Beutewelt VI. Friedensdämmerung. Alexander Merow
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Mittlerweile hatte sich die Industrie weiter erholt und die Arbeitslosigkeit war in noch größerem Maße zurückgegangen. Im verschneiten Januar des folgenden Jahres lud die Freiheitsbewegung ihre Anhänger zu einer großen Veranstaltung nach Kiew ein und Artur Tschistokjow unterstrich bei seiner bejubelten Rede einmal mehr den Erfolg seiner Innenpolitik.
Einen Monat später trafen sich das Staatsoberhaupt des Nationenbundes der Rus und der Weltpräsident erneut. Diesmal kam der mächtigste Mann des Weltverbundes nach Minsk, wo er mit einer großen Parade begrüßt wurde. Artur Tschistokjow und er ließen nun die Öffentlichkeit direkt an ihrem Gespräch teilhaben und Hunderte von Fernsehkameras übertrugen das Spektakel live.
Erneut bekräftigten beide Staatsmänner ihren Willen zum Frieden und kündigten sogar einen Nichtangriffspakt für die nahe Zukunft an. Wenig später reiste der Weltpräsident weiter nach Japan und traf sich dort mit Haruto Matsumoto, um auch das Verhältnis zu Japan zu entspannen. Zwar hatte der japanische Staatschef im Vorfeld große Bedenken geäußert, als der Weltverbund ihm Verhandlungen angeboten hatte, doch war es Artur Tschistokjow gelungen, seinen Verbündeten zu überzeugen, das Angebot nicht auszuschlagen.
So wurde Tokio am 24. März 2043 ebenfalls zum Ort eines weltpolitisch höchst bedeutsamen Treffens zwischen den beiden verfeindeten Politikern. Sowohl das russische Volk als auch die überwiegende Masse der Japaner, begrüßten die Friedensverhandlungen in der Hoffnung, dass ihre Heimatländer in Zukunft von kriegerischen Auseinandersetzungen verschont würden.
Wilden hatte es inzwischen aufgegeben, seinen Freund Artur Tschistokjow zu überzeugen, die Verhandlungen mit den Logenbrüdern einzustellen, denn dieser bestand felsenfest auf deren Fortführung.
Als der Anführer der Freiheitsbewegung dem Weltverbund schließlich sogar zusicherte, dass der Nationenbund demnächst wieder die Einfuhr von Waren aus den Verwaltungssektoren Europa-Mitte und Amerika-Nord zulassen würde, gerieten der Außenminister und er ernsthaft aneinander. Ähnlich erging es Tschistokjow auch mit vielen anderen seiner alten Mitkämpfer, die ihm offenen Verrat an den Grundprinzipien der Revolution vorwarfen und ihn lauthals kritisierten.
Die von der Weltregierung kontrollierten Länder importierten allerdings im Zuge des Handelsabkommens nun auch wieder in Russland erzeugte Waren und man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Geldinteressen der beiden verfeindeten Blöcke die ideologischen Gegensätze in Windeseile überwunden hatten.
Bereits Mitte des Jahres 2043 war ein Zustand erreicht worden, den man zumindest oberflächlich als friedliche Koexistenz der gegnerischen Mächte bezeichnen konnte. Trotzdem verhielten sich beide Seiten aber nach wie vor misstrauisch und ihre Freundlichkeit bei den diplomatischen Verhandlungen wirkte weiterhin aufgesetzt.
Auch war es keineswegs so, dass die konkurrierenden Mächte den Aufbau ihrer militärischen Kräfte sonderlich einschränkten. Im Geheimen arbeiteten Tschistokjows Wissenschaftler unter Anleitung von Prof. Hammer an neuen Waffen und fortschrittlichen Rüstungen für Infanteristen, während der Weltverbund dazu überging, zusätzliche Verbände für seine Global Control Force auszuheben. Allerdings hatte auch Frank, der sich gegenüber Artur Tschistokjow inzwischen mit allzu scharfer Kritik zurückhielt, in den letzten Monaten den Eindruck gewonnen, dass dieser mehr denn je Gefahr lief, vom revolutionären Weg der Freiheitsbewegung ab zu kommen.
Vor einigen Tagen war Frank vom Oberkommando der Volksarmee der Rus nach St. Petersburg gerufen worden, um einigen „Formalkram“, wie er es bezeichnete, zu erledigen. Die Warägergarde sollte in Zukunft deutlich vergrößert werden und das ohnehin schon harte Ausbildungssystem für neue Rekruten war noch einmal deutlich verschärft worden.
