Die Kleinen sind die Feinen. Otfried Schröck
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Im Ostteil des Luches wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf beiden Seiten des Bahndammes Halden angelegt. Südlich des Bahndammes schüttete man ab 1904 eine Deponie der Berliner Stadtreinigung mit Straßenkehricht und Gewerbeabfällen auf. Nördlich des Bahndammes entstand in den 1920-er Jahren eine Deponie der Deutschen Reichsbahn, auf der meist organischer Abraum aus der Gleisreinigung und wohl auch Lokomotivasche aus dem gesamten Deutschen Reich abgelagert wurden. Auf der Deponie der Berliner Stadtreinigung, die mit Pappeln und Holunderbüschen, Schilf und meist undurchdringlicher Staudenflur bewachsen ist, buddeln hin und wieder Mitbürger nach gläsernen und keramischen Schätzen, die auf dem Trödelmarkt manches Geld bringen. Mit einigen von ihnen habe ich inzwischen ein gutes Verhältnis: sie halten sich zumindest von Mitte August bis Mitte Oktober von der Halde fern, damit sie durch-wechselndes oder im Einstand befindliches Rotwild nicht stören. Die nördlich der Bahn vorhandene Halde wurde nach dem II. Weltkrieg mit Obstbäumen bepflanzt. An den Rändern dieser Halde befindet sich eine Kleingartenanlage. Auch ich habe dort einen Bungalow, meine Jagdhütte, von der man zu jeder Jahreszeit einen wunderschönen Blick auf die zehn Meter tiefer gelegene Wiese, zwei ehemalige Torfstiche und eine schmale Lichtung zwischen den Torfstichen hat. Von der Jagdhütte aus, die nicht in meinem Revier liegt, haben wir schon viele interessante Wildbeobachtungen machen können.
Im 19. Jahrhundert wurde hier ausgiebig Torf gestochen, vornehmlich für die Verwendung als Hausbrand. Der Abbau von Braunkohle im Untertagebau steckte zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen. Auch waren Braun- und Steinkohle für den kleinen Mann zu dieser Zeit unerschwinglich und so wurde Torf als Brennmaterial geworben. Für die adligen Grundbesitzer der ausgedehnten Moorflächen im Roten Luch war der Verkauf des Brenntorfes ein willkommenes Zubrot. Die Reste zweier Torfstecher-Häuser am Rande der benachbarten Gemarkungen künden noch heute von der hohen Zeit des Torfabbaues. An beiden Wohnstellen findet man Ruinenreste und auch Fliederbüsche, die „Zeigerpflanzen“ für vor langer Zeit aufgelassene menschliche Siedlungen.
Die Torfstiche wurden nach ihrer Austorfung durch den Besitzer als Fischteiche genutzt. Sie lagen allerdings mehr als sechs Kilometer vom Herrensitz entfernt, wodurch eine Bewirtschaftung sicher erschwert und eine dauerhafte Sicherung der Teiche vor Fischwilderei kaum möglich war. So entschloss man sich in den 1930-er Jahren im Zuge der staatlich geförderten Meliorationen, die Fischteiche wieder in Grünland umzuwandeln. Die Teiche wurden mit Boden von der Deponie der Deutschen Reichsbahn aufgefüllt, anschließend gewalzt, gegrubbert und mit Wiesengräsern angesät. So entstand für eine gewisse Zeit nutzbares Wiesenland, für dessen Herstellung der Grundherr dann auch regelmäßig staatliche Zuschüsse kassierte. Es ist leicht vorstellbar, dass sich die so entstandenen Wiesenflächen nach kurzer Zeit setzten, versumpften und dadurch nicht mehr zu bewirtschaften waren. Sie wuchsen mit Bäumen, Sträuchern und Schilf bald zu und die Natur holte sich, begünstigt durch eine mangelhafte Bewirtschaftung in den Nachkriegsjahren, die Flächen binnen weniger Jahre wieder zurück. Auf diese Weise entstand eine fast undurchdringliche Wildnis, die vor allem Rot - und Schwarzwild einen hervorragenden Einstand bietet.
Diese verlandeten und zugewachsenen Torfstiche beiderseits der Bahnlinie liegen in einem Wiesengelände, an das sich ein bis zu 30 Meter hoher und mehrere hundert Meter breiter baum- und strauchbewachsener Hang anschließt, der in eine ausgedehnte Feldmark auf dem Barnim-Plateau übergeht. Der ebenfalls baum- und strauchbewachsene Bahndamm mit den beiden Halden dient als Biotopverbund zwischen den ausgedehnten Waldungen auf der Ostseite des Roten Luchs und der Feldmark auf seiner Westseite. Vor allem das Schwarzwild, aber während der Brunft auch hin und wieder das Rotwild, wechseln gern aus dem Wald durch die Wiesen zur Feldmark – und manchmal bei Büchsenlicht morgens auch zurück. Vor allem in trockenen Sommern, in denen das Getreide notreif wird und der Mais noch keine Deckung bietet, sucht das Wild die Torfstiche auch gern als Tageseinstand auf. Viele Abend- und Morgenansitze habe ich dort verbracht und hin und wieder auch Weidmannsheil gehabt.
