Cultural Studies - Ein politisches Theorieprojekt. Stuart Hall

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Cultural Studies - Ein politisches Theorieprojekt - Stuart  Hall

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gelesen. Obgleich ich diesen Raum nie bewohnt hatte, war es als würde ich, wie in einem Traum, eine schon bekannte, idealisierte Landschaft wiederfinden. Trotz meiner antikolonialen politischen Haltung hatte ich immer den Wunsch gehabt, in England zu studieren. Ich wollte immer hier studieren. Es hat eine ganze Weile gedauert, mit Britannien zurechtzukommen, insbesondere mit Oxford, denn Oxford ist der Gipfel des Englischen, es ist das Zentrum, der Motor, der das Englische produziert.

      Es gab zwei Phasen. Bis 1954 war ich von der westindischen Exil-Politik absorbiert. Fast alle meine Freunde waren Exilanten und gingen später zurück, um eine politische Rolle in Jamaika, Trinidad, Barbados oder Guayana zu spielen. Unsere Leidenschaft galt der kolonialen Frage. Wir feierten den Hinauswurf der Franzosen aus Indochina mit einem riesigen Festessen. Wir entdecken zum ersten Mal, dass wir »Westinder« waren, wir lernten zum ersten Mal afrikanische Studenten kennen. Im Zuge der entstehenden postkolonialen Unabhängigkeit träumten wir von einer karibischen Föderation, die alle diese Länder zu einer größeren Einheit zusammenfasste. Wäre das geschehen, wäre ich in die Karibik zurückgekehrt.

      Einige westindische Studenten lebten eine Zeit lang in dem Haus zusammen, das auch die Neue Linke hervorbrachte. Sie waren die erste Generation der schwarzen, antikolonialen oder postkolonialen Intelligenz, die in England studierten, promovierten und Ökonomen wurden. Viele wurden von ihren Regierungen geschickt und gingen zurück, um die leitenden Kader der Post-Unabhängigkeitsperiode zu werden. Politisch und persönlich wurde ich von diesen Debatten in den frühen Jahren in Oxford stark geprägt.

      Die meisten Leute aus unseren Kreisen, die in der Kommunistischen Partei waren, traten aus und die Oxford-Sektion der Partei zerbrach. Einen Augenblick lang wurde diese merkwürdige Gruppe um die »Sozialistische Gesellschaft« das Gewissen der Linken, weil wir immer gegen den Stalinismus und gegen den Imperialismus gewesen waren. Wir besaßen das moralische Kapital, um sowohl die sowjetische als auch die britische Invasion zu kritisieren. Das war der Moment, der politische Raum, die Geburt der ersten britischen Neuen Linken. Raphael Samuel überredete uns, eine Zeitschrift zu gründen, Universities and Left Review und ich war daran beteiligt. Mit der Zeit geriet ich immer mehr hinein. Es gab vier Redakteure: Charles Taylor, Raphael Samuel, Gabriel Pearson und ich. Nachdem ich 1957 beschlossen hatte, Oxford zu verlassen, ging ich nach London und lehrte an Hauptschulen als Ersatzlehrer, vor allem in Brixton und im Oval, im Süden Londons. Gegen 16 Uhr verließ ich die Schule, fuhr ins Zentrum Londons, nach Soho, und redigierte die Zeitschrift. Zunächst verließ ich also England nicht, weil ich begonnen hatte, mich auf neue Weise in die britische Politik einzumischen.

      Es ist wichtig zu sagen, was ich heute in Bezug auf diese zweite Phase denke. Ich habe mich, was die Neue Linke angeht, nie in der Defensive gefühlt, aber in einem umfassenderen politischen Sinn identifiziere ich mich immer noch mehr mit dem Projekt der ersten Neuen Linken. Ich hatte in jener zweiten Periode immer Probleme mit dem Pronomen »wir«. Ich wusste nicht, wen ich genau meinte, wenn ich sagte, »Wir sollten X tun.« Ich hatte ein merkwürdiges Verhältnis zur britischen Arbeiterbewegung und zu den britischen Institutionen der Arbeiterbewegung: der Labour Party, den Gewerkschaften. Ich war drin, aber kulturell gehörte ich nicht dazu. Als Redakteur von Universities and Left Review war ich eine der Personen, die diesen Raum aushandelten, aber ich empfand nicht die Kontinuität, die Leute, die darin geboren waren, oder für die dies ein wesentlicher Teil ihres »Englisch-Seins« bedeutete, empfanden – wie Edward Thompson zum Beispiel. Ich lernte die Institutionen kennen und handelte gleichzeitig meine Position dazu aus. Meine Herangehensweise an die Position der Neuen Linken war durch die Diaspora geformt. Obwohl ich damals nicht über die Diaspora schrieb oder über schwarze Politik (es gab noch nicht so viele schwarze Einwanderer in Britannien), betrachtete ich die britische politische Szene doch sehr als jemand, der einen anderen Werdegang hatte. Diese Differenz war mir immer bewusst. Mir war bewusst, dass ich von der Peripherie dieses Prozesses kam, dass ich von einem anderen Standpunkt aus darauf schaute. Ich war dabei, mir die Kultur anzueignen, statt zu denken, sie gehöre mir schon. Ich zögerte auch, für die Labour Party zu werben. Ich finde es nicht einfach, einer englischen Arbeiterfamilie von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen und zu fragen: »Werden Sie uns wählen?«. Ich weiß einfach nicht, wie ich diesen Satz aussprechen soll.

      KHC: War die Neue Linke im Wesentlichen eine intellektuelle Formation oder hatte sie auch eine organisierte Massenbasis?

      SH: Sie hatte keine organisierte Massenbasis. In den Hochzeiten der Neuen Linken, der Periode zwischen 1956 und 1962, hatte sie sehr viel engere Beziehungen zu den politischen Kräften und sozialen Bewegungen an der Basis. Der New Left Club in London bestand nicht nur aus Intellektuellen. Die Arbeit der Neuen Linken über »Rasse« während der »Rassenaufstände« in Notting Hill 1958 bestand darin, die Basis zu organisieren, die Mietervereinigungen und die Gruppen zur Verteidigung der Schwarzen Bevölkerung. Wir gründeten Clubs, die Universities and Left Review und New Left Review Clubs, und in einer bestimmten Phase gab es 26 Clubs. Da gab es Leute von der Labour Party, den Gewerkschaften, StudentInnen, usw. Es waren also nicht nur Intellektuelle. Aber da

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