Was sie nicht umbringt. Liza Cody

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Was sie nicht umbringt - Liza  Cody

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genauso gut gar nichts machen können. Dann hätte er es sicher auch kapiert. So oder so, ich hatte einen Trumpf in der Hand.

      Ich kam ein bisschen ins Träumen. Ich träumte, dass ich seinen weißen Künstlerpopo aus der Scheiße hievte, ihm Saxophon und Brieftasche zurückgab und er sagte: »Du liebe Güte, Eva, wo haben Sie nur diese Körperbeherrschung gelernt. Es tut mir wirklich leid, dass ich Sie beleidigt habe.« Und mit seinem affektiertesten Akzent sagte er: »Ich bitte ergebenst um Verzeihung.«

      Ergebenst um Verzeihung! – Ich musste leise lachen.

      Ich sah mir die Backgroundsängerin an, die gesagt hatte, Männer wären doch das Allerletzte, und probierte es selber mal aus.

      »Männer sind doch das Allerletzte«, sagte ich zu dem Möchtegernkünstler, der diesmal zerzaust und konfus vor mir in der Gosse stand.

      »Ich bitte ergebenst um Verzeihung«, antwortete er.

      Na und? Man wird sich doch wohl noch einen kleinen Tagtraum genehmigen dürfen, oder?

      Der Leadsänger war ein Angeber, ein Master of the Universe. Nichts als Mund und knallenge Hosen. Stimme hatte er, das musste man ihm lassen, aber ansonsten war alles nur Schau. Er trällerte eine Zeile und neigte dann das hübsche Köpfchen zur Seite, als ob er auf das Echo lauschte. Und natürlich, aus dem reizenden kleinen Backgroundharem schallte das Echo harmonisch zu ihm zurück. Ein Egotrip, wie er im Buche steht.

      Aber irgendwas stimmte nicht. Die Tussi, für die die Männer das Allerletzte waren, sah so aus, als ob sie von den beiden anderen gestützt werden müsste. Die schimmernden Goldhaare fielen ihr ins Gesicht, und der Kopf war zu schwer für ihren Hals. Ab und zu verpasste sie ihren Einsatz.

      Die ersten Gäste lachten schon über sie. Man merkte, dass langsam alle auf der Bühne sauer wurden. Sie verdarb dem Angeber die Show.

      Zwischen zwei Nummern sagte er was zu ihr. Was besonders Nettes wird es wohl nicht gewesen sein, weil sie nämlich plötzlich die Haare nach hinten warf und ihn anfunkelte.

      Man konnte ihn schon verstehen. Besoffene sind was Lästiges, vor allem, wenn man auf sie angewiesen ist.

      Bei der nächsten Nummer war sie ein bisschen besser, aber sehr verlässlich wirkte sie immer noch nicht. Ich beobachtete sie genau. Sie interessierte mich. Warum sollte eine Frau, für die die Männer das Allerletzte waren, so einen Sänger anhimmeln? Sie war klein und wirklich hübsch, hatte lange Beine, lange Haare, lange Wimpern. Alles, was an ihr lang sein sollte, war auch lang. Sie sah genau so aus, wie es die Illustrierten gerne hätten.

      Die kann es sich leisten, was gegen Männer zu haben, dachte ich.

      Ich hatte den Gedanken, dass sich manche Frauen Hass auf Männer leisten können, noch nicht zu Ende gedacht, da kippte sie von der Bühne. Wahrscheinlich hatten die beiden anderen keine Lust mehr, sie zu halten. Eine von ihnen machte nämlich einen Schritt zur Seite, und schon fiel sie um.

      Ein paar Gäste machten Uh und Ah, ein paar Tänzer blieben stehen und drehten sich um. Aber die Band kam nicht aus dem Takt. Und sie lag einfach platt auf dem Rücken, dass man ihren Schlüpfer sehen konnte.

      Harry Richards schob sich nach vorne durch, weil das die Art von Arbeit war, für die er bezahlt wird. Allerdings kippen normalerweise die Zuschauer um, nicht die Stars.

      Er wollte sie wieder auf die Beine stellen, aber sie wollte davon nichts wissen. Sie fing an zu brüllen: »Lass deine dreckigen Pfoten von mir« und »Schweine, ihr seid alle Schweine«.

      Und dann kamen die Bullen angetanzt.

      Eigentlich war es lustig. Da warten wir alle auf Randale von den Zuschauern, und was passiert? Wir haben die Polizei am Hals.

