Spurensuche, Lebensorte, Lebenswege. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Spurensuche, Lebensorte, Lebenswege - Группа авторов страница 4

Spurensuche, Lebensorte, Lebenswege - Группа авторов

Скачать книгу

als ein Mann auf sie zukommt. Schnell stürzt sie zu ihrem Kleid, schnell hat sie es an. Er ruft: „Keine Angst Mädchen, ich tue dir nichts. Da, hinter dem Hügel, sind meine Kameraden. Sie gucken mit Fernglas. Ich wollte dir das sagen.“ Er bietet sich an, ihr beim Rübenverziehen zu helfen. Sie lehnt ab. Er sagt: „Ich mache das gerne.“ Sie erwidert: „Ich auch.“ Er geht nicht, lächelt, kniet sich nieder und hilft. Sie ist etwas verlegen und wagt sich nicht, ihn anzusehen.

      Nun erzählt er von seiner Familie. Dabei erfährt sie, dass seine Schwester Lehrerin ist. Von seinen Eltern spricht er voller Hochachtung. Mit leiser Wehmut denkt er an sein Zuhause zurück Später, als ihre Mutter kommt, traut sie sich, ihn heimlich zu mustern. Er ist blond, hat kurze Haare, blaue Augen, weiße Zähne. Die Uniform ist ordentlich und seine blank geputzten Stiefel bedeckt nur ein wenig Staub vom Feld. Er versteht sich gut mit ihrer Mutter. Diese freut sich, dass er so fleißig ist. Sie bietet Zigaretten an. Er dankt: „Ich rauche nicht.“ Sie: „Gut so, bist ein guter Soldat vielleicht der Beste?“

      Er lacht verlegen und verzieht emsig Rüben. Der Abend naht. Sie verabschieden sich. Er muss zurück. Es ist nicht weit. Die Felder grenzen an ein Wäldchen. Darinnen befinden sich die Kasernen. Der Ort nennt sich: „Heiterblick“ – am Stadtrand Leipzigs gelegen, von der Natur erschaffen und reichlich bedacht. Nur die Kasernen sind grau, dafür aber hinter Mauern und Bäumen versteckt.

      Die Mutter geht mit Tochter und Hund nach Hause. Ein Bauer steht am Zaun und ruft. „Na, Eva, seid Ihr wieder fleißig gewesen.“ Und schon beginnt er, zu flirten: „Wo sind denn deine anderen hübschen Töchter?“ „Ach Walter, die sind doch noch zu klein fürs Feld. Meine Große ist da eher geeignet.“ Lachend geht sie weiter.

      Die nächsten Tage verbringen sie wieder auf dem Feld. Viktor, der Soldat kommt täglich und hilft. Seine blauen Augen strahlen und ein Feuer scheint darin zu lodern. Die jungen Leute necken sich. Die Mutter merkt es nicht, als er heiser haucht: „Ich liebe dich.“ Das Mädchen freut sich so über diese schönen Worte. Es gibt jemand, der sie liebt! Sie strahlt.

      Tage vergehen und die Arbeit auf dem Feld ist zu Ende.

      Abschied. Viktor will sie wieder sehen. Sein Blick ist sehr traurig. Ihre Hand hält er ganz lange fest und sieht ihr dabei tief in die Augen. Seine Stimme zittert, als er leise spricht: „Bitte, ich warte jeden Tag auf dich!“ Sie nickt: „Ich komme.“ Sein Blick ist ungläubig. Sie: „Wirklich.“ Schweren Herzens gehen sie auseinander. Es ist, als ob sie ahnt, dass sie sich nie wieder treffen werden. Sie grübelt. „Wer weiß, was da passiert mit uns?“ Zu gerne hätte sie es gewusst. Das Unerklärliche ist so geheimnisvoll und magisch, fast gefährlich. Sie denkt an ihn und kämpft mit sich. „Etwas zieht mich an, und etwas hält mich zurück.“

