Der Ring der Niedersachsen. Cornelia Kuhnert

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Der Ring der Niedersachsen - Cornelia Kuhnert

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von Wut verzerrt, strahlte nun vor Freundlichkeit. »Quinctilius, mein Guter, komm her.«

      In dem großen Raum herrschte Stille. Selbst der Kitharaspieler hatte seine Weise abgebrochen, der letzte falsche Ton hing noch in der Luft. Auf ein unwirsches Zeichen des Augustus begann er wieder zu spielen, diesmal von einer Flötistin begleitet. Es sollte ein fröhliches Lied sein, es klang schräg.

      Ich erhob mich, schritt zu Augustus’ Kline hinüber.

      Noch immer polierte er das Kästchen. Es war aus purem Gold, wie ich jetzt sah, die Seiten zierten ägyptische Frauenabbilder, sie breiteten die Arme aus, als wollte sie den Inhalt des Kästchens beschützen. Augustus richtete sich auf, öffnete das Kleinod, sah hinein. »Ah!«, sagte er. Er reichte mir das Kästchen, strahlend. »Dies, mein Quinctilius, ist mein Geschenk für dich. Nimm es als Zeichen meiner Anerkennung, meiner Freundschaft und meiner Wertschätzung. Auch als, nun, kleine Entschädigung, dass ich dich so lange in Rom hielt, dir ein Außenamt verwehrte, indes, es musste sein. Nun aber sollst du ihn tragen und allen zeigen, dass du ein besonderer Freund des Princeps bist. Nimm ihn schon heraus, steck ihn an.«

      Es war ein Ring. Ein ausnehmend schönes Stück, ein Kleinod. Schlichte Eleganz im goldenen Reif, gekrönt von einem Cameo, so fein aus dem Stein geschnitten, dass man meinte, jeden Gesichtszug der abgebildeten Götter erkennen zu können. Er zeigte die ägyptische Isis mit ihrem Kind auf dem Schoß, dem Horusknaben. Zu ihrer Seite stand Osiris, der Vater, Gott der Unterwelt.

      Es ging ein seltsamer Zauber von dem Schmuckstück aus, wie benommen nahm ich den Ring aus dem Kästchen, steckte ihn auf meinen kleinen Finger. Er passte wie für michgemacht. Er saß, als sollte ich ihn nie wieder abnehmen.

      Augustus sah mich lächelnd an. »Ich habe ihn aus dem Thronschatz der Kleopatra. Er soll seinen Träger den Göttern näherbringen, sagte mir ein Priester in Ägypten. Ich selbst habe ihn nie angesteckt, er ist zu klein, zudem widerstrebte mir damals, etwas am Finger zu haben, das Kleopatras Haut berührt hatte.«

      »Es ist ein königliches Geschenk, Princeps, warum …?«

      »Er soll dich in der kalten Provinz begleiten, mein lieber Quinctilius, und du sollst den Einheimischen Roms Macht zeigen. Ich habe viel in die Provinz investiert, habe eine Civitas nach der anderen bauen lassen, Siedlungen, die zu Städten wachsen, mit Bauten, in welchen goldene Letter von unserer Kultur künden. Da darf der Statthalter nicht nachstehen. Zeige den Barbaren, wie römische Lebensart aussieht, bringe ihnen die römische Kultur, das Rechtssystem näher. Es ist keine leichte Aufgabe, aber ich bin sicher, ich habe den richtigen Mann dafür ausgewählt.«

      Ich war gerührt, ich gebe es zu, und schämte mich fast meiner Umsturzpläne. Dieser Mann hatte nur das Wohl Roms im Sinn, und wenn er handelte, wie er es tat, dann aus guten Beweggründen. Vielleicht würde nach ihm wieder die Republik eingeführt werden, vielleicht brauchten wir gar nicht das Risiko einzugehen, das Leben unserer Männer aufs Spiel zu setzen, vielleicht hatten die Götter alles so vorherbestimmt, wie es kam, und es war nicht an uns, nicht an mir, zu intervenieren.

      Der blonde junge Mann trat an meine Seite, betrachtete den Ring. »Welch schöne Arbeit«, sagte er mit wohltönender Stimme. »Noch nie habe ich Derartiges gesehen. Darf ich ihn näher betrachten?«

      Ich hielt ihm meine Hand hin, bewegte die Finger hin und her, damit er die feine Schnitzerei, das glutvolle Glitzern bewundern könne.

      »Ah, ganz wunderbar. Gerne hätte ich einmal Ägypten gesehen, doch meine Auxilie3 wurde dort nie gebraucht, schade.«

      Ich zog meine Hand zurück. »Wer bist du? Ein Römer bist du nicht.«

      »Mein Name ist Arminius, römischer Bürger, geboren indes in deiner neuen Provinz. Des Tiberius’ Bruder brachte mich nach Rom, wo ich aufwuchs, unter der besonderen Gunst des Princeps. Ich führe eine Reiterkohorte, war bis vor Kurzem in Pannonien, und ich stehe ganz zu deinen Diensten, denn ich werde dich begleiten und beraten.« Er schloss mit einer angedeuteten Verbeugung.

