Hochsensibel - und trotzdem stark!. Reinhold Ruthe

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Hochsensibel - und trotzdem stark! - Reinhold Ruthe

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schnell an seine Grenzen,

       ihm kommt alles zu nah,

       kann sich nicht wehren,

       ist oft so überwältigt, dass er nichts sagen kann,

       neigt zur Überreaktion,

       rasch gereizt, verstimmt,

       Gefühle schlagen ihm oft schnell auf den Magen.

      Wenn Sie sich schon jetzt einen schnellen und groben Überblick über Ihre seelische Beschaffenheit, über Sensibilität und Hochsensibilität verschaffen wollen, streichen Sie in der obigen Auflistung bitte die Aussagen an, die Sie berühren. Geben Sie den Aussagen Noten.

      Note 1 = wenig,

      Note 2 = mittelmäßig,

      Note 3 = stark.

      Notieren Sie für sich Ihre Ergebnisse.

       Die Überempfindlichkeit der Sinne

       „Meine Frau ist eine Geruchskünstlerin“ – ein weiteres Beispiel aus der Beratung

      Ein Ehepaar kommt in die Beratung. Beide sind über vierzig und haben zwei Kinder. Ihre Wohnung ist zu klein geworden. Sie suchen eine neue. Die Eheleute haben Probleme in ihrer Ehe. Ich frage die beiden nach dem Arbeitsauftrag. Der Mann beugt sich vor. Man spürt, dass etwas in ihm brodelt.

      Er platzt los: „Meine Frau ist eine Geruchskünstlerin. Sie riecht jede Kleinigkeit. Sie riecht auch dort etwas, wo kein Mensch sonst was riecht.“

      Die Ehefrau rutscht unruhig auf ihrem Stuhl hin und her.

      „Mein Mann hat nicht Unrecht. Mein Gehör und mein Geruchssinn reagieren empfindlicher als bei anderen Menschen. Leider ist das so. Ich kann doch nicht dafür!“

      Er sagt: „Wir haben zwei Töchter, die jüngste ist wie meine Frau, auch eine Geruchskünstlerin. Wenn wir zu Freunden gehen, irgendwo essen, wenn wir im Gottesdienst sitzen … die beiden ziehen ihre Nasen kraus. Sie riechen die feinsten Düfte und philosophieren darüber.“

      Ich frage: „Sie sagten eben, Frau Müller (Name ist geändert), dass Sie auch geräuschempfindlich seien.“

      Der Mann geht dazwischen: „Auch darin stimmen meine Frau und die jüngste Tochter überein. Am liebsten hätte ich gesagt, sie hören das Gras wachsen. Kaffeetrinken auf dem Balkon ist eine Strafe. Wenn ein Kind schreit, Autos um die Ecke biegen oder im Nachbarhaus Streit ist, gehen sie ins Wohnzimmer, alles ist ihnen zu laut. Das schöne Beisammensein hat dann ein Ende. Manchmal ersticke ich, weil die Fenster fest geschlossen bleiben müssen.“

      Der Mann stöhnt, die Frau seufzt: „Lärm ist wie eine Bedrohung für uns. Darum suchen wir auch eine neue Wohnung. Mein Nervenkostüm ist dem Krach in der Stadt nicht gewachsen.“

      „Wir suchen eine neue Wohnung? Nein, wir strampeln uns ab, eine neue Wohnung zu finden. Zehn Wohnungen haben wir uns schon angeschaut …“

      „Du übertreibst mal wieder“, unterbricht die Frau, „es waren bisher sechs Wohnungen. Alle zu laut, oder es stank dort wie die Pest.“

      Der Mann spricht gereizt:

      „Es riecht für sie nach tausend Dingen: in der einen nach Öl, in der anderen nach Schimmel, in der dritten nach unreiner Luft. Sagen Sie mir mal, ist das noch normal?”

      Ich lasse zunächst alle Beratungsstrategien beiseite. Hier geht es um Menschen, die hochsensibel reagieren. Geruchs- und Gehörsinn sind überproportional entwickelt. Den einen fehlt das Verständnis, die anderen fühlen sich nicht verstanden. Beide Parteien machen sich das Leben schwer.

       Gerüche und Lärm beeinträchtigen

      Gerüche und Lärm sind mit Gefühlen verbunden. Der Hochsensible erlebt sie intensiver und beeinträchtigender. Seine Konzentration wird gestört. Er fühlt sich mitgerissen, fühlt sich irritiert. Partner, Freunde und Begleiter sind verstört, weil sie die Übererregung nicht verstehen. Kinder und Jugendliche haben oft gehört: „Reiß dich doch einfach mal zusammen!“

      Genau das können sie nicht. Die Überempfindlichkeit lässt das nicht zu. Der „Filter“ im Gehirn, Düfte und Lärm abzuschirmen, funktioniert offensichtlich schwächer. Gesunde und sehr Empfindsame reagieren nicht selten mit Ekelgefühlen. Die einen müssen sich übergeben, andere laufen entsetzt davon.

      Und gleichzeitig ist diese Feinempfindsamkeit eine Gabe. Sie hören mehr, und sie riechen mehr. Alle Düfte und Gerüche draußen und in Zimmern werden unangenehmer empfunden. Dazu gehören:

       Zigarettenrauch,

       Teer,

       Ausdünstung von Teppichen,

       Dämpfe aller Art,

       Malerarbeiten.

      Auch Farben und Formen werden intensiver wahrgenommen. Viele sind mit einem ästhetischen Gefühl ausgestattet. Feinste Unterschiede werden registriert.

       „Den kann ich nicht riechen!“

      Wir kennen alle die Redensart: „Den kann ich nicht riechen!“ Die Abneigung oder auch die Anziehung geschieht tatsächlich (auch) über Gerüche. Seit Jahren beschäftigt die Forscher dieses Thema. Offensichtlich haben Gerüche eine erstaunliche Wirkung auf unsere Seele.

      Der Philosoph Richard David Precht schreibt in seinem Buch über „Liebe“,

       dass Pheromone, sexuelle Duftstoffe, eine enorme Anziehung beinhalten,

       dass sie im Androstenon, einem Umbauprodukt des Testosteron, und zwar im männlichen Schweiß, enthalten sind,

       dass Frauen für diesen Lockstoff besonders empfänglich sind.1

      Auch der Pädagoge und Journalist Peter Rettinger vom „Institut für Lebensgestaltung“ in Österreich schreibt, dass die emotionale Bindung an einen anderen Menschen durch ein Oxytocin-Spray gefördert werden kann. Oxytocin gilt in Fachkreisen als „Liebeshormon“, wird auch als „Kuschelhormon“ bezeichnet.2

      Oxytocin gilt als chemisches Wundermittel und spielt besonders in Liebesbeziehungen eine große Rolle.

      Ablehnung und Anziehung von Menschen haben offensichtlich auch mit wenig bekannten Düften und Gerüchen zu tun. Die Redensart ist seit langem bekannt:

      „Ich kann dich gut riechen“ bzw. „ich kann dich nicht riechen“.

       Belastbarkeit, Schmerzen und Weltschmerz

      Das Reizreaktionsschema ist bei allen Menschen unterschiedlich. Der russische Physiologe Ivan Pawlow experimentierte um die Jahrhundertwende mit der Empfindsamkeit von Menschen. Ihm lag daran, diese zu messen. Er wollte wissen, wann Menschen bei Überstimulation dichtmachen

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