      Sie versucht ihre Gedanken zu verdrängen, doch so einfach ist das nicht. Währenddessen wird die Zeit vom Alltag verschluckt. Doch immer wieder muss sie an ihn denken. Eines Tages geht sie mit ihrer Schwester spazieren. Ihr Weg führt an einer kleinen Gärtnerei vorbei. Ein buntes Blumenfeld begrüßt sie. Es ist Mittagszeit und ruhig. Nirgends ist ein Mensch zu sehen. Doch sie laufen unbeirrt weiter. Dieses Mal werden keine Blumen gestohlen. Die Zeit der Erdbeeren ist auch vorbei. Hier waren sie größer und schmeckten viel süßer, als die im Garten der Mutter. Besonders im Dunkeln, bei Mondschein, lohnte sich das Naschen. Nur Mutter durfte davon nichts wissen.

      Am Ende der Gärtnerei dehnten sich die gut bestellten Felder aus. Bald würde die Ernte eingebracht: das überreife Getreide, der Mais, bestens gewachsen. Das gibt gutes Futter für das Vieh. Vorwitzige Kornblumen lugen hier und da versteckt am Feldrain heraus. Heute aber bleiben sie unberührt. Schließlich haben die Mädchen den Eingang der Kasernen erreicht. Beide sind jetzt aufgeregt, denn sie wissen nicht recht, wie sie sich verhalten sollen. „Da gibt es einen kleinen Laden, lass uns dort Bonbons kaufen.“ Doch bis dahin kommen sie nicht. Neugierig werden die beiden Mädchen gemustert. Lauter junge Burschen tummeln sich auf einem Sportplatz und spielen Fußball. Mutig fragt das Mädchen: „Wo ist Viktor?“

      Einer von ihnen ruft: „Ich bin Viktor.“ – Ja, es gibt viele, die so heißen. Doch die Mädchen kennen nur den Vornamen. Sie werden zur Kommandantur geschickt. Dort ist man verwundert und nicht gerade erfreut. Mädchen sind hier verboten. Beschämt verlassen sie das Gelände. Viktor ist längst in seiner russischen Heimat.

      Aber vergessen konnte sie ihn nie mehr.

      Aufrüstung und Kriegsgeschrei

      Fliegeralarm und Bombennächte

      Schutt und Asche

      Fabriken Straßen Häuser

      Seelenlos

      Frühling nahte

      die Befreiung

      neue Kraft erwuchs

      bald bauten

      die Bewohner

      das Zerstörte wieder auf

      belebten Lücken

      Ich wurde geboren

      in deinem Schoß

      fühlte mich wohl bei dir

      du gabst mir was ich brauchte

      ich wuchs auf

      ging in den Kindergarten

      später zur Schule

      lernte viel und hatte Arbeit

      lebte mit dir bis ich

      dich eines Tages verließ

      für Jahre

      Doch dann trieb mich

      Heimweh zurück zu dir

      zu der Stadt, die ich liebe

      (veröffentlicht in „Poesiealbum Neu”, 2/2015)

      Es war ein sonniger Tag. Ich blickte verträumt zum Fenster des Klassenzimmers hinaus. Die Schulglocke läutete. Plötzlich wurde ich munter. Endlich ist der langweilige Unterricht zu Ende.

      Eigentlich gefiel mir unser Chemielehrer. Er trug einen schicken Anzug, dazu einen passenden Schlips und schwarze Schuhe. Groß und schlank, lockiges Haar, braune Augen. Ein Mann zum Verlieben. Wenn ich ihn anhimmelte, spürte ich aber, er mochte mich nicht. Oft sah er mich mit kaltem Blick an, dass ich erschrak.

      „Warum diese Eiseskälte?“ Ich suchte eine Antwort. Bald fand ich sie. Er verachtete mich, weil ich im Unterricht nie aufpasste, träumte und auch keine Formeln gelernt hatte. Er kannte kein Erbarmen. Die Noten im Klassenbuch zeugten davon.

      Sehr gut war ich in den Fächern, die ich wirklich mochte und sogar liebte. Da brauchte ich nicht mal zu lernen, das flog mir nur so zu.

      Als ich Peter durch Anita kennen lernte, träumte ich nicht mehr von meinem Chemielehrer. Eines Tages stellte sie ihn mir vor. Ich durfte mal auf seinem neuen Motorrad

Скачать книгу