Chris Owen - Die Wiedergeburt. Matthias Kluger
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Chris Owen - Die Wiedergeburt - Matthias Kluger страница 33
Urplötzlich, so wie das Glühen des Metalls gekommen war, nahm die Gürtelschließe wieder ihren Urzustand an und fiel als Silberverschluss zu Boden. Zurück blieb eine gelbrote, fleischige Brandwunde in der Handfläche des Vaters. Hektisch erhob sich dieser, eilte nach draußen in den Flur des Kellers und Scott Fitzgerald hörte durch die angelehnte Tür das dumpfe Rauschen des Wassers im Plastikwaschbecken.
Noch immer getraute der Junge nicht, sich zu bewegen. Zusammengekauert lag er lautlos im Eck des Kellerraums, in der angsterfüllten Erwartung dessen, was passieren würde, wenn sein Vater zurückkehrte. Doch der kam nicht. Nach unzähligen Minuten hörte Scott, dass der Wasserhahn abgestellt wurde. Tränen liefen ihm über die Wangen. Langsam setzte er sich auf und lehnte den mit Striemen übersäten Rücken an das kalte Metall des Heizkessels. Ein Brennen zuckte wie ein Blitz vom Rücken vor in den Bauch bis hinauf in seinen Kopf, als würde man Salz auf die offene Wunde streuen. Jedoch kühlte der Stahl und wenig später empfand er diese Kälte als wohltuend.
Scott zitterte und wagte nicht, sich zu bewegen. Noch immer lauschte er auf Geräusche. Würde sein Vater wiederkommen? Hatte denn seine Mutter nicht registriert, wie Vater ihn mitten in der Nacht an den Haaren aus dem Bett zerrte, um ihn dann in den Keller zu schleifen? Vermutlich schlief sie tief und fest. Womöglich auch nicht. Egal, überlegte er. Mischte sie sich ein, lief sie Gefahr, ebenfalls den Gurt zu spüren. So oder so: Sie waren diesem kräftigen Mann, der vorgab, ein besorgter Familienvater zu sein, ausgeliefert.
Erschreckt fuhr Scott Fitzgerald zusammen. Waren da Schritte in der Ecke des Kellerraums? War sein Vater doch zurückgekommen, um ihn wieder zu schlagen? Unmöglich, dachte Scott, er hatte die Tür nicht aus den Augen gelassen. Da, wieder ein Rascheln aus der Ecke, so als würden nackte Fußsohlen über den Boden schleichen. Sein Herz schlug noch hektischer als zuvor, während in seinen Ohren das Rauschen des Blutes dröhnte. Obwohl absolute Stille den Raum erfüllte, hämmerte es in seinem Kopf; völlig ausgeschlossen, zusätzliche Geräusche wahrzunehmen. Die Angst zerriss ihn förmlich und die Mauern schienen stetig, Meter für Meter auf ihn zuzukommen – ihn zu erdrücken.
Aufs Neue begann er zu weinen. Zitternd verbarg er sein Gesicht in den Händen. Dort an der Wand ist doch nichts, schoss es ihm durch den Kopf und dennoch ängstigte ihn das Unheil, das in diesem Winkel des Raums herumzuschleichen schien. Schon lange verspürte er keine Angst mehr vor Gespenstern und Monstern, die im Dunkel seines Zimmers lauern könnten. Derartige Gefühle hatte ihm sein Vater längst herausgeprügelt. Und außer einem Kellerregal, vollgestopft mit alten Koffern sowie Lebensmitteln, gab es dort nichts.
Blinzelnd versuchte der Junge erneut, mit tränenverschleierten Augen, zwischen den leicht gespreizten Fingern hindurch, etwas zu erkennen. Da – zuerst vage, verschwommen, dann deutlich. Jemand kam langsam auf ihn zu. Von kleiner Gestalt, nicht viel größer als er selbst. Er kam nicht dagegen an, die Hände noch fester auf das Gesicht zu pressen und jämmerlich zu schluchzen. Als er die Berührung auf der Schulter spürte, urinierte er in die Unterhose. Das warme Feucht lief ihm zwischen die Pobacken und bildete eine Pfütze. Sein Herzschlag setzte für Sekunden aus. Noch immer konnte er den Druck auf seiner Schulter spüren. Mitfühlend, sanft.
