

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Angkor Wat ist der größte Tempelkomplex der Welt und das nationale Symbol des Landes. Das macht Kambodschas Staatsflagge zur einzigen weltweit, auf der ein Gebäude abgebildet ist.

Fläche: 181.040 Quadratkilometer, halb so groß wie Deutschland
Einwohner: 16.076.000, ein Fünftel von Deutschland

      Entwaffnend

      Kambodscha ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen, die sich trotz Pol Pots „Steinzeitkommunismus“ und den Gräueltaten seiner Roten Khmer ihr unbeugsames Naturell, ihren ansteckenden Optimismus und ihr Lächeln erhalten konnten. Sowie eine pragmatische Sicht der Dinge, gepaart mit viel Lebensweisheit.

      Als David de Beer anfing, auf seinen Chauffeur und seinen Dolmetscher zu hören, wurde seine Mission ein Erfolg: 2002, im Jahr der ersten freien Wahlen nach Jahrzehnten Bürgerkrieg, schickte ihn die EU ins Chaos. Der Niederländer sollte Kambodscha entwaffnen, ein Land mit mehr Waffen als Reiskochern.

      Das offizielle Entwaffnungs-Handbuch legte de Beer schnell zur Seite, „das war viel zu technisch“, sagte er bei einer Begegnung in Wien; er vertraute lieber auf seine lokalen Begleiter, „die waren meine besten Berater“. Als er nach vier Jahren das Land verließ, gab es mehr Ordnung und Sicherheit und 150.000 Klein- und Leichtwaffen weniger. Der Begriff „Small Arms and Light Weapons“ ist irreführend. Schweres Kriegsgerät kommt nicht annähernd an die tödliche Effizienz der Kleinwaffen heran: 85 bis 90 Prozent aller verwundeten und getöteten Menschen in Konflikten und nach Konflikten werden mit Klein- und Leichtwaffen angegriffen. Über die Hälfte dieser Waffen gehören Rebellen, Milizen, Klein- und Großkriminellen …

      „Sicherheit ist der Schlüssel zum Erfolg von Entwaffnungsprogrammen“, sagt David de Beer. „Erst wenn die Menschen Vertrauen haben – in den Staat, in die Gesetze, in die Gerichte, in die Polizei – sind sie bereit, ihre Waffen abzugeben.“ Deswegen müssen Entwaffnungsprogramme im legislativen sowie exekutiven Bereich ansetzen. Die Exekutive in Kambodscha war, wie so oft in Post-Konfliktländern, unterbezahlt; die Polizisten waren deswegen nur am Vormittag Polizisten, danach besserten sie sich mit nicht immer legalen Diensten ihr Gehalt auf. Auf Anregung seiner lokalen Berater organisierte de Beer Trainings für die Frauen der Polizisten. Gemüseanbau, Geflügelzucht und Handwerk wurden unterrichtet. So konnten sie das Familieneinkommen aufbessern und die Männer sich ganz ihrer Polizisten-Tätigkeit widmen – mehr Sicherheit, mehr abgegebene Waffen waren die Folge. „Wir haben nie für einzelne Waffen bezahlt“, sagt de Beer, „sondern immer in Projekte investiert, die dem ganzen Dorf zugutekamen.“ Frühere Entwaffnungsprogramme kauften den Menschen ihre Waffen einfach ab. Mit der Folge, dass Waffen billig aus den Nachbarländern importiert und für gutes Geld an die internationalen Entwaffner verkauft wurden.

      Angkor Wat ...

      Mehr Erfolg hatte da schon de Beers zweite Entwaffnungs-Coup: Der Mentalität der Kambodschaner entsprechend organisierte er Waffenzerstörungsfeiern mit Volksfestcharakter. Tausende Gewehre, Pistolen und Revolver wurden zu Scheiterhaufen aufgetürmt und angezündet. „Die eingeschmolzenen Waffenberge haben noch Tage später geglüht“, erzählt de Beer: „Wir konnten mit eigenen Augen sehen, wie die Welt um uns herum Stück für Stück sicherer wurde.“

      ... ist der größte Tempelkomplex der Welt.

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Die Lingua franca Singlisch ist eine Mischung aus Englisch, Malaiisch, Mandarin, Tamil, dem chinesischen Dialekt Hokkien sowie Bengali und Kantonesisch.

Fläche: 719 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Malta
Einwohner: 5.607.300, 13-mal so viele wie Malta

      Glückliche Toiletten

      Singapur ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen, die stolz auf ihr Image als blitzsaubere Stadt sind und jede Verschmutzung ahnden. So wurde ein Taxifahrer wegen Pinkelns in der Öffentlichkeit zu umgerechnet 510 Euro Strafe verurteilt. Der Mann hatte in höchster Not seine Notdurft hinter einem Stromkasten verrichtet. Andere Taxifahrer beobachteten ihn, notierten das Autokennzeichen und zeigten ihren Kollegen an. Bestraft wird auch das Spucken auf der Straße. Jahrelang war sogar der Verkauf von Kaugummi verboten.

      Blitzsaubere Skyline von Singapur

      Auch was seine öffentlichen Toiletten betrifft setzt Singapur höchste Maßstäbe. Das Umweltministerium des Stadtstaats initiierte die Aktion „Happy Toilet“, bei der die öffentlichen Toiletten wie Hotels mit ein bis fünf Sternen bewertet werden. „Wir verbringen fast drei Jahre unseres Lebens auf dem Klo“, erklärte eine Broschüre die Relevanz der Aktion. Die vergebenen Sterne gelten für ein Jahr. Lässt der Standard der Toilette nach, kann die Auszeichnung wieder abgenommen werden. Ab drei Sternen steigt ein Klo in die Kategorie „Happy Toilet“ auf.

      Im Durchschnitt suchen Menschen sechsmal täglich eine Toilette auf. Freilich nur jene, die das Glück eines Klosetts haben, das sanitäre Mindeststandards erfüllt. Ein Drittel der Erdbevölkerung, zweieinhalb Milliarden Menschen, hat nur eine verdreckte oder gar keine Toilette zur Verfügung. Auf der Erde sind heute mehr Mobiltelefone

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