360° um die Welt. Wolfgang Machreich
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Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi
„Seit sie Regierungschefin ist, hat Myanmars Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi das Schweigen gelernt“, kommentiert „dpa“-Korrespondent Christoph Sator die Ignoranz angesichts massiver Menschenrechtsverletzungen gerade jener Frau, die jahrelang die Einhaltung dieser für sich und ihr Volk gefordert hat. Die UN-Ermittler werfen Suu Kyi vor, „weder ihre Rolle als Regierungschefin noch ihre moralische Autorität genutzt zu haben, um sich den Ereignissen entgegenzustellen“. Der Myanmar-Experte David Mathieson wählt den Vergleich mit einem Glücksspiel: „Der Militärchef trägt letztlich die Schuld an der Horrorshow in Rakhine. Aber Suu Kyi beteiligt sich jetzt aktiv daran, das unter den Tisch zu kehren. Die Militärs müssen glauben, dass sie in einer Lotterie gewonnen haben.“
Die härtesten Worte fand Yanghee Lee, UN-Sonderberichterstatterin zu Myanmar. Wegen ihrer Kritik wird sie nicht mehr ins Land gelassen. Doch Lee weiß wovon sie spricht: Seit 1992 verfolgt sie im UN-Auftrag die Menschenrechtslage in Myanmar. Aus ihrer Enttäuschung über Suu Kyi, mit der sie einmal auf derselben Seite stand, macht sie keinen Hehl: „Sie war noch nie eine Göttin der Menschenrechte. Sie war und ist eine Politikerin.“ Und Lee schließt nicht aus, dass die Nobelpreisträgerin sogar vor einem Internationalen Gerichtshof landen könnte – wegen Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord. Andere nehmen Suu Kyi in Schutz, argumentieren, dass die Regierungschefin zur Zusammenarbeit gezwungen sei, wolle sie nicht auf der Todesliste von Radikalen enden – wie ihr Rechtsberater, der vergangenes Jahr erschossen wurde. In ihrer Dankesrede zur Verleihung des Sacharow-Preis des Europaparlaments 1991 sagte Aung San Suu Kyi: „Nicht Macht korrumpiert die Menschen, sondern Furcht.“ Das heißt in ihrem Fall, dass aus der einst Furchtlosen leider eine Mitläuferin und vielleicht sogar Getriebene geworden ist, die Mark Twain vergessen hat: „Die größte Macht ist das richtige Wort zur richtigen Zeit.“
Kuthodaw-Pagode in Mandalay
Volksrepublik Bangladesch
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Anderswo wären sie längst in einem Schifffahrtsmuseum. In Bangladesch fahren die vier Raddampfer „Rocket“ aus der Kolonialzeit noch heute auf den Flüssen zwischen Dhaka und Khulna im Westen des Landes – und sind Kult.
Fläche: | 147.570 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Irland |
Einwohner: | 164.800.000, mehr als 34-mal so viele wie in Irland |
Ein Bier für mehr Fairness
Bangladesch ist ein wundervolles Land mit wundervollen Menschen, ohne deren Arbeit ein Großteil der Menschen nackt dastehen würde. Nach China produziert kein Land der Erde so viel Bekleidung wie Bangladesch. Gleichzeitig war die Bekleidungsindustrie in Bangladesch jahrelang das Synonym für unwürdige Arbeitsbedingungen, Hungerlöhne, verheerende Brände. Ein Wendepunkt war der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza 2013, bei dem 1135 Menschen ums Leben kamen.
