Rassismus und kulturelle Identität. Stuart Hall

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Rassismus und kulturelle Identität - Stuart  Hall

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besten als ein Übergang vom Kampf um die Repräsentationsverhältnisse zu einer Politik der Repräsentation selbst beschrieben werden. Es wäre nützlich, eine solche ›Politik der Repräsentation‹ in ihre unterschiedlichen Elemente aufzugliedern. Wir alle benutzen heutzutage das Wort Repräsentation, doch wie wir wissen, ist dieser Begriff nur schwer zu fassen. Der Begriff kann einerseits einfach als eine andere Möglichkeit benutzt werden, darüber zu sprechen, wie man sich eine Wirklichkeit vorstellt, die ›außerhalb‹ der Mittel existiert, durch die die Sachen repräsentiert werden: eine Konzeption, die auf einer mimetischen Theorie der Repräsentation basiert. Andererseits kann der Begriff ebenso eine sehr konsequente Verschiebung dieser unproblematischen Vorstellung von Repräsentation bedeuten. Meiner Ansicht nach haben Ereignisse, Verhältnisse und Strukturen ihre Existenzbedingungen und realen Effekte außerhalb der diskursiven Sphäre; aber nur innerhalb des Diskursiven, und vorbehaltlich seiner spezifischen Umstände, Grenzen und Modalitäten, haben sie Bedeutung oder können innerhalb eines Bedeutungsrahmens konstruiert werden. Auch wenn wir den räumlichen Anspruch des Diskursiven nicht unbegrenzt erweitern wollen, spielen die Repräsentation von Sachen, die Kulturindustrien und kulturellen Repräsentationsregimes eine konstitutive und keine bloß reflexive, erst nach dem Ereignis auftretende Rolle. Das gibt den Fragen der Kultur und Ideologie und den Repräsentationsszenarien – Subjektivität, Identität, Politik – einen gestaltenden und nicht lediglich einen expressiven Charakter bei der Konstitution von sozialem und politischem Leben. Es ist der Schritt hin zu dieser zweiten Bedeutung von Repräsentation, der gerade stattfindet und die Repräsentationspolitik der schwarzen Kultur transformiert.

      Dieses komplexe Phänomen ist erstens der Effekt einer theoretischen Begegnung zwischen schwarzer Kulturpolitik und den Diskursen einer eurozentrischen, zum großen Teil weißen kritischen Kulturtheorie, die in den letzten Jahren in so vielen Analysen die Repräsentationspolitik in den Mittelpunkt gestellt hat. Eine solche Begegnung ist immer extrem schwierig, wenn nicht sogar gefährlich. (Ich denke besonders an die Schwarzen, die auf die poststrukturalistischen, postmodernistischen, psychoanalytischen und feministischen Diskurse stoßen.) Zweitens markiert es das, was ich nur als ›das Ende der Unschuld‹ oder das Ende einer unschuldigen Vorstellung vom wesenhaften schwarzen Subjekt bezeichnen kann. Auch dieses Ende des wesenhaften schwarzen Subjekts ist etwas, das viele verstärkt debattieren, ohne dass sie mit dem ganzen Ausmaß der politischen Konsequenzen gerechnet haben dürften. Es geht hier um die Anerkennung der außerordentlichen Verschiedenheit der Subjektpositionen, der sozialen Erfahrungen und kulturellen Identitäten, welche zusammen die Kategorie ›schwarz‹ bilden – um die Anerkennung der Tatsache, dass ›schwarz‹ eine wesentlich politisch und kulturell konstruierte Kategorie ist, die nicht auf einem Ensemble von festen transkulturellen oder transzendentalen ›rassischen‹ Kategorien gründet und deshalb auch keine Garantien in der Natur findet. So wird die Erkenntnis der immensen Mannigfaltigkeit und Differenzierung der historischen und kulturellen Erfahrungen schwarzer Subjekte ins Spiel gebracht. Unvermeidlich führt dies zur Abschwächung und zum allmählichen Verschwinden der Vorstellung, dass ›Rasse‹ oder einige mit dem Begriff ›Rasse‹ verwandte Vorstellungen von schwarz entweder die Wirksamkeit von kulturellen Praktiken garantieren oder in letzter Instanz ihren ästhetischen Wert bestimmen.