      Augustus mischte sich ein, legte einen Arm um die Schulter des Blonden, den anderen um mich. »Ja, Quinctilius, ich gebe dir einen hervorragenden Mann mit, einen, der Land und Leute kennt, und dem du vertrauen kannst. Ich weiß es, denn er wuchs quasi in meinem Haus auf, da er aus einer Fürstenfamilie stammt. Er ist mir sehr ans Herz gewachsen.«

      Ich erinnerte des Tiberius’ Worte damals, als wir gemeinsam die Alpenprovinz eroberten. Augustus liebe die jungen Geiseln zu sehr.

      Einmal noch traf ich Naso, nur kurz und nicht allein. »Überstürze nichts, nimm dir Zeit, bis du die Provinzbewohner auf deiner Seite hast«, riet er mir, und, mit einem skeptischen Blick auf den Ring: »Traue den Griechen nicht, wenn sie Geschenke bringen. Homer wusste, was er sagte. Wirf ihn weg, diesen Ring, verschenke ihn, lasse dich nicht vom Princeps fangen.«

      »An dich verschenken, was?« Ich lachte. »Nein, Naso, sei unbesorgt, ich lasse mich nicht durch Geschenke abbringen von unserem Plan. – Und du, mein Freund, sei vorsichtig, diese letzten Zeilen deiner ›Metamorphosen‹ sind gefährlich.«

      Er reichte mir zum Abschied die Hände. »Ich weiß, Publius, aber ich konnte es mir nicht verkneifen. Gute Götter, man kann doch nicht immer stillschweigen und das Wissen, das man hat, nur für sich behalten. Es will heraus, es will sich verbreiten. – Und auch meine ›Liebeskunst‹ wird ihm nicht gefallen, sie steht zu sehr gegen seine Politik des züchtigen Lebens, der alten Sitten, gegen alles das, was er uns und dem Volk wieder auferlegen will, selbst aber nicht lebt. Doch genau das will ich mitteilen.«

      »Sei vorsichtig«, warnte ich noch einmal, »wir brauchen dich noch, Naso.«

      Ein letzter Händedruck, ein letzter konspirativer Blick. Naso, guter alter Freund.

      Ich freute mich auf meine Provinz, auf die Aufgabe, auf die Aussicht, die Welt zu verändern. Ich hatte dieses Land schon damals gemocht, als ich weiter im Süden weilte, aber hier, im Norden, war es noch grüner, noch sumpfiger, noch wilder. Pulchra mochte es nicht, schimpfte auf die Anordnung des Princeps, mich begleiten zu müssen. Diverse Mal hatte ich versucht zu ergründen, ob sie eher auf der Seite des Augustus stand oder gegen ihn, wie Julia, mit der sie gut befreundet gewesen war. Sie war ausgewichen. Also musste ich vorsichtig sein.

      Ich ließ sie zurück in Vetera, einem gut befestigten Zweilegionenlager am Rhenus, das allen Komfort bot, den ein Militärstützpunkt eben bieten konnte. Sie hatte mitreisen wollen in das Innere der Germania, doch ich lehnte ab, zu gefährlich sei es.

      Wir zogen los, meine Legionen und ich, auf gut ausgebauten Straßen, meine Vorgänger hatten ganze Arbeit geleistet in den letzten zwanzig Jahren. Die Lager entlang der Lupia waren gepflegt, die Häfen intakt, die Märkte florierten. In den neu gegründeten Städten mischten sich Römer und Einheimische, Handwerker und Händler, Arbeiter und Bauern. Unsere Männer liebten die blonden Frauen der Barbaren, die liebten unser Geld, unseren Schmuck, unsere Speisen. Nicht nur für die Legionen wurden jetzt Wein und Oliven, Südfrüchte und Würste die Flüsse heruntergeschafft, für die Fürsten der Stämme gehörte es zum guten Ton, gleiches auf den Märkten zu erwerben.

      Ich hatte mich gut vorbereitet, die Akten gelesen, in den Archiven gestöbert, mit meinem Vorgänger Saturninus gesprochen, und ich stellte fest, dass zwar die schriftlichen Zeugnisse nicht alle stimmten, die mündlichen indes schon. In den Gegenden, die wir kolonialisiert hatten, waren die Menschen ruhig, doch in den entfernteren Gebieten lebten die Einheimischen nach ihren alten Mustern – in Dörfern, die aus wenigen Häusern bestanden, zusammen mit ihrem Vieh, in Dreck, Schmutz, Kälte. Diese Menschen zogen noch immer gegen ihre Nachbarn zu Felde, stahlen deren Weiber und mageren

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