Die Forsyte-Saga. John Galsworthy

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Die Forsyte-Saga - John Galsworthy

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ihm zu antworten, und Soames sah, wie Bosinney sie lächelnd beobachtete. Ein sonderbares Lächeln hatte der Mensch; halb einfältig wie ein Kind, das lächelt, wenn es sich freut. An Georges Spitznamen – der Bukanier – dachte er gar nicht mehr. Und als er sah, wie Bosinney sich zu June wandte, lächelte Soames ebenfalls, aber spöttisch – er mochte June nicht, die nicht allzu froh aussah.

      Kein Wunder übrigens, denn sie hatte eben folgende Unterhaltung mit James gehabt:

      »Auf meinem Rückweg sah ich vom Fluß aus eine schöne Baustelle für ein Haus, Onkel James.«

      James, ein langsamer und gründlicher Esser, hielt im Kauen inne.

      »Wie?« sagte er. »Wo war es denn?«

      »Dicht bei Pangbourne.«

      James nahm einen Bissen Schinken in den Mund, und June wartete.

      »Du weißt doch wohl nicht, ob das Land dort herum verkäuflich ist?« fragte er schließlich. »Du wirst doch nichts über den Preis der Grundstücke da draußen wissen?«

      »Doch,« sagte June. »Ich habe mich erkundigt.« Ihr resolutes Gesichtchen unter der Kupferkrone glühte in verdächtigem Eifer.

      James musterte sie mit der Miene eines Inquisitors.

      »Was? Du denkst doch nicht etwa daran Land zu kaufen?« rief er und ließ die Gabel sinken.

      June ermutigte sein Interesse sehr. Es war lange ihr Lieblingsplan gewesen, daß ihre Oheime sich und Bosinney zum Nutzen, von diesem Landhäuser bauen lassen sollten.

      »Natürlich nicht,« sagte sie. »Ich dachte nur, es wäre ein so prächtiger Platz für – dich oder – sonst jemand, um dort ein Landhaus zu bauen!«

      James sah sie von der Seite an und nahm einen zweiten Bissen von dem Schinken.

      »Land muß dort herum sehr teuer sein,« sagte er.

      Was June für persönliches Interesse gehalten hatte, war nur die unpersönliche Erregung jedes Forsyte, der hörte, daß etwas Vorteilhaftes in andere Hände überzugehen droht. Aber sie wollte das Schwinden ihrer Aussichten nicht sehen und verfolgte ihren Zweck weiter.

      »Du solltest aufs Land ziehen, Onkel James. Ich wollt, ich hätte einen Haufen Geld, dann bliebe ich keinen Tag länger in London.«

      James war bis ins Innerste seiner langen, dürren Gestalt empört. Er hatte keine Ahnung davon, daß seine Nichte so verwegene Ansichten hegte.

      »Warum ziehst du nicht aufs Land?« wiederholte June, »es wäre ein wahres Glück für dich!«

      »Warum?« begann James erregt. »Land kaufen – was glaubst du, hätte ich vom Landkaufen, und Häuserbauen? – Ich bekäme nicht vier Prozent für mein Geld!«

      »Was schadet das? Du hättest frische Luft.«

      »Frische Luft!« rief James aus; »was soll mir frische Luft –«

      »Ich dächte, jeder liebt es, frische Luft zu haben,« sagte June verächtlich.

      James wischte sich mit der Serviette über den Mund.

      »Du kennst den Wert des Geldes nicht,« sagte er und wich ihrem Blicke aus.

      »Nein! Und das werde ich hoffentlich nie!«

      Die arme June biß sich in unsagbarer Entrüstung auf die Lippen und schwieg.

      Warum waren ihre eigenen Verwandten so reich, und Phil wußte nie, wo er am nächsten Tag das Geld für den Tabak hernehmen sollte. Warum konnten sie nicht etwas für ihn tun? Aber sie waren so selbstsüchtig. Warum konnten sie nicht Landhäuser bauen? Sie hatte noch jenen festen naiven Glauben, der so rührend ist und zuweilen so Großes vollbringt. Bosinney, dem sie sich in ihrer Niedergeschlagenheit zuwandte, unterhielt sich mit Irene, und ein Frösteln erfaßte Junes Seele. Ihre Augen wurden starr vor Zorn, wie die des alten Jolyon, wenn man sich ihm widersetzte.

