Was sie nicht umbringt. Liza Cody

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Was sie nicht umbringt - Liza  Cody

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du behalten willst, musst du um Himmels willen auch darauf aufpassen. Wenn du nicht darauf aufpasst, zeigst du damit Leuten wie mir nur, dass du es nicht willst. Und wenn du es nicht willst, nehme ich es mir. So einfach ist das.

      Wenn du was von meinen Sachen haben willst, musst du mich erst umbringen. Das ist auch einfach.

      Die Beute auszusortieren war nicht besonders schwer. Ich interessiere mich nur für Knete. Plastik finde ich zum Kotzen. Ich weiß, dass es auch dafür Abnehmer gibt – genau wie für Führerscheine –, aber auf so was habe ich keinen Bock. Ist schon lästig genug, den restlichen Krempel loszuwerden, ohne dass er zu mir zurückverfolgt werden kann.

      Die Knete steckte ich ein. Schon war nur noch ein kleiner Stapel Brieftaschen übrig. Normalerweise wären die mir nie in den Hänger gekommen. Sie wären auf dem Heimweg im Abfalleimer gelandet. Aber normalerweise rette ich auch keine Goldies – so was bringt einen aus dem Konzept.

      Ich überlegte noch, da klopfte es plötzlich an der Tür, und ich wäre fast aus der Haut gesprungen vor Schreck. Kein Mensch klopft bei mir an.

      Auf dem Boden lagen noch die Polster, auf denen ich geschlafen hatte, und zuerst wollte ich die Brieftaschen darunter verstecken. Aber dann erinnerte ich mich an Ma, und mir wurde schwummerig. Also stopfte ich sie hinter den Gasofen.

      Es klopfte noch einmal.

      Eigentlich hätte ich vorsichtig durch die Gardine lugen sollen, aber die Klopferei machte mich sauer, also tat ich genau das Falsche. Ich riss die Tür auf und brüllte: »Ja?«

      Nie im Leben hätte ich die Tür aufmachen sollen, denn nun stand ich Auge in Auge der Bullentante von gestern Abend gegenüber.

      »Tag«, sagte sie und lächelte. Da wurde ich erst richtig misstrauisch. Wer überleben will, darf der Polizei nie vertrauen, wenn sie lächelnd daherkommt. »Eva?«, sagte sie. »Eva Wylie?«

      »Falsch verbunden«, sagte ich und knallte die Tür zu.

      Sie klopfte noch einmal. Ich überhörte es. Ich linste durch die Gardine. Sie stand ein Stückchen weiter weg und wartete. Sie sah relaxt und munter aus.

      Warte noch ein bisschen, dachte ich, dann wird dir das Lachen schon vergehen. Ich bin ein sehr geduldiger Mensch, aber langsam wurde ich richtig giftig.

      Ich schmierte mir Margarine auf ein paar Scheiben Brot und schraubte das Marmeladenglas auf. Ich hatte noch nicht gefrühstückt, wahrscheinlich war mein Blutzuckerspiegel zu niedrig. Davon werde ich auch giftig. Harsh sagt, ein Athlet muss darauf achten, dass der Blutzuckerspiegel immer gleich hoch ist, und das versuche ich auch. Aber wenn du allein lebst, kann man es schon mal vergessen.

      Die Bullentante klopfte schon wieder. Ich aß drei Marmeladenbrote. Ich konnte länger warten als sie, und den ganzen Tag konnte sie sich da draußen wohl kaum die Beine in den Bauch stehen.

      Als ich das nächste Mal durch die Gardine spähte, redete sie mit ein paar Arbeitern. Sie lachten. Das machte mich fuchtig.

      Ich riss die Tür auf und baute mich mit verschränkten Armen auf der Treppe auf.

      »Ja?«, sagte ich, total cool. Wahrscheinlich hätte ich noch beeindruckender gewirkt, wenn ich das letzte Marmeladenbrot schon verdrückt gehabt hätte, aber in einer Krise kann man nicht an alles denken.