Unmerklich öffnete er einen Spaltbreit die Lider und sah durch die Finger hindurch eine Gestalt, die genau vor ihm stand. Regungslos. Nicht im Versuch, ihn zu schlagen. Vorsichtig blickte Scott Fitzgerald auf. Nun erkannte er die Person. Wie war das möglich? Wie ist sie hierhergekommen? Gütige Augen, wenn auch in gleißendem Rot, sahen auf ihn herab. Vor ihm stand sein Klassenkamerad Chris! Wie ein Gespenst mit blasser, fahler Haut.
»Ich habe dich gewarnt, Hulk. Du musst mit jemandem sprechen. Für heute wird dein Vater Ruhe geben. Doch niemand weiß, wie lange. Du und deine Mutter – ihr seid in Gefahr. In großer Gefahr!«
Kapitel 42: Seit jener Nacht
Seit jener Nacht machte Scott Fitzgerald einen gewaltigen Bogen um Chris. Weder sprach er ihn darauf an, wie es denn sein konnte, dass dieser im Keller des Hauses erschienen war, noch wagte er seither, dem Klassenkameraden direkt in die Augen zu sehen. Er beschloss, dass Chris, ebenso dessen Schwester Meira und deren Freundin Alica nicht mehr existierten. Sie wurden regelrecht Luft für ihn, da in ihrer Gegenwart in seinem tiefsten Inneren ein Hurrikan wütete. Von da an wagte sich Scott nicht einmal mehr in die Nähe von Chris, vom Gefühl gepeinigt, ein Wirbelsturm, der den Mitschüler umgab, würde ihn ins Jenseits befördern.
Aus dem ehemals lautstarken Hulk wurde ein in sich gekehrter, verängstigter Junge. Auch suchte er keine Hilfe bei seiner Lehrerin Miss Rudolph, so, wie es Chris ihm zweimal empfohlen hatte. Beide Male hatte der Albino diesen Rat erteilt, jedoch auf derart gespenstische Weise, dass Scott Fitzgerald Schweißausbrüche bekam, wenn er nur daran dachte. Selbst wenn er mit Miss Rudolph sprechen würde: Was sollte sie schon bewirken können?
Hinzu kam, dass seit jener Nacht im Keller die Schläge des Vaters ausblieben. In den Tagen und Wochen nach diesem Vorfall hatten weder Scott noch seine Mutter neue blaue Flecken, die sie durch ihre Kleidung immer zu verdecken gesucht hatten. Ganz im Gegenteil: Scotts Vater, all die Jahre in der Außenrolle ein solider, vertrauenerweckender Nachbar, Arbeitskollege und Kirchgänger, jedoch hinter verschlossener Tür ein nicht einzuschätzender, gewalttätiger Choleriker, änderte sich grundlegend.
Schon kurze Zeit nach den Verbrennungen an Vaters Hand trat die Veränderung ein, die sowohl Scott Fitzgerald wie auch seine Mutter anfangs für eine neue, gefährliche Marotte hielten. Nächtelang studierte Mr. Hunt die Bibel oder surfte auf christlichen Seiten im Internet. Neuerdings betete er vor dem Essen. Ein Zeremoniell, welches Mutter als auch Sohn in Staunen versetzte. Zudem verwunderte Scott die plötzlich ruhige, bedachte Art zu sprechen, die er so von seinem Vater noch nie zuvor vernommen hatte. Der Wandel von Mr. Hunt löste enormes Unbehagen bei Scott und Mrs. Hunt aus. Scott schlich, ebenso wie seine Mutter, noch immer wie eine verängstigte Antilope durchs Haus, ständig darauf gefasst, dass bei kleinstem Anlass der Löwe sie beide reißen würde.
Indes versiegte die Gewalt. Sogar als Scott eines Abends, aus übertriebener Folgsamkeit heraus, zittrig das Saftglas auf dem Tisch umstieß, blieben wuchtige Schläge aus. Vater nahm das Glas, stellte es schweigend wieder auf, ja, er goss obendrein frischen Saft nach! Ungläubig starrte die Mutter in Scott Fitzgeralds Augen, in angespannter Erwartung der brutalen Hiebe. Doch die Veränderung des Mr. Hunt schien von Dauer.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.