Gut fünf Jahre nach dieser Katastrophe sei alles anders, besser, erklärte Textilfabrikant Mostafiz Uddin bei einer Informationsveranstaltung im Herbst 2018 in Salzburg: „Rana Plaza, das war Unglück und Segen zugleich. Ohne das Desaster hätte es keine Veränderung geben“, sagte Uddin im „APA“-Gespräch: „Es hat viele Verbesserungen beim Schutz der Arbeiter gegeben. Und die Zahl der Gewerkschaften hat sich in den vergangenen fünf Jahren vervierfacht.“ Die rund 4000 Textilfabriken mit 3,6 Millionen Beschäftigten, zwei Drittel Frauen, würden heute streng kontrolliert. „Der gesetzliche Mindestlohn hat sich seit dem Jahr 2012 von 37 auf 93 Dollar mehr als verzweieinhalbfacht“, zählte der Fabrikant einen weiteren Fortschritt auf.
Eingestürzte Textilfabrik Rana Plaza
Näherinnen fertigen Jeans.
Uddins Firma in der Hafenstadt Chittagong stellt ausschließlich Jeans her. 2000 Mitarbeiter nähen jeden Tag 12.000 Stück für den Export. Der Fabrikant hat seinen Betrieb auf einem Stahlgerüst gebaut, das bei Erdbeben Sicherheit bieten soll. Regelmäßig gibt es Brandschutzübungen und Sicherheitstrainings, die medizinische Versorgung für die Arbeiter sei frei. Abwässer würden geklärt und wiederaufbereitet, moderne Maschinen verringern Chemikalien- und Energieverbrauch und am Fabrikgelände ließ er 1500 Bäume pflanzen, um das Mikroklima zu verbessern.
Doch während die Mindestlöhne stiegen, sanken im gleichen Zeitraum die im Westen für seine Jeans erzielten Preise um sieben Prozent, kritisierte Uddin: „Alle reden heute über Mindestlöhne, faire Arbeitsbedingungen, Sicherheitsstandards und grüne Herstellung. Aber das ist nicht genug. Man muss über die Preise reden. Nachhaltigkeit kostet.“ Werde eine seiner Jeans um 29 Euro verkauft, bekomme er 8 Euro. „Kostet sie noch weniger, muss klar sein, dass sie nicht unter fairen und nachhaltigen Bedingungen produziert werden kann.“
In einer „dpa“-Reportage zum Jahrestag der Rana-Plaza-Katastrophe wird Bangladeschs Informationsminister Hasanul Haq Inu zitiert: „Wir haben die Kinderarbeit abgeschafft, Sicherheitsmaßnahmen eingeführt, in Umweltverträglichkeit investiert, das Arbeitsrecht verbessert“ – doch ausländische Auftraggeber würden nicht genug für Kleidung zahlen. Und ein Kollege von Textilfabrikant Uddin mit gleichem Namen, Nashir Uddin Mia, beklagte, dass die Kosten für Stoffe und Herstellung stiegen, die internationalen Handelskonzerne aber die Preise drückten und rechnete vor: „Wenn ein Konsument im Westen statt drei Bier nur zwei trinken würde, könnte er es sich leisten, einen Dollar mehr für ein Polohemd auszugeben.“
Königreich Bhutan
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Taktshang ist ein Kloster auf einer Höhe von 3120 Metern; Guru Padmasambhava, der den Buddhismus nach Bhutan brachte, soll im 8. Jahrhundert in einer Höhle beim „Tigernest“ drei Jahre, drei Monate, drei Wochen, drei Tage und drei Stunden meditiert haben.
Fläche: | 38.394 Quadratkilometer, ein wenig kleiner als die Schweiz |
Einwohner: | 727.145, weniger als ein Zehntel der Schweiz |
Sir Rutland sucht das Glück
Bhutan ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen, die sich als Glückskinder weltweit einen Namen gemacht haben. Das Geld allein nicht glücklich macht, erfuhr der Brite Michael Rutland am eigenen Leib, als er 1970 nach Bhutan kam: Sein Geld war wertlos, da er sich dafür nichts kaufen konnte. Das Himalaya-Königreich hatte sich erst wenige Jahre zuvor ausländischen Besuchern geöffnet; Tauschhandel prägte das Wirtschaftstreiben. Rutland tauschte sein Mathematik- und Physik- Wissen für ein Leben am Königshof und unterrichtete