Sonnenaufgang im Roten Luch
Bauhund wider meinen Willen
Die ersten jagdlichen Leistungen meines Rüden lernte ich nicht auf der Schweißfährte, sondern im Naturbau kennen. Ich hatte nun einen voll ausgebildeten Hund, mit dem ich auch gern und häufig zur Jagd ging. Er begleitete mich auf allen meinen Jagdgängen, selbstverständlich angeleint, so, wie er es in der Ausbildung gelernt hatte. Nur gegen Ende eines Pirschganges schnallte ich ihn hin und wieder in offenem Gelände und sobald meine Aufmerksamkeit nachließ - war er verschwunden. Nicht allzu weit entfernt befand sich ein alter, weitverzweigter Mutterbau, der meist vom Fuchs, manchmal aber auch vom Dachs, bewohnt wurde. Ich hätte es wissen müssen! Utz hatte zwar bei der Arbeit am Fuchs keine Höchstnote erreicht, die Füchse beeindruckten ihn jedoch anscheinend sehr. Bei einem Besuch einer langjährigen Freundin der Familie in Berlin lieferte er einige Wochen vorher einen ersten Beweis seiner starken Prägung auf den roten Freibeuter ab. Im Gespräch erwähnten wir stolz seine Prüfungsergebnisse und meine Frau kam auf die geniale Idee, sich im Nebenzimmer die alte, aber noch gut erhaltene Fuchspelzjacke ihrer Freundin anzuziehen. Als sie in das Wohnzimmer zurückkam und die Tür noch nicht richtig geschlossen hatte, fand sie sich auch schon auf einem Sessel und dann auf dem Tisch wieder. Der Rüde attackierte sofort den Fuchspelz, an dem er ja wohl nur die Farbe erkannt hatte. Er sprang immer wieder an meiner Frau hoch und wir hatten alle Mühe, die Jacke vor ihm in Sicherheit zu bringen.
Hier seien einige Bemerkungen zur Ausbildung und Prüfung von Erdhunden am lebenden Raubwild zum besseren Verständnis für meine Leser aus der nichtjagenden Bevölkerung eingefügt.
Die Raubwildschärfe von Erdhunden (Teckel, Terrier) wird bei der Anlagenprüfung am künstlichen Fuchsbau beurteilt. Diese Überprüfung ist notwendig, um das Verhalten eines Hundes am Raubwild zu beurteilen. Eine forsche Arbeit am Fuchs oder Dachs lässt meist auf eine gute Schärfe an gesundem oder auch krankem Wild schließen. Ein Hund, der am Raubwild großen Schneid zeigt, hat zumindest beste Voraussetzungen dafür, diese Schärfe auch zu vererben. Wir haben das während der 30 Jahre, in denen wir Teckel gezüchtet haben, immer wieder feststellen können. Dabei soll darauf hingewiesen werden, dass kein Jagdhund, auch kein großer, wehrhaftes Wild fassen und halten muss oder soll. Es genügt vollauf, wenn er Wild so stellt und beschäftigt, dass der Jäger unbemerkt an das Stück herankommen kann, um es weidgerecht zu erlegen. Andererseits ist ein Hund, der hinter seinem Herrn Schutz vor wehrhaftem Wild sucht, für die Jagd nicht zu gebrauchen.
Der Kunstbau besteht aus einer nach oben offenen ebenerdig eingebauten Betonröhre, die mit Holzbohlen abgedeckt ist. Diese Röhre ist in Form eines „U“ mit etwa 10 Meter langen Röhren auf jeder der drei Seiten ausgeführt. Der ganze Kunstbau ist also rund 30 Meter lang. Am Ende der Röhre befindet sich der sogenannte Kessel, in die sich der Fuchs oder auch der Dachs, die in einer Schliefanlage gehalten werden, bei Annäherung des Hundes zurückziehen kann. Als wir Mitte der 1970-er Jahre mit der Haltung eines Jagdhundes begannen, konnte der Hund, wenn er denn scharf genug war, in den Kessel einschliefen und den Fuchs fassen oder sprengen5. Nach einem kurzen Gerangel im Kessel verließ der Fuchs vor dem Hund den Bau, sprang in einen hinter dem Kessel befindlichen Käfig und der Hund wurde durch einen schnell geschlossenen Schieber an der weiteren Verfolgung des Fuchses gehindert. Oder der Hund fasste den Fuchs im Bau, manchmal auch der Fuchs den Hund und dann begann der Stress