Im Zuge dieser organisatorischen Umstellung hatte General Kohlhaas von der militärischen Leitung einige zusätzliche Aufgabenfelder übertragen bekommen, sollte es noch einmal zu einem Krieg kommen. Doch dafür sprach in dieser Zeit nichts. Somit war die ganze Sache für Frank lediglich eine formale Angelegenheit.
Ansonsten hatten Julia und er ihre Ruhe vor solchen Dingen und ließen es sich gut gehen. Frank trainierte jetzt wieder täglich, widmete sich dem Sport. Er joggte mit seinem Freund Alf durch die weiten Wälder rund um Ivas und versuchte, sich durch eine Umstellung der Ernährung fit zu halten. Die regelmäßige körperliche Betätigung tat ihm gut, sie wirkte sich auch positiv auf seinen Geist aus.
Depressive Verstimmungen oder schlechte Träume waren in letzter Zeit recht selten geworden und Frank wäre auch kein Grund eingefallen, warum dieser Seelenzustand, den er in den letzten Jahren zu genüge kennen gelernt hatte, noch einmal wiederkehren sollte. Julia hatte sich hingegen wieder in ihr Studium vertieft und pendelte zwischen Ivas und Minsk, wobei sie Frank und Friedrich fast immer begleiteten. Sie hatte bereits ihre Zwischenprüfung abgelegt und unterrichtete ansonsten nach wie vor in der kleinen Schule des ehemaligen Rebellendorfes, wenn es die Zeit zuließ.
Besondere Freude hatten Frank und sie am kleinen Friedrich, der mit jedem verstreichenden Tag ein wenig mehr zu einem wissbegierigen und stets munteren Racker heranwuchs. Friedrich studierte seine Kinderbücher, die ihm Frank und Julia aus Minsk mitgebracht hatten, mit großem Eifer und konnte allmählich immer besser lesen.
„Er ist ein sehr helles Köpfchen“, sagte Wilden voller Stolz, wenn Friedrich seine neuesten Geistesblitze zum Besten gab. Und er hatte Recht.
Die Lernfähigkeit des kleinen Jungen war in der Tat verblüffend und seine Eltern freuten sich schon, wenn Friedrich endlich die Schule besuchen durfte. Ständig fragte sie der kleine Junge, wann es endlich so weit wäre, dass er richtig lesen lernen konnte. Doch der wissensdurstige Knirps musste sich noch ein wenig gedulden.
„Eines Tages wird er ein führender Mann in der Freiheitsbewegung werden“, prophezeite Wilden immer wieder, ständig betonend, dass man den Jungen so früh wie möglich in Artur Tschistokjows Jugendorganisation einbinden müsse. Die Begeisterung seiner Tochter hielt sich diesbezüglich hingegen in Grenzen.
„Er soll nicht so enden wie Frank. Ein Held in unserer Familie reicht vollkommen aus“, erwiderte sie ihrem Vater dann und begann oft einen Disput mit ihm.
So vergingen die Tage trotz gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten in sorgloser Ruhe und besonders Frank genoss es, einmal keinen seiner Soldaten um sich zu haben. Auch seinem Hobby, dem Battle-Hammer-Spielen, ging er jetzt wieder intensiv nach und verbrachte mit HOK viele aufregende und entspannende Stunden. So konnte es bleiben, dachte sich Kohlhaas. Doch er wusste auch, dass man ihn im Ernstfall nicht nach seiner Meinung fragen würde.
Erholsame Tage
Während in den Grenzen des Nationenbundes die Zeichen auf Frieden standen, hatten sich Indien und Südchina zu regelrechten Schlachtfeldern entwickelt. Die ODV-Seuche war in den letzten Monaten Schritt für Schritt in den indischen Norden vorgerückt und schließlich durch Nepal über die Grenze nach China gekrochen. Mittlerweile häuften sich auch die ODV-Erkrankungen in Afrika und Indonesien.
Doch Indien war nach wie vor am schlimmsten von der Epidemie betroffen. Über 400 Millionen Menschen waren bereits an ihren Folgen gestorben oder im Zuge der chaotischen Zustände auf dem Subkontinent verhungert. Ganze Landstriche waren entvölkert und komplette Städte aufgegeben worden. Hungerrevolten tobten beinahe täglich in den urbanen Zentren des Landes, die sich teilweise mit riesigen Schutzwällen vom Rest der Welt abschotteten. Die Präsenz von GCF-Truppen war in den letzten Wochen noch einmal erhöht worden und nun begann auch Südchina langsam in Panik und Anarchie zu versinken. Inzwischen meinten Millionen Inder und Chinesen, dass die Weltregierung sie im Stich gelassen hätte und die zunehmenden Proteste in den