      Jetzt erst hörte die Band auf zu spielen. Es wurde so still, dass man hören konnte, wie Päckchen mit illegalen Stoffen raschelnd und plumpsend auf den Boden fielen und mit einem Tritt weiterbefördert wurden. Ein paar Schwarze drängelten sich in der Tür zum Männerklo.

      Ich glaube, ich war die Einzige, die gelacht hat. Ich war cleaner als clean. Und ich wusste, wo der Hinterausgang war. Das war wichtig, denn so clean ich auch war, die Bullen haben eine Datenbank, und ich habe ein Vorstrafenregister. Und mein Register ist nicht ganz so clean wie ich – hauptsächlich sind es zwar nur Jugendstrafen, aber trotzdem … Es war ratsam, sich schnell zu verdrücken.

      Anscheinend war das in Bermuda Smiths Kellerbar die Idee des Abends. Alle wollten weg, die einen hektisch, die anderen cool und lässig – und ihren Shit ließen sie liegen.

      Die Einzigen, die sich nicht bewegten, waren ein paar weiße Spießer, die einfach sitzen blieben, die Hände vor sich auf dem Tisch, und ziemlich dämlich aus der Wäsche guckten. Was war es bloß, was ihnen keiner gesagt hatte?

      Und Goldlöckchen. Ich sah, wie ihr jemand auf der Flucht zum Klo auf die Hand trat. Sie fing an zu weinen.

      Es war die Art, wie sie weinte, die mich so fertigmachte. Sie weinte, und dabei blickte sie traurig um sich, wie ein kleines Mädchen, das allen zeigen will, dass es weint. Alle sollen sehen, dass sie weint, weil sie sich hundertprozentig sicher ist, dass schon irgendein netter, freundlicher Erwachsener kommt und sie rettet, dass ihr einer die Tränen trocknet und ihr Bonbons gibt. So weinen nette Kinder aus netten Familien. Darauf verlassen sie sich einfach, und wenn es ihnen noch so dreckig geht. Andere Kids sparen sich die Tränen, weil sie wissen, dass Weinen Zeitverschwendung ist. Sie sind sich hundertprozentig sicher, dass sich keiner einen Scheißdreck um sie schert.

      Und für wen weinte unser Goldlöckchen? Von wem wollte sie sich die Tränen trocknen lassen? Das kann ich dir verraten, ich habe nämlich gemerkt, wie sie sich nach ihm umgeschaut und auf ihn gewartet hat. Sie weinte für ihren blöden Master of the Universe, den Typ mit der Hose und dem 1000-PS-Turboego. Träum weiter, Goldlöckchen.

      Das alles sah ich, während ich furchtbar lässig auf den geheimen Ausgang zuschlenderte, der in Bermuda Smiths Büro führte. Die Bullen bemühten sich nach besten Kräften, die Stampede aufzuhalten, und einer von den Oberleutnants brüllte: »Alles stehen bleiben!« Träum weiter, Führer – manche Leute gehorchen nicht aufs Wort, und schon gar nicht, wenn man sie anbrüllt.

      Dann hätte es wirklich ein bisschen haarig werden können. Irgendwer schmiss nämlich eine Tränengaspatrone ins Getümmel.

      Du kannst es dir vorstellen, ja? Alles kreischte, hustete, weinte und rannte durcheinander. Tische und Stühle flogen durch die Gegend, kaputte Gläser. Also, so was nenne ich Anarchie.

      »Stehen bleiben!«, brüllte der Führer dem tobenden Mob zu. Wie blöd kann man eigentlich sein?

      Aber Führer können eben nur eingleisig denken. Wenn sie sich erst mal in eine Aufgabe verbissen haben, versuchen sie auch, sie zu Ende zu bringen, ganz egal, was sich rings um sie tut.

      Und in diesem Fall tat sich eine ganze Menge – unter anderem machte die halbe röchelnde Truppe einen Abgang.

      Ob ich gelacht habe? Ich dachte, ich könnte mich nie wieder einkriegen.

      Ich stolperte ziemlich zufrieden durch das Chaos. Wenn die Anarchie am größten ist, ergibt sich immer die Gelegenheit, das eine oder andere mitgehen zu lassen. In einer Krise achten die Leute nicht auf ihre Wertgegenstände.

      Trotzdem, Tränengas in einem geschlossenen Raum zeigt früher oder später bei jedem Wirkung, und schon bald liefen auch mir Augen und Nase,

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