      Auch James war ganz verstört. Ihm war, als habe jemand ihm das Recht bestritten, sein Geld mit fünf Prozent anzulegen. Jolyon hatte sie verzogen. Von seinen Töchtern hätte keine so etwas gesagt. James war gegen seine Kinder immer sehr freigebig gewesen, und das Bewußtsein davon ließ es ihn noch tiefer fühlen. Er stocherte verdrießlich in seinen Erdbeeren, dann überschwemmte er sie mit Sahne und verzehrte sie rasch; sie wenigstens sollten ihm nicht entgehen.

      Kein Wunder, daß er außer sich war. Seit vierundfünfzig Jahren (er war so früh das Gesetz es erlaubte als Anwalt zugelassen worden) hatte er Hypotheken zu ordnen, Geld zu hohen und dabei sicheren Zinsen anzulegen, Geschäfte nach dem Grundsatz zu leiten, aus andern Leuten so viel wie möglich herauszuholen, sofern es mit der Sicherheit für seine Klienten und ihn selbst zu vereinigen war, und bei den Berechnungen der genauen pekuniären Möglichkeiten in allen Lebenslagen war er schließlich dazu gekommen, nur noch in Geldbegriffen zu denken. Geld war jetzt sein Licht, sein Mittel zu sehen, ohne das er tatsächlich unfähig war zu sehen, wirklich nichts zu erkennen vermochte; und daß man ihm ins Gesicht sagen konnte: »Hoffentlich werde ich nie den Wert des Geldes kennen lernen!« betrübte und empörte ihn. Er wußte, daß es Unsinn war, sonst hätte es ihn erschreckt. Wohin sollte es noch kommen in der Welt! Aber plötzlich fiel ihm die Geschichte des jungen Jolyon ein, und das tröstete ihn ein wenig, was konnte man schließlich erwarten mit einem solchen Vater! Seine Gedanken wurden dadurch auf eine noch unerfreulichere Bahn geleitet. Was bedeutete denn all dies Gerede über Soames und Irene?

      Wie in allen Familien, die etwas auf sich halten, hatte sich ein Stapelplatz gebildet, an dem die Familiengeheimnisse ausgetauscht und der Familienschatz bewertet wurde. Es war an der Forsytebörse bekannt, daß Irene ihre Heirat bereute. Aber ihre Reue wurde gemißbilligt. Sie hätte es sich vorher überlegen sollen; keine zuverlässige Frau täuscht sich in solchen Dingen.

      James sagte sich verstimmt, daß sie doch ein hübsches, wenn auch ziemlich kleines Haus in ausgezeichneter Lage hatten, keine Kinder und keine Geldsorgen. Soames war in bezug auf seine Angelegenheiten sehr zurückhaltend, aber er mußte doch allmählich ein sehr wohlhabender Mann werden. Er hatte ein vorzügliches Einkommen aus dem Geschäft – denn Soames war wie sein Vater Teilhaber der wohlbekannten Anwaltfirma Forsyte, Bustard und Forsyte – und war immer sehr vorsichtig gewesen. Es war ihm ganz ungewöhnlich gut mit einigen Hypotheken geglückt, die er aufgenommen hatte – dazu eine kleine rechtzeitige Pfändung – höchst glückliche Treffer!

      Es gab keinen Grund für Irene, nicht glücklich zu sein, und doch hieß es, sie habe getrennte Zimmer verlangt. Er wußte, worauf das hinauslief. Wenn Soames noch ein Trinker gewesen wäre!

      James sah zu seiner Schwiegertochter hinüber. Sein unbemerkter Blick war kalt und unsicher. Es lag Furcht und Anklage darin und ein Gefühl persönlichen Kummers. Warum blieb ihm dieser Ärger nicht erspart? Wahrscheinlich war alles Unsinn. Frauen sind eben komische Geschöpfe! Sie übertreiben so, man weiß nie, was man ihnen glauben soll; und dann, ihm sagte keiner was, er mußte alles allein herausfinden. Wieder blickte er verstohlen zu Irene hin, und von ihr hinüber zu Soames. Dieser hörte Tante Juley zu und warf dabei unter seinen Brauen einen Blick auf Bosinney.

      »Er liebt sie, das weiß ich,« dachte James. »Man sieht es an der Art, wie er sie immer beschenkt.«

      Und das außerordentlich Unbillige ihrer Abneigung traf ihn mit erhöhter Gewalt. Wirklich schade, sie war ein liebes kleines Ding, und er, James, hätte sie wirklich

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