      »Tut mir leid, wenn ich Sie beim Nachmittagstee störe«, sagte sie und kam näher.

      »Wie spät ist es denn?«, sagte ich.

      Sie machte ein überraschtes Gesicht, aber sie sagte: »Zwanzig nach vier.«

      Das war ein Hammer. Ich hatte verschlafen. Ich hätte eher auf zwei getippt.

      »Ich suche Eleanor Crombie«, sagte sie.

      »Wen?«

      »Eleanor Crombie. Sie haben sie gestern Abend aus dem Club mitgenommen.«

      »Ach, die«, sagte ich. So hieß Goldie also mit richtigem Namen. Passte wie die Faust aufs Auge. Sie sah aus wie eine Eleanor.

      »Und?«, sagte die Bullentante.

      »Was und?«

      »Wo ist sie?«

      »Wer will das wissen?« Ich wollte die Hände in die Hüften stemmen und mich einschüchternd in Positur werfen, aber mir kam das Marmeladenbrot dazwischen. Also aß ich es lieber.

      »Ich. Ich will das wissen«, sagte die Bullentante.

      »Pech gehabt«, sagte ich mit vollem Mund.

      Sie klopfte sich die Krümel vom Rock und sah langsam ein bisschen ungeduldig aus.

      Obwohl es nur ein Zufallstreffer gewesen war, freute ich mich so über die Krümel, dass ich einlenkte.

      »Ich weiß nicht, wo sie hin ist«, sagte ich. »Ich habe ihr aus der Patsche geholfen, aber das war es dann auch schon.«

      »Ich dachte, sie wäre ohnmächtig geworden.«

      »Die brauchte bloß ein bisschen frische Luft.«

      »Sie haben sie nicht unterwegs irgendwo abgesetzt?«

      »Hab keinen Wagen«, sagte ich brav.

      »Ist sie abgeholt worden?«

      »Keine Ahnung.« Langsam hatte ich die Nase voll. Ich biss wieder in mein Brot, sie machte wieder einen Schritt zurück. Tolles Gefühl, wenn man die Bullen rückwärts gehen lassen kann.

      »Gehen Sie da öfter hin?«, fragte sie.

      »Wohin?«

      »In den Club?«

      Die bilden sich ein, die könnten einen einfach ausquetschen, die Bullen. Sie fragen, du antwortest. Aber wenn du mal was wissen willst, musst du in die Bibliothek gehen.

      »Sehen Sie das Schild da?«, sagte ich und zeigte auf den Zaun. »Auf dem Schild steht Armour Protection. Das bin ich. Ich bin Armour Protection. In den letzten sechs Wochen ist hier auf dem Platz nicht ein Teil geklaut worden. Und wollen Sie wissen, warum?«

      »Warum?«

      »Weil ich die ganze Nacht wach bin und aufpasse. Ich treibe mich nicht öfter in Clubs rum. Kapiert?«

      »Okay, okay«, sagte sie. »Kein Grund, gleich in die Luft zu gehen.«

      »Das war nur ein kleiner Vorgeschmack.« Ich ging in den Hänger und knallte die Tür zu.

      Diesmal zog sie tatsächlich Leine. Ich beobachtete sie durch die Gardine. Sie hatte einen sehr geraden Rücken. In Uniform würde sie bestimmt toll aussehen, dachte ich. So ein Rücken in Zivil war die reinste Verschwendung.

      Mir ging es richtig gut. Die Bullen lassen einen nicht oft das letzte Wort haben. Vielleicht war die Tante noch nicht lange genug bei der Truppe.

      Aber ob es mir nun gut ging oder nicht, irgendwie musste ich die Brieftaschen loswerden. Um ein Haar wären sie bei mir gefunden worden, und das war kein berauschendes Gefühl.

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