      Wir sollten es so klar wie möglich sagen: Filme sind nicht notwendigerweise deshalb gut, weil Schwarze sie machen. Sie sind nicht notwendigerweise ›in Ordnung‹, weil sie sich mit der schwarzen Erfahrung befassen. Wer erst einmal in eine Politik einsteigt, die vom Ende des wesenhaften schwarzen Subjekts ausgeht, stürzt kopfüber in den Strudel einer durchgehend kontingenten politischen Auseinandersetzung und Debatte, die ohne letzte Garantien auskommt: eine kritische Politik, eine Politik der Kritik. Wir können schwarze Politik nicht länger mit der Strategie eines simplen Musters von Umkehrungen machen, indem auf den Platz des bösen alten, wesenhaft weißen Subjekts das neue, wesentlich gute, schwarze Subjekt gesetzt wird. Diese Formulierung könnte als Drohung erscheinen, ein geschlossenes politisches Weltbild zerstören zu wollen. Sie könnte aber auch mit besonderer Erleichterung begrüßt werden, weil jetzt etwas verschwindet, was einmal als eine notwendige Fiktion erschien. Dass nämlich entweder alle Schwarzen gut oder dass wirklich alle gleich sind. Schließlich ist es doch eine Kernaussage des Rassismus, dass ›man die Unterschiede nicht erkennen kann, weil alle gleich aussehen‹. Das macht es nicht viel leichter, sich vorzustellen, wie eine Politik entwickelt werden kann, die mit den Unterschieden und durch sie arbeitet, die imstande ist, solche Formen von Solidarität und Identifikation aufzubauen, die einen gemeinsamen Kampf und Widerstand ermöglichen, ohne jedoch die reale Heterogenität der Interessen und Identitäten zu unterdrücken. Eine Politik, die wirkungsvoll politische Grenzlinien zieht, ohne welche die politische Auseinandersetzung unmöglich ist, aber dabei die Grenzen nicht verewigt. Für schwarze Politik hat dies eine Bewegung zur Folge, die Gramsci den Übergang vom ›Bewegungskrieg‹ zum ›Stellungskrieg‹ nannte, den Kampf um Positionierungen. Die Schwierigkeit, ein solches Politikkonzept zu entwerfen (und die Versuchung, dabei in eine Art von endlos gleitenden liberal-pluralistischen Diskursen hineinzuschlittern), sollte uns aber nicht von der Aufgabe entbinden, eine solche Politik zu entwickeln.

      Differenz und Auseinandersetzung

      Eine weitere Konsequenz dieser Politik der Repräsentation ist die langsame Erkenntnis von der tiefen Ambivalenz der Identifikation und des Begehrens. Gewöhnlich stellen wir uns Identifikation als einen einfachen Prozess vor, der um ein fixiertes ›Ich‹ strukturiert ist, das wir entweder sind oder nicht sind. Das Spiel mit Identität und Differenz, das den Rassismus konstruiert, erhält nicht nur dadurch seine Macht, dass Schwarze in die Position einer untergeordneten Spezies gebracht werden, sondern gleichzeitig auch durch unaussprechlichen Neid und Begehren. Dies anzuerkennen, verschiebt unsere bisherigen stabilen politischen Kategorien grundsätzlich, weil es einen Prozess von Identifikation und Anderssein impliziert, der viel komplexer ist, als wir ihn uns bisher vorstellten.

      Natürlich operiert der Rassismus mit der Konstruktion von unüberschreitbaren symbolischen Grenzen zwischen ›rassisch‹ konstituierten Kategorien, sein typisch binäres Repräsentationssystem markiert, fixiert und naturalisiert unaufhörlich die Differenz zwischen Zugehörigkeit und Anderssein. Entlang dieser Grenzen entsteht das, was Gayatri Spivak (1987) die ›epistemische Gewalt‹ der Diskurse über den Anderen nennt – die imperialistischen, orientalistischen, exotischen, anthropologischen und folkloristischen Diskurse, und die über die Kolonisierten und die Primitiven. Konsequenterweise beruhte der antirassistische Diskurs oft auf einer Strategie der bloßen Umkehrung, indem er die ›manichäische Ästhetik‹ des kolonialistischen Diskurses auf den Kopf stellte. Die epistemische Gewalt ist jedoch, wie Fanon uns häufig erinnert hat, gleichzeitig Außen und Innen und funktioniert durch einen Aufsplitterungsprozess auf beiden Seiten der Teilung – drinnen wie auch draußen. Aus diesem Grund ist es nicht nur eine Frage von ›schwarzer Haut und weißer Haut‹, sondern von ›schwarzer Haut und weißen Masken‹ – der Internalisierung des Selbst als Anderes. So wie Männlichkeit immer Weiblichkeit in Form eines Doppels konstruiert – gleichzeitig Heilige und Hure – so konstruiert der Rassismus das schwarze Subjekt: edler Wilder und gewalttätiger Rächer. In dieser Dopplung vertreten sich Furcht

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